Dienstag, 1. September 2015

Stifado vom Rind (Stifádo)


Normalerweise ist mir im Sommer nicht so nach Schmorgerichten, aber ein Stifádo ist schon lecker. Das Gericht ist besonders in Kreta beliebt und das ist ja auch weder geographisch noch klimatisch der Nordpolarkreis. Die Weltöffentlichkeit wird sich erinnern - es war Thema in diversen Talkshows und Feuilletons, so meine ich - neulich hatte ich ja einen fantastischen Stifádo vom Lamm in einem guten griechischen Restaurant in unserer Nähe. Wer mich kennt weiß, dass mich fremdes Essen, wenn es mir schmeckt, herausfordert und in meinem Ehrgeiz bestärkt, es selbst mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser zu machen. Mit Lamm brauche ich der Gattin - leider! - nicht kommen und auch Kaninchen oder Hase, welche auf Kreta oft zum Schmoren verwendet werden, sind tabu. Also nehme ich Rindfleisch. Damit schmeckt mein Stifádo genauso gut.

In Griechenland wird gerne in Tontöpfen geschmort. Ich greife dann gerne auf den Römertopf zurück, ein tolles Kochgerät, dass leider ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Zu Unrecht, möchte ich hinzufügen. Das Fleisch bleibt bei dieser Garmethode schön saftig und wird butterzart. Deshalb können wir ruhig ein Stück nehmen, an dem wir kurzgebraten keine wahre Freude hätten. In diesem Fall ist ein Stück, das aus dem Nacken stammt. Es enthält feste Fettstränge und Sehnen. Zum langsamen Schmoren ist das aber ideal, denn das Fett schmilzt und hält das Fleisch saftig, das Kollagen wandelt sich in Gelatine um und gibt der Sauce Sämigkeit und ein samtenes Mundgefühl. Man braucht auch kein Charolais oder gar Koberind zu verwenden, qualitativ gutes, aber kostengünstigeres Rindfleisch wird auch mürbe. 

In vielen Rezepten liest man, dass das Fleisch über Nacht in Wein, Essig und Gewürzen mariniert werden soll, damit es mehr Geschmack bekommt und auch zarter wird. Kann man machen, muss man aber auch nicht. Fleisch, das nach vier Stunden im Römertopf nicht zart wird, hilft auch keine Marinade. Ähnlich in Fragen des Geschmacks. So wie wir garen, ist mehr Geschmack gar nicht möglich. Aus dem selben Grund kann man sich ein Anbraten der Fleischstücke auch sparen. Aber bitte, es ist eine freie Welt und wer unbedingt marinieren und anbraten will, soll hingehen und es tun, ich halte keinen auf. 

  • 1 kg Rinderhals oder hohe Rippe ohne Knochen
  • 300 g Zwiebeln
  • 100 g Möhre
  • 100 g Staudensellerie
  • 2 EL Tomatenmark
  • 200 ml Rotwein
  • 300 ml heller Rinderfond
  • 400 g geschälte und gehackte Tomaten
  • 1 Zimtstange
  • 1/2 TL Pimentkörner
  • 3 Lorbeerblätter
  • paar Zweige Thymian
  • 4 cl Rotweinessig
  • Salz
  • Pfeffer
  • Zucker

Der alte Mann will auch Folgendes nicht unterschlagen:
  • 3 Knoblauchzehen
  • 1 EL Paprikapulver (Schärfegrad wie immer nach Wunsch) 

Sollte ich mir ob meiner Vergesslichkeit Sorgen machen und deshalb Knoten in Taschentücher binden? Aber vermutlich würde ich mich dann fragen, an was der Knoten mich erinnern sollte ...

Zwiebeln! Ohne sie, kein Stifádo. Aber nicht gewürfelt, sondern im Ganzen mitgeschmort. Im Idealfall walnussgroße Perlzwiebeln, Schalotten gehen aber auch. Zwei Handvoll sollten reichen. 


Zunächst wässern wir den Römertopf nach Vorschrift. Nimmt man einen normalen Topf, entfällt dieser Schritt natürlich.


