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Sonntag, 12. September 2021

Spareribs Kansas City Style


Gestern waren unsere Nachbarn bei uns zum Grillen, weil wir ihnen für ihre Hilfe beim Transport von Kühlschränken danken wollten. Ich hatte noch ein paar schöne Spareribs von Kalieber.de auf Lager - ich bekomme für die Nennung des Unternehmens nichts, ich erwähne den Namen aus purer Überzeugung - und die wollte ich diesmal im Kansas City Style zubereiten. Das bedeutet, wir glasieren die Stücke zum Ende der Garzeit mit einer pikant-süß-sauren Barbecuesauce, so dass sie klebrig und saftig an den Tisch kommen. Das ergibt beim Essen eine herrlich archaische Sauerei, führt aber zu einem tollen Geschmackserlebnis, weil wir hier so viele verschiedene Geschmacksebenen haben.


Rippchen, das weiß jeder, der sich schon daran versucht hat, sind zwar im Vergleich zu Pulled Pork oder Brisket relativ schnell hergestellt, brauchen aber trotzdem ihre Zeit. Die 1500 Gramm und mehr Trümmer hier sind schon eine Hausnummer. Deshalb vorweg die Entschuldigung: als die Dinger fertig waren, blieb nicht viel zeit, da was hübsch anzurichten und auch die Lichtverhältnisse waren für Fotos nicht mehr die besten. Durch das nachträgliche Aufhellen der Bilder wirken sie irgendwie unnatürlich. Dabei kann ich versichern, dass der Geschmack hingegen übersinnlich war.


Hier haben wir drei Prachtstücke à je 1500 Gramm. Das sind Spareribs im sogenannten St. Louis Cut, das heißt, sie sind gerade geschnitten und man hat nur die puren Rippenknochen mit Fleisch. Die knorpligen Seitenteile und Rippenenden (rib tips) sind entfernt. Spareribs kommen aus dem Bauch und sie wesentlich fleischiger, als Baby Back Ribs (auch loin ribs). Diese kommen nicht von besonders jungen Tieren, sondern sind Rückenrippen. Sie heißen so, weil sie kleiner und weniger fleischig sind. Die Knochen sind wesentlich gekrümmter als bei Spareribs. Dafür ist das Fleisch zarter, was bei den langen Garzeiten im Smoker am Ende aber kein entscheidendes Kriterium ist. 

Was wir aber bedenken sollten, dass bei zwei so verschiedenen Zuschnitten die Garmethoden und Zeiten unterschiedlich sein müssen. Die berühmte und auch von mir bisher meist praktizierte 3-2-1 Methode (3 Stunden Rauch,  Stunden Dampf, 1 Stunde Glasur) ist ein Anhaltspunkt. Das man bei einem 1500 Gramm schweren Sparerib da andere Ergebnisse erzielt, als bei einem 800 Gramm Baby Back-Strang, sollte klar sein.


Egal welche Rippen, wichtig ist, das wir auf der Knochen Seite die als Silberhaut bekannte Membran entfernen. Wenn man da einer Stelle mit dem Messer oder dem Finger unterhakt, lässt die sich in der Regel gut in einem Stück abziehen.


Wir brauchen zur Würzung einen dry rub. Der ist in Kansas eher süßlich und recht paprikalastig. Hier:
  • 3 EL brauner Zucker
  • 3 EL Paprika (edelsüß)
  • 1 EL Salz
  • 1 EL schwarzer Pfeffer
  • 1 EL Knoblauchpulver
  • 1 EL Zwiebelpulver
  • 1 EL Chilipulver 
  • 1 TL Cayenne
Wichtig: in amerikanischen Rezepten ist mit chilipowder niemals reiner gemahlener Chili gemeint, sondern eine Gewürzmischung für Chili-Gerichte, meist bestehend aus Paprika, Cayenne, Kreuzkümmel, Oregano oder ähnlichem. Kann man selbst zusammenmischen oder als "Chiliwürzer", beziehungsweise "Chili con Carne-Gewürz" fertig kaufen. Auch wichtig: gemeint ist ausdrücklich nicht irgend so ein "Chili con Carne-Tüten-Fix".


Im Gegensatz zu Memphis Style Ribs, die nur mit einem wesentlich kräftigeren, weniger süßen und dafür pikanteren Rub gewürzt werden, brauchen wir hier auch noch eine Glasur, die man dann auch wunderbar als Barbecuesauce servieren kann. Ich nehme:
  • 500 ml passierte Tomaten
  • 100 ml Apfelessig
  • 60 g brauner Zucker
  • 200 ml Apfelsaft
  • 3 EL Worcestersauce
  • 2 EL Senf
  • 40 g Honig
  • 40 g Melasse (oder Rübensirup)
  • 3 EL Dry Rub
  • Salz
  • Pfeffer
Die ersten drei Zutaten kann man auch mit 300 Milliliter Ketchup ersetzen. Sonst geben wir alles in einen Topf, mischen schön durch.


Aufkochen und unter Rühren sanft einkochen lassen, bis eine dickflüssige Sauce entstanden ist. Abschmecken. Wir möchten eine süße Sauce mit guten Säurekick und einem Hauch von Hintergrundschärfe. Wer möchte gibt noch ein paar Tropfen Liquid Smoke (Hickory) dazu. 


