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Samstag, 19. Januar 2019

Oysters Rockefeller - gratinierte Austern oder: die Farbe des Geldes


Wir befinden uns im New Orleans des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Mississippi-Metropole ist ein Schmelztiegel. Hier vermischen sich europäische Elemente mit kreolischen, afrikanischen und karibischen. Das spiegelt sich natürlich auch im Essen wieder. Die gehobene Küche ist natürlich deutlich französisch geprägt und so verwundert es nicht, wenn escargot, also Schnecken, ein beliebtes Mahl zu dieser Zeit sind. 1889 muss es nun zu einer Knappheit dieser Tiere gekommen sein, also kam Jules Alciatore, der das Restaurant Antoine's zwei Jahre vorher von seinem Vater und Gründer Antoine Alciatore übernommen hatte, auf die glorreiche Idee, die Gastropoden durch Austern zu ersetzen, die im nahen Golf von Mexiko zuhauf zu finden waren. 

Alciatore war aber auch Geschäftsmann genug, um zu wissen, dass sich eigentlich schlichte Sachen viel besser verkaufen, wenn man ihnen spektakuläre Namen gibt, also benannte er seine Schöpfung nach dem damals reichsten Mann der Welt, John D. Rockefeller. Vermutlich auch, weil die Kräuterkruste an die Farbe von Dollarscheinen erinnert.


Dummerweise ist das Original-Rezept geheim, wir können also nur mutmaßen. In vielen Rezepten wird Spinat angegeben, Köche des Antoine's haben dies jedoch immer dementiert. Eine chemische Analyse im Jahr 1986 ergab, dass die heute verwendeten Zutaten hauptsächlich Petersilie, Sellerie, Frühlingszwiebel oder Schalotte, Olivenöl und Kapern sind. Wenn Küchenguru Alton Brown aber mit seiner Behauptung Recht hat, dass Alciatore sein Rezept 1928 mit ins Grab genommen hat und deshalb alle Versionen seitdem bloße Imitationen sind, ist diese Analyse wenig aussagekräftig. Wir werden das Rätsel nicht lösen können.   


Hier habe ich frische Felsenaustern.


Normalerweise isst man die einfach so, vielleicht mit etwas Zitronensaft - ob mit oder ohne "Saft" aus der Schale ist Ansichtssache - und trinkt irgendwas dekadent Prickelndes dazu. Kalte Küche eben. Damit wäre die Geschichte der Auster eigentlich schon zu Ende erzählt. Genial lecker ohne Zweifel, aber für einen Kochblog irgendwie unbefriedigend, weil das kein Rezept benötigt.


Ich bin ganz ehrlich, ich habe noch nie selbst Austern geöffnet. Aber ich habe tausende Male gesehen, wie es geht.

Die Auster hat eine flache und eine rundere Seite. Wir legen sie nun mit der Rundung nach unten auf ein Handtuch. Das "gnubblige" Ende zeigt in Richtung Hand, die das Messer führt. Dieses sollte eine kurze, aber stabile Klinge haben. Wir suchen uns nun einen Punkt am Gelenk, an dem das Messer seitlich zwischen die Deckel fahren kann. Dann schlagen wir das Handtuch über die Auster, damit wir uns nicht verletzten, falls wir an der harten Schale abrutschen sollten. Wir bewegen das Messer hin und versuchen durch leichtes Drehen die Muschel aufzuheben. Irgendwann werden wir ein "Knacken" hören - dann hat der Lurch verspielt und wir können die Auster öffnen.


Wir gleiten mit dem Messer an der Unterseite der Schale entlang, um das Fleisch zu lösen.


So sieht dass dann aus. Nun müssen wir die Muschel auch noch an der Unterseite von der Schale lösen. Dabei geben wir acht, nicht das Wasser im Inneren verschütten. Etwaige Schalensplitter sollten hingegen entfernt werden.


Zum Rohverzehr drehen wir das Fleisch um, denn diese Seite sieht schöner aus. 

Wir hingegen überbacken die Dinger ja, also ist das hier unerheblich. Das Muschelwasser geben wir in eine Schüssel.


Für die Gratiniermasse von 12 Austern:
  • 250 g Butter
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Stängel Sellerie
  • 3 Frühlingszwiebeln
  • 1 Schuss Pernod
  • Wasser aus dem Muscheln
  • 1 Handvoll Petersilie
  • 1 Handvoll Rucola
  • 1 paar Blätter junger Spinat
  • Zitrone
  • Salz
  • Pfeffer
  • Semmelbrösel
Ich habe Rezepte gefunden, in denen Brunnenkresse verwendet wurde. Fand ich sehr sympathisch. Die Versorgungslage mit diesem Gewächs ist aber hier bei uns zu dieser Zeit eher mau, also dachte ich mir, dieses senfige, leicht scharfe Aroma, könnte gut durch Rucola ersetzt werden. Spinat habe ich ganz wenig genommen, weniger für den Geschmack, sondern mehr für die Farbe. Von den Frühlingszwiebeln nehme ich nur den grünen Teil.


Das Grüne der Frühlingszwiebeln, den Sellerie und Spinat grob zerkleinern, Knoblauch abziehen und fein würfeln. In achtzig Gramm Butter anschwitzen. Pernod hinzufügen und das Muschelwasser durch ein Sieb dazugießen. Reduzieren, bis die Flüssigkeit verkocht ist und das Ganze gerade beginnt, in der Butter zu braten.


Petersilie und Rucola grob hacken und mit dem Pfanneninhalt in ein hohes Gefäß geben.


Mit der restlichen Butter pürieren. Hier kann man das schöne Dollar-Grün erkennen. Kleine Stücke in der Butter stören nicht, zumindest mich nicht. 


Austern mit der Butter bestreichen und auf ein Bett aus groben Meersalz setzen, damit nichts verrutscht und ausläuft. Manche streuen da noch Käse drauf, ich nehme lieber Semmelbrösel, die ich großzügig auf der Kräuterbutter verteile.


Fünf Minuten unter dem auf 250° C vorgeheizten Grill und die Sache sieht so aus.


Mit Zitrone servieren. "Oysters Rockerfeller" findet man in den USA scheinbar oft als Vorspeise in Restaurants und in den Südstaaten sind sie besonders zum Brunch beliebt. Klar, die frische Ware roh genossen ist unerreicht. Aber so ist das auch lecker und vielleicht auch für Austern-Neulinge interessant.
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