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Montag, 24. Oktober 2022

老成都 Szechuan - Sichuan Restaurant in Frankfurt am Main


Wenn ich in eine für mich unbekannte Stadt komme und essen gehen möchte, suche ich zuerst nach chinesischen Restaurants, die Sichuanküche bieten. Mittlerweile bin ich, so würde ich meinen, fachlich auch in der Lage, authentische Küche anhand der Speisekarte zu erkennen. Wir waren dieses Wochenende ja in Frankfurt (und ich danke der internationalen Presse, dass sie sich an die Absprache gehalten hat und nicht darüber berichtete) und da ergab eine kurze Internetrecherche, dass das 老成都 Szechuan interessant sein könnte. Übersetzt heißt der Restaurantname "Old Chengdu". Dass dies aber außen nirgends erwähnt wird, zeugt schon davon, dass hier hauptsächlich Muttersprachler Gäste sind.


Noch mal zum Nachsehen: hier steht explizit "Szechuan Restaurant" und nicht "Chinesisch". Warum das so ist, versuche ich mal zu erklären. Im Restaurant, das eigentlich gut gefüllt war, saßen außer uns nur ein weiteres Paar europäischer Herkunft und eine junge Dame, die scheinbar Essen abholen wollte. Der Rest waren Kunden, die sehr chinesisch aussahen und auch so sprachen (dazu gleich mehr). Alle machten einen mehr als zufriedenen Eindruck. Das Restaurant hat im Internet eigentlich gute bis sehr gute Bewertungen. Auffällig sind aber ein paar 1-Sterne-Rezensionen gerade von Kunden mit chinesischem Namen, teilweise sogar in chinesisch verfasst. Wenn man zum Kern der Sache vordringt, liest man, dass den Betreibern zum Teil "Chinesenfeindlichkeit" vorgeworfen wird. Wenn man nun weiß, dass die Restaurantbesitzer aus Taiwan stammen und man die mehr als angespannte aktuelle Lage dort unten kennt, kann man sich denken, woher der Wind weht. Ich gebe darauf keinen Pfifferling und lasse meine Expertise und meinen Geschmack entscheiden.


Bei uns würde man "Gruß aus der Küche" oder amuse gueule sagen. Hier ist es einfach nur etwas, um den Mund zwischendurch zu erfrischen.


Ich lerne nun seit nicht einmal ganz drei Monaten Chinesisch und ich bin sehr stolz, dass ich zum ersten Mal in dieser Sprache nach einem Tisch für drei Personen fragen, Essen und Getränke bestellen und den Kellner nach dem Schärfegrad der Gerichte befragen konnte. Ich brachte auch in Erfahrung, dass die Köche aus Sichuan stammen. Wir redeten sogar über unsere Herkunftstorte und so erfuhr ich eben auch, dass er Taiwanese ist. Ich stehe da natürlich noch ganz am Anfang und ich kann die Schriftzeichen noch nicht scheiben (aber erkennen). Trotzdem bleibe ich am Ball, alleine schon um chinesische Kochvideos ohne Untertitel verstehen zu können - was mir in winzigen, aber wirklich winzigen Bruchstücken schon gelingt. Aber nun zu etwas Leckerem: 红油抄手 (Hóng Yóu Chāoshǒu) - Wantans in Chili Öl. Die Nudeln lecker, die Gemüse knackig, aber der Sud ein wenig zu suppig und lasch. Hier hätte ich mir mehr knallrotes Sichuan-Chiliöl und mehr Salz gewünscht.  


Kann als Salat durchgehen: 夫妻肺片 (Fūqī Fèipiàn) oder: "Gatte und Gattin Lungenstücke". Der Name führt in die Irre, denn Lunge kommt in diesem Gericht nicht vor. Dafür aber Magen und Zunge vom Rind. Welches Teil jetzt welchem Ehepartner zugeordnet wird, bleibt unklar, die beiden als Innereien zu klassifizierenden Zutaten werden jedenfalls gegart, kalt aufgeschnitten und mit viel Sojasauce, Chili und gemahlenem Sichuanpfeffer serviert. Nichts für jedermann, mich - und auch die Sous-Chefin - hat es jedenfalls umgehauen. Von der Textur her der Wahnsinn. Die Zunge so zart, das sie, ja, auf der Zunge zergeht und der Magen - in der französischen Küche übrigens als tripes hochgepriesen - in etwa wie Mu Err-Pilze. Dazu der Chili, der die Lippen brennen lässt und der Sichuanpfeffer, der auf der Zunge prickelt, als hätte man diese an eine 9 Volt-Batterie angeschlossen. Unglaublich, muss man probiert haben, wenn man sich das traut. Aber um Bratwurst ist ja auch Darm und Zunge wird auch gern in Wurst gemengt. Mein ostpreußisches Opa hat zum Beispiel Fleck geliebt, ein Eintopf mit Kuhmagen, der dem polnischen Flaczki nicht ganz unähnlich ist.


宫保鸡丁 (Gōng Bǎo Jī Dīng) oder Kung Pao Huhn - schmeckt wie bei mir, muss also gut sein.


红烧牛肉米线 - Rote Reisnudel-Rindersuppe. Fleisch zart, Gemüse knackig, dezente Schärfe aber auch hier wie bei den Wantan: der Sud zu lasch.