Die Rückseite der Rippen wird leicht mit dem Gewürz eingerieben, ...


... die Fleischseite dagegen ordentlich.


Wir lassen das Ganze mindestens eine halbe Stunde stehen - länger ist besser - und warten, bis die Würzmischung durch ihr Salz ein wenig Feuchtigkeit an die Oberfläche gezogen hat, die die Würzung auflöst und wieder einsaugt.


Ich habe bisher nur eine 57er Kugel. Da kann man zwar auch gut heiße und kalte Zonen schaffen, allerdings muss man hier bei mehr als zwei Rippensträngen "hochkant" arbeiten. Die Topfdeckelhalter eines schwedischen Möbelhauses sind hier sehr hilfreich. Rechts das Fleisch, links die heiße Kohle.


Die wird mit einer Mischung aus Hickory- und Apfelholzchips gefüttert. Deckel drauf und warten.


Die Temperatur passt. Nicht unter 115 °C und auch nicht über 135 °C.


Man wird zwischendurch sicher etwas Kohle, aber auf jeden Fall Holzchips nachlegen müssen. Nach einer Stunde sieht die Oberfläche der Rippen schon leicht trocken aus, aber das ist gewollt.


Jetzt kommt diese mit Apfelsaft gefüllte Spritze zum Einsatz. Damit besprühen wir die Rippen rundum nun alle zwanzig Minuten.


Nach gut zwei Stunden haben wir diesen wunderbaren Mahagoni-Farbton. Nach der 3-2-1 Methode hätten die Kameraden nun noch eine weitere Stunde im Rauch bleiben müssen. Dann wäre sie am Ende aber zu dunkel geworden. Mehr Geschmack hätten sie dadurch auch nicht aufgenommen. Also entscheidet hier das Augenmaß. Die Dinger kommen jetzt erst einmal raus.


Es wartet Phase 2, das Garen in der Folie. Dazu geben das Rippenstück mit der Fleischseite nach oben auf das untere Drittel einer Alufolienbahn. Wir besprühen es noch mal Apfelsaft. Dann streuen wir mittig etwas braunen Zucker auf die Folie und geben Butterflocken dazu. Im Nachhinein denke ich, ein wenig Salz wäre hier auch nicht verkehrt gewesen. Dann drehen wir die Rippen mit der Fleischseite auf die Butter und verschließen das Päckchen. Eine doppelte Lage Folie kann hier hilfreich sein.


Wenn ich jetzt einen guten Smoker hätte, der mit Holzscheiten befeuert, die Hitze stundenlang aufrecht hält, würde ich damit weitermachen. In meiner Kugel ist das Quatsch, also gebe ich die Päckchen - mit der Knochenseite nach oben - nun bei 120 °C Ober und Unterhitze in den Backofen.


Für wie lange? Solange wie es braucht. Nach einer Stunde schauen wir mal nach. Und was sehen wir? Das dünne Fleisch auf der Knochenseite bedeckt diese noch völlig und wenn man mit einem Metallspieß zwischen die Rippen sticht, merkt man och deutlich Widerstand.


Nach gut zweidreiviertel Stunden - ich musste zwischendurch noch schnell etwas wichtiges Einkaufen - kann man deutlich sehen, wie sich das Fleisch zurückzieht und die Knochen beginnen, blank zu liegen. Das ist ehrlich gesagt schon ein bisschen zu weit und wäre für einen Wettbewerb der KCBS (Kansas City Barbecue Society) ein grobes Foul.


Aber ich will ja nicht Weltmeister werden, sondern mit meinen bescheiden Mitteln gutes Essen liefern und da ist mir der Geschmack im Zweifelfall wichtiger, als die Präsentation. Egal. Wir entnehmen die Rippchen nun vorsichtig der Folie - sie sollen biegsam sein, aber nicht zerfallen - und geben sie auf ein Backblech. Dann streichen wir sie mit Sauce ein und lassen diese in etwa 20 Minuten bei 135 °C karamellisieren. 


Wir haben nun im Idealfall Rippchen, die noch gerade so zusammenhalten und etwas Biss haben. Keinesfalls wollen wir Pulled Pork. Aber der Knochen darf sich trotzdem locker sauber hinausziehen lassen. Der Rub, der Rauch, die buttrige Zuckerlösung und die Sauce geben vier Geschmacksebenen, die im Idealfall wunderbar harmonieren und nach mehr rufen lassen. Und tatsächlich, in Stücke separiert serviert, wie auf dem Foto, isst man unweigerlich mehr, als wenn man so einen Strang im Ganzen serviert bekommt. Ich bin mal 2003 vor einem Konzert mit einem Kumpel aus einem Laden in Hannover geflogen, weil wir das Angebot "Spareribs - all you can eat" wörtlich genommen haben. Nach der zehnten Nachbestellung sagte man uns, die Rippen seien aus, obwohl an den Nachbartischen Leute, die deutlich nach uns kamen, lustig weiterbedient wurden. Wenigstens waren wir dadurch gezwungen schon früher zum Musikzentrum zu fahren und haben da "Eläkeläsiet" getroffen. Aber das ist eine andere Geschichte ...    
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