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Montag, 12. April 2021

Tie Ban Niu Rou - Rindfleisch von der heißen Platte


Heute geht es mehr um die Art der Präsentation, als um das Gericht selbst, obwohl ich natürlich meiner Chronistenpflicht geflissentlich nachkomme und das entsprechende Rezept mitliefere. Ich muss allerdings etwas ausholen. Vor nun stolzen 31 Jahren verließ ich nach dem Schulabschluss das elterliche Heim und zog nach Kiel, um dort den höheren Weihen der Bildung nachzugehen. So etwa einmal im Monat besuchten mich meine Eltern und wir gingen dann meist in ein bestimmtes chinesisches Restaurant. In meiner Erinnerung verschwimmt das alles mittlerweile und ich habe schon vor ein paar Jahren bei einem Besuch der Stadt so gut wie nichts wieder erkannt, aber ich meine, das Restaurant war in Hafennähe, irgendwo in der Bergstraße. Ich kann mich aber auch irren. ich weiß nur noch, dass es im zweiten Stock eines großes Flachbaus war. Aber egal. Über die Qualität des Essens kann ich nach all den Jahren ohnehin nichts mehr sagen, es hat damals scheinbar aber geschmeckt. Eins meiner Lieblingsgerichte dort war jedenfalls etwas, das "heißer Mongolen-Stein" oder so ähnlich hieß. Natürlich genauso mongolisch, wie die mongolischen Grills der Büffetrestaurants heutzutage, aber dennoch mit einem Wow-Faktor, wenn das Essen auf glühend heißen, gusseisernen Platten zischend und brodelnd an den Tisch gebracht wurde. 


Ich hatte diese Erfahrung schon fast verdrängt, bis ich vor einiger Zeit auf ein Video gestoßen bin, in dem just diese heiße Platte zum Einsatz kam. Wer mich kennt weiß, dass mich so was neudeutsch "triggert". Also habe ich keine Kosten und Mühen gescheut, bis ich solche Platten auftreiben konnte. Und hier ist eine davon, sogar im traditionellen Kuhdesign, denn es ist meist Rindfleisch, dass darauf serviert wird. Die Technik nennt sich tiě bǎn (铁板), was eigentlich erstmal nur "Eisenplatte" bedeutet. In Verbindung mit niúròu (牛肉), also Rindfleisch, bekommt es die Bedeutung "brutzelnd". Zur historischen Einordnung kann ich nichts sagen, aber es würde mich schon sehr wundern, wenn diese Art der Präsentation mit "Showeffekt" nicht aus Hongkong stammen würde.
 

Einfache Konstruktion: Noppen an der Unterseite der Pfanne fassen in entsprechend Löcher im Brettchen, so dass nichts verrutschen kann. Wie gesagt, im Einsatz sind die Dinger von der Temperatur so heiß, dass sie problemlos Deuterium zu Helium fusionieren könnten. Damit dieser Zustand erreicht wird, stelle ich sie erst einmal für dreißig Minuten in den voll aufgeheizten Backofen.


Kommen wir nun zum Rezept. Wir wollen drei Portionen zubereiten, dazu brauche wir:
  • 400 g Rindfleisch
Zur Feier des Tages gutes Filet.


Fleisch gegen die Faser in dünne Scheiben, dann in mundgerechte Stücke schneiden. 

Marinade:
  • 2 TL chinesischer Reiswein (Shaoxing)
  • 1 TL dunkle chinesische Sojasauce
  • 1,5 TL Speisestärke
  • 1 Ei
  • Salz
  • weißer Pfeffer
  • 2 TL Sesamöl
Zutaten gut vermengen und alles eine halbe Stunde ziehen lassen. 


Da ich keine frischen Shiitake bekommen habe, lege ich zeitgleich ein paar getrocknete in lauwarmen Wasser ein. Nach dreißig Minuten drücke ich die dann aus und entferne die Stiele, weil diese einfach holzig bleiben. Je nach Größe halbiere ich die Pilze, war hier aber nicht nötig.