Hier ein weiterer Klassiker, den man probiert haben muss: 水煮鱼 (Shǔi Zhǔ Yú) oder "Wasser gekochter Fisch". Auch hier ist der Name irreführend, denn auch wenn der Fisch tatsächlich gekocht wird, ist die Garflüssigkeit schon mehr als nur Wasser. Chilibohnenpaste, Chilöl, getrocknete Chili und Sichuanpfeffer sind Standard, genau wie das Gemüsebett (meist Pak Choy und/oder Bohnen-Sprossen), auf dem die scharfe Angelegenheit serviert wird. Normalerweise kommt da dann als Topping noch mal gehackter Knoblauch, Chilis und Sichuanpfeffer drauf, die mit einer Kelle brodelnd heißem Öl übergossen werden. Das fehlte hier leider. Auch hätte das ganze mehr nach der typischen Chili-Bohnen-Paste Doubanjiang, schmecken dürfen. Aber der Fisch - nach Karte Seebarsch - war superzart und aromatisch. Als Filetstücke sicher einfacher zu essen, aber ich wollte es authentisch und habe die Fischstücke mit Haut und an der Gräte bestellt. Das sind so die Dinge, an denen ich mich dumm essen könnte. Übrigens habe ich die Variante mit Rind hier auch schon mal gemacht.


Wenn ich noch einen kleinen generellen Kritikpunkt anbringen dürfte, dann den, dass hier scheinbar ausschließlich grüner Sichuanpfeffer benutzt wird. Der hat im Gegensatz zur eher zitrusartigen Frische der roten Variante einen mentholigen Geschmack. Zum Fuqi Feipian passt das hervorragend, bei den anderen Gerichten wäre mir das rote Korn lieber gewesen. Aber lecker war das alles schon und mir blieb am Ende nur zu sagen: "我饱了" - "Ich bin voll". Fazit: für Liebhaber der Sichuanküche durchaus einen Abstecher wert.
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Flashback:



Rezept vom 21.10.2021 - Consommé Royale

2 Kommentare:

  1. Ui, höchster Respekt für deinen Plan chinesisch zu lernen.
    Ich weiß von anderen, dass das echt knifflig ist.. Also weiterhin zügig Erfolg beim üben und Voranschreiten.
    Ích wünsche dir, dass just zum gegeben Zeitpunkt deine Kenntnisse vollumfänglich ausgereift sind.
    Das wäre dann der Moment an dem du deine letzte Notenkonferenz runtergerissen hast, die schmalzigen Verabschiedungsreden vorüber sind und du endlich das Schulgebäude als vollumfänglich freier mann/ mensch verlassen wirst.
    Danach könntest du einfach verkünden - "ok Leute, ich verdrücke mich jetzt mal ein Weilchen" um dich dann
    vor Ort mit den mittlerweile erworbenen Kenntnissen der lokalen Slangs in allen möglichen Szechuan Restaurant Spelunken rumzutreiben.
    Vorausgesetzt natürlich, dass der Leader Xi bis dahin sein Land nicht komplett abgeschottet hat und es ein striktes Verbot gibt das besagt, alle scharfen Speisen seien bei Todesstrafe verboten, weil das ZK der Partei herausgefunden hat, dass dies in unziemlicher Weise die Verdauung und die Phantasie fördert.
    Faktoren die im schlimmsten Fall systemunkonformes Gedankengut hervorrufen könnten, was selbstverständlich
    bereits in der Wurzel auszumerzen ist.

    Ach ja , und bitte entschuldige.
    das ist die sogenannte " deformation professionelle" bedeutet einfach > einmal BElehrer, immer BElehrer. ok?
    Ich kann mir das jetzt halt schlichtweg nicht verkneifen:
    Pass bloß auf , dass du die Coronakacke gründlich auskurierst bevor du dich wieder ins Getümmel stürzt.
    Ich habe vor 2 Jahren zum letzten mal den Fehler gemacht, mein dämliches Pflichtbewusstsein vor die Gesundheit
    zu stellen. Ergebnis: ich bin nun superfrüh im Ruhestand, bekomme mittlerweile mein ( krass reduziertes ) Ruhegehalt. Geht schon alles soweit, ich brauche kein luxuriöses Leben, aber durch die dämliche Vasallentreue
    habe ich mir tatsächlich zum Schluss noch wider eigentlich besseres Wissen meine schon von Geburt an ramponierten Haxen quasi vollends ruiniert.
    Also, bitte sei diesbezüglich meinerseits gewarnt.
    Es lohnt sich schlichtweg nicht für dich und all der final geäußerte Dank für dein langjähriges außerordentliches
    Engagement ist ( sorry ) wohlfeiles Blabla.
    Ich bin übrigens keineswegs defätistisch gestimmt oder so; ich war eineinhalb Jahrzehnte im schulischen
    Personalrat und habe versucht gutes zu erwirken / erreichen, aber genau deswegen weiß ich auch, wie die Dinge
    laufen.
    " Thanx for your brilliant work; der nächste bitte...." so isses.

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    1. Ich passe schon auf mich auf. danke.

      Chinesisch ist, einmal abgesehen von den Schriftzeichen und den bedeutungsrelevanten Betonungsunterschieden, grammatikalisch eigentlich sau einfach. Es gibt keine Deklination oder Konjugation. "wǒ" bedeutet zum Beispiel ich, mich, mein, mir. "Nǐ" ist du, dich, dein, dir. Hängst du ein "le" an ein Verb, hast du die Vergangenheitsform und ein vorgestelltes "huì" deutet auf Futur hin. Sonst ändert sich am Verb nichts, egal welcher Tempus, Kasus, Genus, Numerus oder sonst was. Bei Adjektiven ist das ähnlich.

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