Montag, 5. September 2016

Breslauer Brötchen


Wer in der Rattenfängerstadt Hameln wohnt oder dort gelebt hat, wird sie kennen, die leckeren "Breslauer" der Bäckerei Metzger. Irgendwann hat sich dieser Betrieb dann leider aus dem Geschäftswesen zurückgezogen. Kurze Zeit darauf tauchten die Semmeln dann bei anderen Bäckern in der Region auf, das Rezept wurde wohl weitergegeben. An das Original kam aber keiner heran. Seit ein paar Jahren ist der Metzgerbäcker, nach einem Generationswechsel, wieder mit einem kleinen, aber feinen Ladengeschäft in der Emmernstraße zurück im Geschäft. Das Weißbrot dort ist Spitzenklasse und riecht wie selbstgemacht und auch die guten Breslauer gibt es wieder.

Ich bin ja von Natur aus neugierig und habe neulich mal aus Spaß nach "Breslauer Brötchen" gegoogelt. Gefunden habe ich die Webseite eines lokalen Bäckers, der die Brötchen auch im Programm hat, sowie den "Hilferuf" eines Chefkochusers, der die Teile aus Hameln auch vermisst hat. Und plötzblog, nein: plötzlich stolpere ich auf dem Plötzblog über ein Rezept für Schlesische Semmeln. Genau was ich gesucht habe! Die Breslauer bei uns sehen zwar leicht anders aus, eher spitzzulaufend als abgerundet und auch der Teig beim Metzgerbäcker ist eindeutig "buttriger", aber mir ging es auch mehr um die Technik. Die möchte ich hier heute vorstellen, zum Teig komme ich dann später. 

Eins noch vorweg. Ich bin kein Bäcker und merke immer wieder, warum dies ein Lehrberuf ist. Teig zusammen mischen und backen kann jeder, aber die richtige Technik für das richtige Gebäck anwenden zu können, ist definitiv eine Kunst für sich. Geschmacklich und von der Konsistenz her meine ich dem Hamelner Original sehr nahe zu sein. Optisch ist da noch Luft nach oben und ich muss einfach präziser in diesen Angelegenheiten werden. Immerhin meine ich die auf dem Plötzblog beschriebene und in den Kommentaren viel diskutierte Technik einigermaßen verstanden und passabel umgesetzt zu haben. Man mag mich da korrigieren, wenn ich irre.   


Der Breslauer ist eine Art Doppelsemmel. Für ein Brötchen nehme ich achtzig Gramm Teig, also brauch ich hier 160 Gramm. Der Rohling wird zur Kugel geformt, leicht zur Scheibe gedrückt und dann, wie das Lenkrad beim Auto, in beide Hände genommen. Nun drücken wir mit beiden Daumen mittig ein Loch in die Scheibe ... 


... und reißen sie in zwei Teile. Das darf ruhig mittiger sein, als hier zu sehen. Wir drücken nun beide Teile leicht platt ... 


... und rollen beide Flanken zur Mitte hin ein. 


Auf der anderen Seite auch.


Dann legen wir die Rohlinge mit den Risskanten locker aneinander und lassen den Teig abgedeckt gehen. Wie das bewerkstelligt wird, zeigt ein Link weiter unten.


Nach etwa zwei Stunden Gehzeit platzieren wir die Brötchen auf einem Blech, besprühen sie mit Wasser und backen sie zwanzig Minuten bei 230° C. Dabei schwaden wir in den ersten Minuten heftig, dazu auch später mehr.


Hier kann man sehen, dass der Ausbund, also die Stellen, wo der Teig beim Backen aufreißt,  genau da ist, wo er sein soll: horizontal an den Faltnähten und vertikal an der Rissnaht. 


So hatte ich mir die Kruste vorgestellt.


Auch die Krume überzeugt sowohl optisch, als auch geschmacklich. 


Ich mag so etwas am liebsten mit Butter und Salz, aber sonst eignet sich das Breslauer sehr gut für alle Arten von Belag, von herzhaft bis süß.

Noch kurz zum Teig und dem Backverfahren. Ich habe mich weitgehend an dieses Rezept gehalten, nur dass ich einen Teelöffel Zucker mehr und fünfzig Gramm weiche Butter in den Teig gerührt habe. Folgt man dem Link, kann man auch sehen, wie ich Rohlinge gehen lasse, Brot backe und im Ofen ordentlich schwade.

Ich werde an meiner Technik arbeiten, aber trotzdem beim Metzgerbäcker kaufen. Das gehört sich so. Noch eine lustige Notiz am Rande. In den Neunzigern hatte die Bäckerei Metzger eine Verkaufstheke in einem Hamelner Discounter, direkt neben der Fleischtheke von Metzgerei Becker. Manchmal schreibt das Leben Geschichten, die man sich nicht ausdenken kann.
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Flashback:


Rezept vom 28.01.2014: Schokolade-Mint-Trüffel

8 Kommentare:

  1. sehr schön. in der zone nennt man das konsumbrötchen und mein neid ist dir natürlich gewiss

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    1. Das war dann bestimmt Soylent Green.

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    2. Konsumbrötchen waren die Einfachbrötchen je 80 Gramm, Diese Art hießen Semmel oder Doppelsemmel je 160 Gramm und wurden nur in den Bäckereien in Handarbeit hergestellt. Die Konsumbrötchen wurden dagegen vollautomatisch produziert.

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    3. Danke für die Erklärung. Bei Konsumbrötchen kenne ich mich nicht so aus. Das hier sind ja Breslauer.

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  2. Sehr sehr schön beschrieben und bebildert. Jetzt kann ich sie endlich mal selbst backen. Meiner Meinung nach sind das die besten Brötchen, die es gibt.

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  3. Danke, das Du das so gut erklärt hast, hatte mich auch immer an der Beschreibung von Plötzblog versucht, hat aber mit den Fingern spreizen nicht geklappt. Ich habe Samstags auch oft den Breslauer vom Metzger B. geholt, bin dann auch 20 Km gefahren in Verbindung mit dem Hamelner Markt. Habe es leider erst heute gefunden, aber am WE wird probiert.

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    1. Es ist ein wenig Friemelarbeit und es ist auch meine "Interpretation" der Beschreibung im Plötzblog, aber ich denke, so macht das Sinn. Mit etwas mehr Geduld und feinmotorischer Begabung als ich es habe, sehen die sogar bestimmt gut aus. Viel Erfolg beim Nachbacken.

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