Sonntag, 14. Juli 2019

Rogan Josh - Kashmiri Wazwan Style


"Rogan Josh?" werden jetzt einige denken. "Hatten wir das nicht erst gerade?" Ja, das stimmt und da habe ich auch schon darauf hingewiesen, dass es zwei Versionen gibt - einmal die sogenannte Pandit- oder Hindu-Version und zum anderen die, der kaschmirisch-pakistanischen Moslems. Der Hauptunterschied ist, dass letztere Tomaten und Zwiebeln verwenden, die Brahmanen Nordindiens dies aber ablehnen. Heute möchte ich grob gesagt die pakistanische Version zeigen, aber im Stil des sogenannten Wazwan, einem Festmahl der Moslems aus der Region Kashmir. Diese Art der Küche findet man laut Wikipedia heutzutage eigentlich nur noch in gehobenen Restaurants oder auf kulturellen Festen. 


Beiden Versionen gleich, ist die knallrote Farbe und der Einsatz von Lammfleisch als Protein.

Rogan Josh ist 
eins der Gerichte, in die ich mich beim ersten Bissen verliebt habe. Ähnlich wie Kung Pao Chicken fordert es mich aber auch geradezu heraus, es so authentisch wie möglich zu kochen und auch ungewöhnliche Zutaten am anderen Ende der Welt aufzuspüren. Dazu später aber mehr.


Überteuerte Gewürzmischungen sind momentan der heiße Scheiß, aber man muss ja nicht jeden Trend mitmachen. Ankerlos durch die Nacht mache ich mir meine Mischungen selber, hier ein Garam Masala, dass ich später noch brauchen werde.


Kommen wir nun zu den Zutaten und da brauche ich selbst für zwei Portionen so einiges. Zunächst mal ganze Gewürze. Im Uhrzeigersinn:
  • 2 Stück Zimtrinde
  • 2 schwarze Kardamomkapseln
  • 5 grüne Kardamomkapseln
  • 5 Nelken
  • 6 schwarze Pfefferkörner
  • 1 TL Kalpasi

Kalpasi? Wie meinen? Ganz einfach, wir verkochen heute die "Flechte des Jahres 2019", die breitlappige Schlüsselflechte (Parmotrema perlatum). In Indien heißt die zum Beispiel auch noch dagad phool oder auf Englisch: black stone flower


Gemahlene Gewürze, ebenfalls im Urzeigersinn:
  • 1,5 EL Fenchel
  • 1,5 EL Kreuzkümmel
  • 1,5 EL Kashmiri Chili (oder anderes milderes)
  • 1 EL schärfere gemahlene Chilis (nach Belieben)
  • 1/4 TL Asafoetida (Asant oder Hing)
  • 1/2 TL Ingwerpulver

Was noch? 
  • 500 g Lammfleisch (hier Schulter und Keule, teilweise mit Knochen)
  • 2 große Zwiebeln
  • 50 ml Ingwer-Knoblauchpaste
  • 250 ml passierte Tomaten mit 1,5 EL Tomatenmark vermischt
  • 1,5 TL Garam Masala
  • 1 Stück Ratan Jot
  • 1 EL Salz
  • Öl
  • Butterschmalz/Ghee
Für die Ingwer-Knoblauchpaste werden zwei bis drei Knoblauchzehen mit derselben Menge Ingwer und zweieinhalb Esslöffeln Wasser püriert.

Zwiebeln schälen und in dünne Streifen schneiden.



Das Lammfleisch sollte in jedem Fall durchwachsen sein. Überschüssiges Fett und Sehnen entfernen wir aber. In drei Zentimeter große Würfel schneiden.


100 Millilter Öl - traditionell am ehesten Senföl - oder Butterschmalz in einem Wok, beziehungsweise tiefen Topf erhitzen. Zimtrinden, beide Kardamomsorten, Pfefferkörner, Nelken und Kalpasi kurz unter Rühren anbraten.


