Montag, 14. Juli 2025

Veganes Steak - der gnadenlose Selbstversuch


Ich bin mir ja für nichts zu schade und probiere immer gerne neue Dinge. Nun habe ich neulich ein Video gesehen, in dem vegane Steaks getestet und für gut befunden wurden. Ich bin von Natur aus neugierig, also dachte ich mir: "Warum eigentlich nicht? Probier das mal aus, dann weißt du Bescheid und hast auch was, worüber du schreiben kannst."Also habe ich mir flugs drei Stück davon zugelegt. In diesem Zusammenhang noch einmal vielen Dank an DHL. Auf der Verpackung stand riesengroß: "Gekühlte Ware" und was macht der Fahrer? Anstatt zu klingen und mir die Sendung auszuhändigen, wirft er mir nur einen Zettel in den Kasten (ich habe es durchs Fenster gesehen) und hinterlegt das Paket bei knackigen 34 °C in der Packstation. Genau mein Humor. Aber egal. Die Kühlakkus im Paket haben Schlimmeres verhindert und die Teile sind dann doch unbeschadet in einem meiner Kühlschranke gelandet.


Wenn da Spuren von Milch enthalten sein können, ist der Vegan-Sticker dann eigentlich gerechtfertigt? Ich habe Fragen.


Drei vegane Steaks à 180 Gramm. Zutaten: Wasser, Weizenprotein, Rapsöl, Zwiebelextrakt, natürliches Aroma, Methylcelluslose (Verdickungsmittel), Rote Bete Saftkonzentrat, Branntweinessig, Speisesalz, Gerstenmalzextrakt und Weizenmehl klingen jetzt zunächst mal gar nicht so schlimm. Ich wette aber, das jetzt irgendjemand kommt und fragt: "Warum muss man denn überhaupt Fleisch nachbauen?". Hierzu möchte ich nur folgendes anmerken. Vegane Ernährung ist meist keine geschmackliche, sondern vielmehr eine ethische Entscheidung. Im Gegensatz zu Vegetariern mögen viele Veganer Fleisch eigentlich gerne, verzichten aber darauf, weil sie nicht möchten, dass für sie getötet wird. Eine vegane Wurst oder ein fleischloses Steak gibt ihnen dann immerhin die Möglichkeit, diesen Verlust zu überwinden. Das kann man für seltsam halten, man sollte diese Entscheidung aber respektieren. Das geht dann aber in beide Richtungen, denn auch ich möchte nicht missioniert werden. Mehr sage ich dazu jetzt nicht.


Laut Packungsanweisung soll man die Teile von beiden Seiten scharf anbraten und dann insgesamt elf Minuten bei mittlerer Hitze und unter häufigem Wenden garen. Das ist auch nötig, denn der austretende Saft - ich denke mal, er stammt von der Roten Bete - karamellisiert schnell und wie wir wissen, kommt nach goldbraun direkt schwarz. Ich finde es erstaunlich, wie kompakt diese Dinger sind. Ich hatte Angst, dass sie zerfallen würde, aber das Braten und Wenden ist tatsächlich wie bei richtigem Fleisch.


Serviert habe ich das mit Bratkartoffeln und Pfifferlingen.


Die Steaks haben außen eine ansehnliche Kruste und sind im Anschnitt erstaunlich fest. Es zeigt sich eine fleischartige Faserung. Durch die Rote Bete entsteht der Eindruck, man habe ein medium gebratenes Stück Rind. Die Stücke haben tatsächlich Biss. Ich würde es vom Mundgefühl als "federnd" bezeichnen - ein wenig, wie Cevapcici, die ja auch diese im positiven Sinne leicht "gummiartige" Konsistenz haben (ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll, in Englisch würde man wertneutral chewy sagen). Das überrascht, denn ich hatte tatsächlich eine eher weiche, texturlose Konsistenz erwartet. So ist das nicht unangenehm zu esse, wenn auch vielleicht sogar ein bisschen zu fest. Schmeckt es denn nun nach Steak? Natürlich nicht. Eher wie ein sehr würziger Leberkäse. Wundert ja auch nicht, denn auch da ist es ja die Würzung die über gut und schlecht entscheidet. Würde ich das wieder essen? Tatsächlich ja. Es ersetzt mir nicht das Rib-Eye, aber es schmeckt tatsächlich anständig, hat ein gutes Mundgefühl , die Zutaten gehen in Ordnung und es macht satt. Was will man mehr?
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Flashback:



Heute vor vier Jahren: Chicago Red Hots - einmal querbeet

5 Kommentare:

  1. "Spuren von Milch" heißt nur, dass die Bratlinge in einer Firma hergestellt werden, die eine Abteilung vor Ort hat, die auch Milch verarbeitet. Das ist das "da ist mal eine Erdbeere vorbeigelaufen" von Yoghurt mit Erdbeergeschmack. ;-) Oder wenn in der Rapspflanze, aus der das verwendete Rapsöl gewonnen wurde, irgendein Käfer bei der Ernte drauf saß und nicht mehr rechtzeitig flüchten konnte ... Und da Milch ein Allergen ist, muss es angegeben werden. Ähnlich wie "Kann Spuren von Nüssen enthalten" bei anderen Produkten.

