Dienstag, 13. Dezember 2016

Graupenrisotto


Wenn mein Vater, direkt nach dem Krieg ins zerbombte Hamburg geboren, von der Schule nach Hause kam und sah, dass seine Mutter "große Wäsche" machte, wusste er, es war Zeit, ohne Umwege sofort bei Onkel und Tante um Asyl zu bitten. Waschmaschine hatte man damals noch nicht und die Reinigung von Tuch und Kleidung war mit mühseliger Handarbeit verbunden. Zum Kochen blieb da so gut wie keine Zeit, also gab es etwas, dass man ganz unkompliziert den Tag über seinem Schicksal auf dem Herd alleine überlassen konnte. Graupensuppe zum Beispiel. Durch die Erzählungen meines Vaters waren Graupen für mich immer das personifizierte Böse und ich habe mein Leben lang das geschliffene Gerstenkorn nicht mit der Kneifzange angefasst. 

Die Graupe ist mittlerweile gesellschaftsfähig geworden und auch in der feinen Küche angekommen, aber ich musste über 46 Jahre alt werden, um einmal mehr zu erkennen, dass man sich immer ein eigenes Bild machen muss. Heute hat die Graupe Einzug in mein Leben gefunden und ich bin überaus dankbar, dass dies, wenn auch spät, überhaupt geschehen ist. Mein Vater, der sonst eigentlich alles isst, mag sie heute noch nicht, aber vielleicht kann ich ihn ja irgendwann einmal überzeugen.


Darauf gebracht hat mich meine Schwester, die mir neulich von einer leckeren Graupensuppe berichtete. Also habe ich mich kurzerhand entschlossen, das Korn zu Risotto zu verarbeiten. Ich bin hier einem einfachen Basisrezept, der Italiener würde es ein Risotto bianco nennen, gefolgt.



Für drei bis vier Portionen:
  • 200 g Perlgraupen (mittelgroß)
  • 2 Schalotten
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Möhre
  • 15 cm Staudensellerie
  • 80 ml Weißwein
  • 700 ml Gemüsebrühe
  • 1/2 Bund Petersilie
  • 50 g kalte Butter
  • Parmesan
  • Salz
  • Butter
  • Olivenöl
Als geheime Zutat:
  • 1/4 TL getrocknete Steinpilze (zu feinem Pulver gemahlen)

Hier haben wir die kleinen Schätzchen. Nach Möglichkeit sollten sie nicht im Parboiled Verfahren behandelt sein. Das schließt zwar Nährstoffe im Korn ein, versiegelt aber deren Oberfläche und verhindert so eine Abgabe von Stärke. Das ist für ein Risotto eher hinderlich.


Brühe aufkochen und schön warm halten. 

Zwiebeln und Karotten pellen. Zusammen mit dem Sellerie klein würfeln. Knoblauch abziehen und fein hacken. In einer Mischung aus Olivenöl und etwas Butter anschwitzen. 


Graupen dazugeben und zwei bis drei Minuten unter Rühren mitgaren.


Mit dem Weißwein ablöschen und diesen wieder einkochen lassen, dabei fleißig weiterrühren.


Nun wie bei einem "normalen" Risotto soviel heiße Brühe hinzugießen, dass alles gerade bedeckt ist. Erst dann mit mehr Brühe nachfüllen, wenn fast alles aufgesogen wurde. Habe ich schon erwähnt, dass man immer schön rühren muss? Zwischendurch mal den Salzgehalt testen und das Steinpilzpulver hinzufügen. Das ist eine echte Geheimwaffe und veredelt Saucen und dergleichen ungemein. Ich kaufe immer größerer Packungen getrockneter Steinpilze und pulverisiere diese dann mit einer nur für Gewürze benutzten elektrischen Kaffeemühle sehr fein.


Petersilie hacken und unterrühren.


Nach etwa achtzehn bis zwanzig Minuten sollten die Graupen gar, aber noch al dente sein. Nun vom Herd nehmen und die kalte Butter, sowie zwei Esslöffel geriebenen Parmesan unterrühren, drei Minuten abgedeckt ziehen lassen und servieren.


Sieht aus wie ein normales Risotto und schmeckt auch so. Vom Mundgefühl her sind Graupen jedoch "gummiartiger" als Reis, allerdings nicht auf unangenehme Art und Weise. Ich mag die Textur. Damit werde ich sicher in Zukunft noch andere Dinge probieren. Danke, dass es euch gibt, Graupen. 
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Flashback:


Heute vor einem Jahr:   Gewürzbirne

2 Kommentare:

  1. Bei uns gab es gestern ein "normales" Risotto - das war wie immer sehr lecker.
    Aber die Anregung mit den Graupen greife ich gerne auf.
    Ich werde meinen "Risotto-Koch" bitten, Dein Rezept für mich nachzukochen.
    Danke und Grüße aus Ostfriesland.
    Margot S.

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    1. Na dann mal guten Appetit aus dem Weserbergland ins schöne Ostfriesland.

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