Dann die Zwiebeln hinzufügen.


Unter Rühren braten, bis die Zwiebeln wirklich goldgelb sind. Das dauert und man sollte den Prozess auch nicht beschleunigen. 

Natürlich kann man auch alle Zutaten in einen Schnellkochtopf werfen und wird sicherlich auch etwas leckeres fabrizieren. Ich finde aber gerade bei diesen Gerichten muss man sich die Zeit nehmen und die verschiedenen Aromen sozusagen schichtweise ins Gericht bringen. Ich bin Anglist, mir fehlt hier gerade der deutsche Ausdruck für "different layers of flavor". Gemeint ist, dass man einer Geschmackskomponente Zeit gibt sich zu entfalten, bevor die nächste hinzukommt. 


Sind die Zwiebeln braun, kommt das Fleisch hinzu und wird etwa fünf Minuten bei mittlerer Hitze mitgebraten. Wir können jetzt schon mal den Esslöffel Salz hinzufügen.


Ich habe für den Wok keine Deckel, also nehme ich stattdessen meine Paellapfanne und gare das Ganze die nächsten fünf Minuten abgedeckt auf kleinerer Flamme. 


Nun können die gemahlenen Gewürze und die Ingwer-Knoblauchpaste dazu. Auch hier kurz mitbraten, dann wieder fünf Minute bedeckt simmern lassen - es ist ein ewiger Tanz zwischen hoher und niedriger Temperatur. 


Tomatensauce und Garam Masala unterrühren, weitere fünf Minuten abgedeckt garen lassen.


Dann etwas einen Liter Wasser angießen.


Bei starker Hitze aufkochen lassen, dann abgedeckt auf kleiner Flamme köcheln lassen, bis das Fleisch zart ist. Das hat bei mir etwa 40 Minuten gedauert.


Ratan Jot in eine hitzebeständige kleine Schale legen.Gute Esslöffel Ghee oder Butterschmalz stark erhitzen und über die Wurzel gießen. Fünf Minuten stehen lassen, das Fett färbt sich nun intensiv rot.

Alternativ wird auch die Blüte einer Art des Brandschopfs (Celosia) in Wasser aufgekocht - das färbt auch sehr schön. Diese Zutat muss ich aber erst noch auftreiben. 


Die rote Flüssigkeit durch ein Sieb zum Gericht geben, abschmecken, alles vom Feuer nehmen und am besten abgedeckt etwa eine Stunde ruhen lassen.


Ich mache Basmatireis dazu. Hier gebe ich noch drei grüne Kardamomkapseln, ein Stück Zimtrinde und etwas Kurkuma ans Kochwasser. 


Die Natur ist so was von praktisch: nach dem Garen liegen unsere Gewürze brav oben auf, selbst wenn wir sie vor dem Kochen unter den Reis gerührt haben sollten.


Damit man nicht auf Nelken und Kardamom herumkauen muss, wird das Ganze in Restaurants dann noch mal passiert. Die Flüssigkeit wird dabei natürlich aufgefangen, um die geht es hier ja schließlich. Wazwan-Style Rogan Josh hat ohnehin keine dickliche Sauce. Die Fleischstücke ebenfalls beiseite legen.


Fleischstücke in der passierten Sauce wiedererhitzen, dann in eine Schale geben - man beachte die Farbe und den schönen öligen Glanz.

Das ist schon Wahnsinn - Fleisch, so zart, wie es nur Lamm sein kann, ohne zu faserigem Brei zu verkochen. Eine Sauce, die viel Oomph hat, ohne das übertriebene Schärfe alles erschlagen würde  


Rogan Josh ist pikant-würzig, aber nicht übermäßig scharf. Mit Reis ist das dann noch milder und geschmeidiger. Wenn es mir obläge, die leckersten Lammgerichte der Welt zu wählen, dies hier wäre ganz, ganz, ganz weit vorne.
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Flashback:


Heute vor zwei Jahren: School's Out For Summer 2017  

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