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Dienstag, 7. Juli 2020

Shui Zhu Niu Rou - Rindfleisch nach Sichuan Art


Man fragt sich ja schon manchmal, wie selbst die unbescholtesten Italiener, sobald sie den Brenner überquert haben, darauf kommen, als Köche im Restaurant Sahne in ihre Carbonara zu gießen oder Bolognese mit Spaghetti zu servieren. Was geht in diesen Köpfen vor? Schlimmer noch scheint es um Chinesen bestellt zu sein, die, fernab der Heimat, scheinbar jedes Gefühl für die traditionellen Gerichte ihrer genialen Regionalküchen verlieren. Wie die Ananas auf der Pizza Hawaii, kommt dieselbe Frucht in süß saurer Ketchup-Pampe einer Kapitulation des guten Geschmacks gleich. Gut, irgendwie ist das, was man in Chinarestaurants hierzulande bekommt auch essbar und meist isst man auch mehr davon, als man eigentlich sollte, aber mit authentischer Küche haben die Gerichte oft nur den Namen gemein. 


In den meisten Chinarestaurants bei uns wird "süß sauer" mit Hongkong gleichgesetzt, während etwas mit Sojassauce, Gemüse und Pilzen oft Peking zugeschrieben wird. Kommt das Ganze etwas schärfer daher, steht dann auf der Karte "Sichuan" dahinter. Stimmt zwar grob (sehr grob) aber mit den echten Küchen dieser Regionen hat das aber kaum etwas zu tun, wie mein heutiges Gericht zeigt. Ich habe diesmal nämlich Shuǐ zhǔ Niú Ròu (水煮牛肉) im Angebot. Übersetzt heißt das ganz banal "gekochtes Rindfleisch". Klingt ja erstmal gar nicht so lecker, ist es aber. 


Die Küche Sichuans besteht aus verschiedenen Geschmacksprofilen. Shuǐ zhǔ Niú Ròu gehört der má là-Richtung an. Das bedeutet "betäubend-scharf". Die Sichuanbeeren sorgen für eine zitronige, leicht pfefferige Note, haben aber auch einen prickelnd-betäubenden Effekt auf den Lippen (). Das federt die gnadenlose Schärfe der Chili () wieder etwas ab. Portionsangaben sind wie immer nicht einfach, da man in China meist zu mehreren mehrere Gerichte isst, aber ich bin hiervon alleine gut satt geworden.
  • 300 g Rindfleisch
  • 1 TL Stärke
  • 1 Eiweiß
  • 1/2 TL Salz
  • 1 Handvoll rote getrocknete Chili (hier "Facing Heaven" aus Sichuan)
  • 2 EL Sichuanpfeffer
  • 4 - 5 Roma-Salatblätter
  • 1 Schuss chinesischer Reiswein (Shaoxin)
  • 2 Knoblauchzehen
  • 3 cm Ingwer
  • 2 EL Toban Djan (Chili-Bohnen-Paste)
  • 4 Knoblauch-Lauch
  • 1 EL helle chinesische Sojasauce
  • 1 El Sichuanpfefferöl
  • 300 ml Wasser oder Brühe
  • 1 Prise Zucker
  • Salz
  • weißer Pfeffer
  • 1,5 TL Stärke
  • Öl
In China gibt es diesen grünen Knoblauch, der wie Lauchzwiebeln aussieht. Konnte ich nicht bekommen, also musste ich tricksen. Ich habe die längeren Stiele von relativ frischem Knoblauch genommen und die äußeren harten Schalen entfernt. Dazu noch ein bisschen Grün von der Frühlingszwiebel - das sollte so passen. 


Das Fleisch gegen die Faser in dünne Streifen schneiden und mit Eiweiß, Stärke und Salz gut vermischen. Eine halbe Stunde (oder so) marinieren lassen.


Zwei Kellen Öl im Wok erhitzen. Den Sichuanpfeffer (ich habe die Reste von der Öl-Produktion genommen) und die Chili darin bei mittlere Hitze rösten, bis die Farbe dunkler wird. Aus dem Wok nehmen und für später beiseite stellen. Öl, bis auf zwei Esslöffel abgießen. Kann man zur Wiederverwendung in ein hitzebeständiges Gefäß geben. 


Nun die Salatblätter kurz pfannenrühren und mit einem Schuss Reiswein ablöschen. Sie sollten noch leicht Biss haben.


Salatblätter in eine Portionsschüssel geben.


Knoblauch schälen und in Scheiben schneiden, ebenso den Ingwer. Der ist Bioware und ganz jung, da kann man hier die Schale dran lassen.

In den Wok geben, bei Bedarf etwas mehr Öl hinzufügen und pfannenrühren. Dann kommt die Chili-Paste dazu. Wie das duftet!   


Hat das Öl eine schöne rote Farbe angenommen, gießen wir das Wasser an. Wir können auch Brühe nehmen, dann wird der Geschmack noch kräftiger.

Knoblauch-Lauch in drei Zentimeter Stücke schneiden und hinzufügen. Mit Salz, Pfeffer, Zucker, Sojasauce und Sichuanpfefferöl würzen.


Rindfleisch einlegen und leicht köcheln lassen, bis das Fleisch von außen nicht mehr rot aussieht.

Speisestärke in kaltem Wasser anrühren angießen und Sauce leicht eindicken lassen. 


Wokinhalt auf dem Salat anrichten. Die gerösteten Chili und Sichuanpfefferbeeren vom Anfang fein hacken oder in einer Küchenmaschine zerkleinern. Je nach Belieben mindestens zwei gute Esslöffel davon über dem Essen verteilen.


Eine Kelle Öl auf 200° C erhitzen und über die ganze Geschichte gießen. Das brodelt, brutzelt und ist Sichuan pur. Ein gute Handvoll Koriandergrün darauf erfreut nicht nur das Auge, sondern auch den Gaumen des geneigten Connaiseurs.


Ist das sehr scharf? Jein. Eigentlich isst man nur das Fleisch. Dazu sind die Stäbchen natürlich perfekt. Das ist im Prinzip wie bei einem Fondue, wo man auch Sachen in Fett oder Brühe gart und, wie es der Zufall so will, dem ebenso aus Sichuan stammenden Hot Pot nicht ganz unähnlich. Das Fleisch schmeckt pikant, anhaftende Stückchen prickeln angenehm auf Lippe und Zunge. Die Sauce selbst ist natürlich scharf und vor allem ölig, aber das ist ja egal. Beim klassischen Fondue trinkt ja auch keiner Topf aus. Probiert das mal und macht ein Foto davon, das ihr dann in "eurem Chinarestaurant" zeigt, wenn "Rindfleisch Sichuan-Art (scharf)" auf der Karte steht.
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Flashback:


Heute vor zwei Jahren: Petits farcis

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