Ich bin ja ein bekennender Freund kräftiger Suppen, insbesondere klarer Brühen. Gerade bei den momentanen Minusgraden sind die natürlich ein Wohltat sondergleichen. Da ist es auch kein Wunder, dass ich seit Tagen an Boullion denken musste. Als dann die Sous-Chefin mir erzählte, sie habe auf YouTube so eine tolle vietnamesische Suppe gesehen, die sie auch mal unbedingt kochen und vor allem essen wolle, wusste ich sofort, sie meint Pho Bo. Habe ich natürlich schon im Programm, aber ich meine, das damals mal probiert zu haben, als ich "sturmfreie Bude" hatte. Egal wie, ein besserer Vorschlag hätte nicht kommen können. Fürsorgender Vater der ich bin, habe ich auch sofort alle nötigen Zutaten zusammengetragen und heute Mittag konnten wir das Projekt Phở bò (sprich: phö baou mit kurzem "ö") gemeinsam angehen.
Das erste Mal, als ich Pho gegessen habe, hatte ich das Gefühl, mich hätte ein Laster überrollt. Der Geschmack ist derart komplex, dass man als analytischer Esser erst einmal eine Weile braucht, das Ganze im Kopf zu sortieren. Auf jedem Löffel ist eine ungeheure Vielschichtigkeit an Aromen, es ist einfach unglaublich. Aber letztlich ist alles auch sehr stimmig und auf seine Weise harmonisch. Ich bin fast versucht, die Pho als "Königin aller Suppen" zu küren. In Vietnam kann man sie übrigens den ganzen Tag über essen, am liebsten wird sie aber zum Frühstück genossen. Ein wahrer Weckruf also oder eben ein morgendliche Tritt in den Allerwertesten.
Die Pho Bo stammt ursprünglich aus Hanoi in Nordvietnam. Diese Version, die phở bò hà nội, stelle ich heute vor. Mittlerweile gilt sie aber als gesamtvietnamesisches Nationalgericht. Als phở bò sài gòn, einer Variante aus der im Süden gelegenen Hauptstadt Ho-Chi-Minh-Stadt (ehemals Saigon) ist sie mit mehr Gewürzen versehen und auch süßlicher.
Grundlage der Suppe ist eine Rinderbrühe. Kann man fertig nehmen, ist aber nicht ansatzweise das Gleiche. Wir nehmen hier also drei Kilo Rinderknochen, inklusive einer Beinscheibe, bedecken alles mit Wasser und lassen es aufkochen. Dann gießen wir das Wasser ab, säubern die Knochen unter fließendem Wasser und waschen auch den Topf ordentlich aus. Dann kommt alles wieder zurück in das Kochgefäß und wird erneut mit Wasser gut bedeckt. Drei Zwiebeln dazu und wieder aufkochen lassen. Aufsteigenden Schaum schöpfen wir ab, denn wir wollen eine schöne, klare Brühe. Das Ganze darf nun mindestens zwei, gerne auch bis sechs Stunden sanft köcheln.
Aromaten:
- 1 daumengroßes Stück Ingwer
- 2 Schalotten
- 1 Zimtstange
- 3 Sternanis
- 1 große brauner Kardamomkapsel
Eine Stunde vor Kochende über offener Flamme grillen oder in einer schweren Pfanne trocken anrösten.
Die Aromaten zur Suppe geben. Weitere Zutaten an diese Stelle:
- 1 EL Kandis
- 1/2 EL Salz
Sobald das Fleisch der Beinscheibe zart ist, wird sie aus der Brühe genommen und in Eiswasser gelegt, damit sie nicht grau anläuft.
Des Weiteren:
- breite vietnamesische Reisnudeln (100 g pro Portion)
Die werden dreißig Minuten in Wasser eingeweicht und dann kurz vor dem Servieren noch einmal zehn Sekunden in kochendem Wasser blanchiert.
Als Einlage und Garnierung:
- Fischsauce
- Rinderfilet
- gekochtes Fleisch der Beinscheibe
- Frühlingszwiebeln
- Keimsprossen
- rote Chili
- Kräuter (Thai "Sweet" Basilikum, Koriander, Minze)
Das rohe Rinderfilet papierdünn schneiden, das gekochte Fleisch auch möglichst dünn scheibeln. Durch diese Zutaten hat die Suppe auch den Zusatz taí chín (roh und gekocht) .
Frühlingszwiebeln und Chili zu Ringen verarbeiten.
Frühlingszwiebeln und Chili zu Ringen verarbeiten.
Nun die heißen, gegarten Nudeln auf Schüsseln verteilen, je einen guten Teelöffel Fischsauce, ein paar Sprossen, Frühlingszwiebeln, rohes und gekochtes Rindfleisch darauf verteilen.
Brühe abschmecken, Dann möglichst sehr heiß durch ein feines Sieb in die Schüsseln geben. Wie man sieht gart das rohe Filet dadurch schön an. Mit gerupften Kräutern, Chili, gemahlenem schwarzen Pfeffer, Limettensaft und mehr Fischsauce individuell am Tisch verfeinern. Das ist so ein geschmackliches Feuerwerk, das kann ich gar nicht mehr in Zahlen ausdrücken. Und das dann auch noch zusammen mit der eigener Tochter zu kochen, macht die Sache noch besser. Als nächstes hat die Sous-Chefin Ramensuppe auf dem Plan. Mal sehen, ob es Shoyu, Miso, Shio oder Tonkotsu Ramen werden ...
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Flashback:
Heute vor einem Jahr: Murgir Jhol - bengalisches Huhn mit Kartoffeln
Is ja echt nen Zufall, da ich heute die Beinscheibe für mich entdeckt habe, und da frag ich mich, brauch es dann noch Filet? Hatte heute 2 Scheiben für 3 Stunden sanft gekocht..super zart und top Geschmack und die Knochen machten dann auch noch ne 1A Brühe..
AntwortenLöschenIs Kardamom in Vietnam ein Standard? Kannte das bis jetzt nur aus der indischen Küche.
Ossobuco ist ja auch Beinschiebe, wenn auch vom Kalb und das ist ja wohl der König der Schmorgerichte.
LöschenDer Kardamom, den ich hier verwendet habe, ist schwarzer chinesischer, manchmal auch Nepal Kardamom genannt (Lanxangia oder Amomum tsao-ko). Der ist deutlich größer als der indische grüne (Elettaria cardamomum) oder braune (Amomum subulatum), fast wie eine Walnuss.
Ah ok, dachte mir schon, dass es der schwarze war :)
AntwortenLöschenGeht aber sicher auch mit dem braunen, indischen Kardamom. Den grünen würde ich nicht nehmen, der ist zu mentholig (gibt es das Wort überhaupt?).
LöschenDas war mein Anliegen, kenn nur den grünen..und der geht gar nicht, weil zu pfefferminzmässig :)
AntwortenLöschenhttps://s16.directupload.net/images/210214/5oov38aa.jpg
AntwortenLöschenVon Links nach rechts:
• grüner Kardamom (botanisch: Elettaria cardamomum; indisch: Elaichi)
• brauner/schwarzer Kardamom (botanisch: Amomum subulatum; indisch: Badi elaichi)
• brauner/schwarzer chinesischer oder Nepal-Kardamom (botanisch: Lanxangia oder Amomum tsao-ko: chinesisch Tsao Ko)
Ich habe den großen, ganz linken genommen. Die anderen beiden (rechts und Mitte) kommen in indische Currys.
danke für die Aufklärung, bestätigt meinen Eindruck, grünen nur für indische Gerichte :)
AntwortenLöschenJa, der gehört vornehmlich in diese Richtung.
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