    Das Rote-Bete-Rot finde ich immer etwas unnatürlich bei Fleischersatz. Wobei es teilweise auch bei Rinderhack angewendet wird. Das sieht dann sehr mager aus, aber auch nur, weil die Fettkügelchen rot gefärbt sind. ;-)

    Das mit dem Tiertöten finde ich als Grund nicht konsistent: Pflanzen sind auch Lebenwesen, die zum Verzehr getötet werden. Von der Massenlebewesenhaltung auf Feldern ganz zu schweigen. Nur, weil wir die Höhe der Entwicklung von pflanzlichen Lebenwesen nicht erkennen, heißt das noch lange nicht, dass das niedere Lebewesen sind.

    Häufiges Wenden bei richtigem Fleisch? Okay, wenn man es trocken mag. Aber jedes gute Fleischstück wird in der Pfanne nur einmal gewendet.

    Der Anschnitt sieht eher wie Hacksteak aus. Die Oberfläche auch. Für die Struktur und Festigkeit ist offenbar genug Zellulose drin. Dein Gesamteindruck bestärkt meine Meinung. Als eigenständige Produkte kann man diese Produkte wirklich nehmen. Als Ersatzprodukt für ein fleischliches Original taugen sie nichts.

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    1. Ich gebe dir in allen Punkten recht, bis auf das Wenden von Fleisch. Dass man dieses nur einmal wenden soltte, ist ein alter Küchenmythos. Gordon Ramsay empfiehlt zum Beispiel Steak jede Minute zu wenden. Der ebenfalls mit drei Michelin-Sternen versehende Heston Blumenthal hat mit einer Wärmekamera gezeigt, dass durch ständiges Wendemn (er macht das sogar alle 15 Sekunden) die nach oben zeigende Fläche keine Zeit hat auszukühlen und das Fleisch dadurch gleichmäßiger gart und die Säfte besser im Inneren der Fasern bleiben. (The Perfect Steak - Heston Blumenthal; YouTube). Wenn die Pfanne heiß genug ist, bekommt man trotzdem ein schöne Kruste.

      Mein Satz oben war aber missverständlich. Ich meinte, dass das vegane Steak von der Konsistenz so fest ist, dass man es genauso gut wneden kann, wie richtiges Fleisch.

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    2. Bei Köchen ist es wie mit Anwälten: 3 von ihnen und 4 Meinungen. ;-) Letztendlich kommt es immer darauf an, was für ein Ergebnis man haben möchte. Zu Bedenken geben möchte ich nur einen Punkt: Die Hitze braucht im Gargut eine bestimmte Zeit, bis sie es durchdringt bzw. tief eindringt. Unterbricht man aber immer wieder den Hitzenachschub durch Wenden, kommt die Hitze nicht sehr tief ins Fleisch, zumindest nicht in einer gewissen Stärke. Das mag für fast blutige Steaks eine Variante sein. Neulich sah ich mal Michel Reux Jr. ein Steak "französischer Art" zubereiten. In der Pfanne war Butter als Bratfett. Nicht Butterreinfett! Butter. Ich habe es mit dem Steak mal in umgekehrter Reihenfolge probiert: Also erst bei 70-80°C "warmgehalten" und dann in die heiße Pfanne. Anders, aber auch gut. Trotzdem bleibe ich beim alten Spruch: Wenn man nach dem Steakbraten in der Küche diese nicht renovieren muss, war die Pfanne zu kalt. ;-)

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    3. P.S.: Heston Blumenthal, war das nicht der, der für die Pommeszubereitung die Kartoffelstäbchen erstmal gekocht hat? Und zwischendurch auch noch eingefroren? Mir ist doch so. ;-)

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    4. Heston ist sozusagen Mitgründer der Molekulatküche. Er kocht im Prinzip (erfolgreich) gegen alle traditionellen Gepflogenheiten und untermauert seine Sicht der Dinge auch immer mit wissenschaftlich fundierten Belegen. Da ist ganz viel Laborarbeit dabei. Ich habe vor drei Jahren ein Hähnchen gekauft und freue mich schon darauf, wenn es nach seinem Rezept im August 2047 endlich fertig zur Zubereitung ist.

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