Retro schein das neue Avantgarde zu sein, also besinne ich auch ich mich auf alte Tugenden und grabe die Sauce Mornay aus. Wie so häufig, liegt die Entstehungsgeschichte und Namensgebung im Dunklen. Je nach Version ist sie auf Philippe Duplessis-Mornay (französischer Staatsmann, protestantischer Theologe und Kämpfer in den Hugenottenkriegen) zurückzuführen. In diesem Fall wäre die Sauce über 400 Jahre alt. Andere Varianten legen den Ursprung in das nach der Revolution von 1789 wieder zur Monarchie geworden Frankreich, genauer gesagt in die Zeit Charles X (als Nachfolger Louis XVIII König von 1824 - 1830). Das würde die Sauce dann um satte 230 Jahre jünger machen. Mehr Retro geht kaum und ich finde, für eine simple Béchamelsauce mit Käse, so wie man sie heute auch in einem schnöden Mac 'n' Cheese findet, ist das eine ganze Menge Geschichte.
Für vier dicke Portionen:
- 25 g Butter
- 2 Schalotten
- 25 g Mehl
- 40 ml Weißwein
- 50 ml Fischfond
- 50 ml Sahne
- 100 ml Milch
- 1 Ei
- 50 g französischer Käse zum Reiben
Macht man die Mornay zu Fischgerichten - außerhalb Italiens ist man nicht so zimperlich, was die Kombination von Fisch und Käse angeht - sollte man ein bisschen Fischfond verwenden. Hat man den nicht zu Hand, einfach die entsprechende Menge durch Milch oder Sahne ersetzen. Als Käse bieten sich zum Beispiel Gruyière, Comté, französischer Emmentaler oder Bergkäse an. Parmesan geht vermutlich auch.
Meeresfrüchte pro Portion
- 2 - 3 Jakobsmuscheln
- 4 - 5 Riesengarnelen
Zunächst machen wir eine Mehlschwitze. Dazu ziehen wir die Schalotten ab, würfeln sie fein und schwitzen sie in Butter an.
Dann löschen wir mit Wein ab, verrühren alles und lassen die Flüssigkeit wieder komplett einkochen. Das ist hier stellenweise etwas braun geworden, aber gerade noch so an der Grenze. Rösten gibt zwar Aroma, aber etwas dunkler und ich hätte von neuem begonnen.
Fond, Milch und Sahne angießen, mit dem Schneebesen zu einer klumpenfreien Masse schlagen und zwanzig Minuten unter gelegentlichem Rühren köcheln lassen. Das muss sein, sonst schmeckt es nach Mehl.
Ein Eigelb in ein Glas oder Tasse geben, ...
... ein zwei Esslöffel heiße Sauce dazugeben und verrühren. So kann der Dotter schonend Temperatur annehmen und stockt nicht gleich zu Rührei, wenn er in Sauce kommt.
Sauce vom Herd nehmen und Eigelb unterrühren, dass nennt die Fachkraft legieren. Der Käse darf nun auch in die noch heiße Sauce schmelzen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, leicht warmhalten, aber nicht mehr kochen lassen.
400 Gramm Spaghetti in Salzwasser kochen, bis sie fast fertig, aber noch ziemlich bissfest sind - das wäre so in etwa eine Minute kürzer, als für al dente. Mit der Sauce vermischen und Deckel auflegen.
Scampis salzen und in heißem Olivenöl - ein bis zwei angedrückte Knoblauchzehen in der Pfanne geben ein tolles Aroma - eineinhalb Minuten lang von jeder Seite anbraten.
Zu den Nudeln geben und ebenfalls warm halten.
Jakobsmuschen längs halbieren ...
... und ebenfalls in heißem Olivenöl braten. Hier sollte eine Minute pro Seite genügen.
Nun muss das Ganze nur noch nach Wunsch mit etwas schwarzem Pfeffer, Olivenöl und Petersilie angerichtet werden. Spaghetti ohne flüssige Saucen drehe ich gerne mit der langzinkigen Fleischgabel auf - die einzige Verwendung, die ich für dieses mittelalterliche Fleischfolterinstrument habe - und richte sie so auf flachen Tellern an.
Und während dieser vegane Subversivling sein gesamtes Aggressionpotential an einer wehrlosen Möhre auslässt, ...
... genieße ich meinen Ausflug ins siebzehnte Jahrhundert. Oder das Neunzehnte. Was auch immer, es schmeckt auch noch 2017.
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Flashback:
Heute vor einem Jahr: kleine Hähnchenfrikadellen Thai Style
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