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Samstag, 11. Oktober 2014

Nur mal so ... (Teil 17)


Jeder, der nicht nur Lebensmittel erhitzt, sondern leidenschaftlich kocht und darüber hinaus auch noch Kinder sein eigen nennt, hat sich sicherlich schon einmal die Frage gestellt, ob man zum Kochen Alkohol nehmen darf oder nicht. In einschlägigen Kochforen liest man dann auch immer wieder Kommentare wie "Leckeres Rezept, habe nur den Alkohol weggelassen, wegen der Kinder".


Kinder sollten keinen Alkohol trinken, das ist sicher klar. Ich würde auch meinem Kind zum Beispiel niemals in Alkohol getränkten Kuchen servieren oder andere Gerichte, die Alkohol im ungekochten Zustand enthalten. Süßspeisen, wie zum Tiramisù, mache ich für das Kind grundsätzlich ohne Amaretto und meine Panna Cotta enthält in der jugendfreien Version auch keinen Alkohol. Wein jedoch in Bratensaucen oder Ragouts, die ja für längere Zeit vor sich hin brutzeln, stellen meines Erachtens kein Problem dar. Ja ich weiß, es ist ein Küchenmärchen, das Alkohol komplett verkocht. Was aber von einem Schuss Weißwein in der Bolognese - von der man ja auch nur eine Portion isst - nach drei Stunden köcheln übrig bleibt, kann nicht schlimmer sein als das, was zum Beispiel als natürlicher Alkohol in Obst vorkommt. Gut, wenn jemand aus medizinischen oder meinetwegen auch religiösen Gründen nicht mit Alkohol in Berührung kommen darf, nehme ich natürlich absolute Rücksicht darauf, genauso wie ein vegetarischer Gast sicher sein kann, dass ich seine Essgewohnheiten absolut Ernst nehme und berücksichtige.

Auch hört man immer wieder das Argument, Kinder würden durch Gerichte, in denen Alkohol verwendet wird, an dessen Geschmack gewöhnt. Dazu kann ich nur sagen, dass man, wenn der Alkohol aus einer Bolognese hervorschmeckt, bei der Zubereitung etwas falsch gemacht haben muss. 

Ich glaube, viele Eltern sind in dem Bestreben, alles richtig zu machen, übervorsichtig. Es wäre jetzt eine interessante soziologische Aufgabe herauszufinden, ob diese Bedenken typisch deutsch sind. Ich glaube nicht, dass man ähnliche Diskussionen in Frankreich führen würde. Dort gehört der Wein zur Lebenskultur und selbst Soldaten bekommen ihr Glas Roten pro Tag. Auch in französischen Schulen steht mittags in der Mensa natürlich eine Flasche Rotwein auf dem Lehrertisch. Genauso wird zu Hause das coq au vin oder boeuf bourguignon ganz selbstverständlich mit Alkohol gekocht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass irgendeine mamma oder nonna in Bologna oder sonstwo in Bella Italia auf einen Schuss Wein in ihrem Ragù verzichtet. 

Es ist immer 
die Rede von der gesunden Mittelmeerküche oder davon, wie alt zum Beispiel die Menschen in Japan werden. Gerade am Mittelmeer aber ist Wein ein wichtiges Würzmittel und japanische Gerichte sind ohne Sake oder Mirin auch nur schwer vorstellbar. Und Kinder essen da fleißig mit. Wenn das gesundheitliche Probleme mit sich brächte, müssten in diesen Regionen ja nur alkoholgeschädigte Menschen herumlaufen und keiner würde steinalt werden. 

Ich denke einfach, dieses Schwarz-Weiß, ganz-oder-gar-nicht-Denken ist vielleicht doch typisch deutsch. Ein Flasche Wodka im Kindermüsli ist sicherlich nicht gut und ein Ragoù ganz ohne Wein schmeckt fade. Die Wahrheit, so wie meist, liegt irgendwo dazwischen. Aber letztlich muss das jeder für sich entscheiden.


Zu Essen gab es heute auf vielfachen Wunsch Kartoffelsuppe - ohne Alkohol - und ich hatte so Gelegenheit, ein paar bessere Bilder hochzuladen.

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