Mise en place ist das A und O beim Woken. Es muss alles fertig vorbereitet und griffbereit sein. Ist der Wok erst heiß, hat man keine Zeit mehr, vergessene Schritte nachzuholen. 
  • 2 Knoblauchzehen
  • 2 cm Ingwer
  • 1 Bund Frühlingszwiebeln
  • 1/2 große Zwiebel
  • 2 EL Shiitake
  • 3 - 4 milde grüne Peperoni
  • 1 rote Paprika
  • 1 EL schwarze Bohnensauce
  • 1 TL dunkle chinesische Sojasauce
  • 1 EL Zucker
  • 1,5 TL Speisestärke
  • Salz
  • Pfeffer
  • chinesischer Reiswein (Shaoxing)
  • Öl
Knoblauch und Ingwer schälen, fein hacken. Frühlingszwiebeln diagonal in Stücke schneiden, weiße und grüne Teile dabei trennen. Peperoni entkernen und zu Streifen verarbeiten, Paprika entkernen und zu mundgerechten Stücken verarbeiten. Speisestärke in einem Esslöffel kaltem Wasser auflösen.

Erinnert ihr euch an unsere Eisenplatten im Backofen? Die kommen jetzt auf eine höhere Schiene und dürfen sich vom Grill noch mal so ordentlich Hitze zuführen lassen. 


Damit der Wok nicht überlädt, brate ich das Fleisch in zwei Etappen. Dazu lasse ich das Bratgerät rauchheiß werden, schwenke eine Kelle Öl darin herum, und gebe die Hälfte des Fleische hinein. Bei Rind warte ich einen Moment, damit ein paar Röstaromen entstehen.  


Fleisch in einem Sieb über einer Schüssel abtropfen lassen, mit der zweiten Charge ebenso verfahren.


Wie man sieht setzt bei einem guten Wok und hohen Temperaturen nichts an, obwohl Ei und Stärke in der Marinade waren.


Knoblauch, Ingwer und weiße Frühlingszwiebeln im verbleibenden Fett - eventuell noch etwas Öl dazugeben - anbraten, bis sie duften.


Nun kommen die Gemüse dazu. Meine Reihenfolge: Zwiebel (kurz anbraten), Pilze (kurz anbraten) und dann Peperoni (ebenfalls kurz anbraten). 


Dann Paprika. Mit etwas Salz, Pfeffer und Zucke würzen und dann eine Schuss Reiswein am Rand einträufeln lassen. Gut vermischen.


Dann kommt das Fleisch zurück in den Wok geben. Bohnenpaste, dunkle Sojasauce und ein kleiner Schuss Wasser werden ebenfalls hinzugefügt. Chinesen würden vermutlich hier noch etwas MSG untermischen. Kurz durchschwenken, dann mit dem Stärkewasser ablöschen.


Die heißen Platten vorsichtig (!) aus dem Ofen holen und befüllen. Das zischt, brodelt, dampft und riecht fantastisch. Gäste beim Servieren vorwarnen.


Die Hitze hält lange an und wir bekommen noch mal eine extra Karamellisierung von Fleisch und Gemüse, da wo sie mit der heißen Platte in Berührung gekommen sind. Darüber hinaus ist das aber auch wirklich ein Hingucker (und "Hinhörer", so wie das brutzelt). Das Gericht schmeckt zwar auch so richtig gut, aber mit den hot plates wird es zum Gesamtevent in den eigenen vier Wänden. Man könnte auch sagen: wenn ich schon nicht ins Restaurant kann, hole ich mir die Restauranttechnik eben nach Hause. Aber wie auch immer, ich freue mich wie ein kleines Kind, dass ich diese mir teure Erinnerung an Kiel zu Beginn der 90er heute widerholen konnte.
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Flashback:










8 Kommentare:

  1. Super! Da werden Erinnerungen aus der Jugend wach 🤭

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    1. Ich weiß zwar nicht, ob deine Erinnerungen auch aus Kiel stammen, aber es freut mich immer, wenn andere sich über meine Beiträge freuen.

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  2. Antworten
    1. Da will ich nicht widersprechen. :p

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    2. Ich habe das so erlebt daß die Saucen separat zubereitet wurden, das Gericht als solches kam auf der Platte an und der Kellner fügte die Sauce erst am Tisch hinzu, DAS war ein Show-effekt.. :-)..als mein Lieblings-chinese wg Alter zumachte habe ich mir 2 von diesen Platten gesichert,wenn ich mal was damit mache ist das echt ein Highlight....

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    3. Dake für den Tipp. Werde ich so auch mal versuchen.

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    4. Melde mal wie es bei dir war.Ist natürlich mehr Aufwand weil separat,aber ich finde es einfach geil.. :-)

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    5. Man wird es hier zuerst lesen. Bleiben Sie dran, ich zähl' auf Sie ...

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