Wir kennen das vom italienischen soffritto, aber auch in anderen Mittelmeerländern wird gerne klein geschnittenes Gemüse langsam in Olivenöl weich gegart und bildet die Grundlage für fantastische Schmorgerichte. 

Dazu pellen wir die Zwiebeln, schälen die Karotten und würfeln sie mit dem Sellerie sehr fein. Dieses Gemüse wird dann bei mäßiger Temperatur in reichlich Olivenöl sanft angeschmort. Hier sollte man mindestens zwanzig Minuten bei gelegentlichem Rühren veranschlagen.


In der Zwischenzeit schneiden wir das Fleisch in drei bis vier Zentimeter große Würfel. Hierbei können wir einen Teil der Sehnen und überschüssiges Fett entfernen. 


Das Gemüse darf nun im Römertopf Platz nehmen.


Nun kommt das Fleisch dazu. Knoblauch pellen und fein hacken. Mit Rotwein, 100 Milliliter Fond, dem Tomatenmark, Paprikapulver und etwas Salz und Pfeffer verrühren und zusammen mit den Tomaten über das Fleisch gegeben. Zimtstange, Pimentkörner, Lorbeer und Thymian darauf legen - wer möchte, gibt den Piment vorher in einen Teefilter oder ein Teeei - und Römertopf mit dem Deckel verschließen.

Topf auf mittlerer Schiene in den kalten Ofen schieben und 130° C ohne Umluft einstellen. Römertöpfe kalt niemals in heiße Öfen stellen, da der Ton bei starken Temperaturunterschieden leicht platzen kann. 

Nach etwa einer Stunde duftet es schon fantastisch und durch Zimt und Piment sogar leicht weihnachtlich.


Nach drei Stunden den Topf aus dem Ofen nehmen, die Schalotten pellen und auf dem Eintopf platzieren. Außerdem ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, den Essig anzugießen. Leichte Säure ist gut, aber nicht zuviel. Wir wollen ja keinen Sauerbraten. 

Verwenden wir keinen Römertopf, sondern einen Bräter oder normalen Topf, sollten wir die Garzeit reduzieren, beziehungsweise zwischendurch immer mal wieder nachschauen, ob mehr Flüssigkeit angegossen werden muss.

Topf wieder verschließen und für eine weitere Stunde in den Ofen stellen.


Nach vier Stunden im Römertopf sieht es dann so aus. Leider verfügt der Blog über keine Duftfunktion.


Fleisch und Zwiebeln entnehmen und in einer Schüssel warmhalten.


Zimt, Piment, Lorbeer und Thymian entfernen. Sauce in einen Topf geben, nach Wunsch mit dem restlichen Rinderfond verlängern, aufkochen lassen und mit Salz, Pfeffer und etwas Zucker abschmecken. Wer möchte kann einmal kurz mit dem Pürierstab durch die Sauce gehen.


Hier sieht man, wie butterzart das Fleisch geworden ist. Man kann es buchstäblich mit dem Löffel essen. 


Ein Stifádo wird mit kräftigen Aromen gewürzt. Deshalb liegt meines Erachtens die Kunst darin, dass die einzelnen Gewürze nicht hervorschmecken, sondern harmonisieren und den Geschmack des Fleisches nicht überlagern, sondern unterstützen. Ich habe schon Stifádos gegessen, die schmeckten, als wäre das Fleisch in Glühwein auf Imiglykos Basis geschmort und zusätzlich ein Beutel Lebkuchengewürz hineingefallen. Sowas brauche ich natürlich nicht. Der Zimt muss zu erahnen sein, darf aber nicht dominieren. Genauso wie das "nelkige" Aroma, deshalb bevorzuge ich Pimentkörner anstelle von Nelken.

Was gibt es dazu? Am besten Fladenbrot oder Kritharáki, bei uns intern meist nur "Kricki-Kracki-Nudeln" genannt.   
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Flashback:


Heute vor einem Jahr: Spaghetti alla Carbonara

4 Kommentare:

  1. Sencillamente espectacular, nada que envidiar a la receta original. Me quedo con ganas de probarlo, tiene un aspecto delicioso y me apunto su receta.
    Saludos!!

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  2. sehr geil. mit rind finde ich das auch deutlich besser.

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