Während Gattin und Sous-Chefin bei hoffentlich stabilem Wetter ein Open-Air-Konzert in Hannover besuchen, habe ich freie Bahn in der Küche und kann mich einem Projekt widmen, das ich schon länger auf meiner Liste habe. Ich liebe ja bekannterweise die Küche des indischen Subkontinents. Auf der immerwährenden Suche nach möglichst authentischen Rezepten stößt man irgendwann einmal unweigerlich auf Rogan Josh, ein traditionell feuerrotes Lammcurry, das für die Regionen Punjab und Kashmir typisch ist. Leider ist es auch eine Art kulinarische Manifestation des tiefen Grabens, der zwischen Hindus und Moslems verläuft. Beide Seiten beanspruchen das Gericht für sich, beide Seiten bereiten es grundsätzlich anders zu und auf beiden Seiten gibt es verwirrte Vertreter, die ihren Hass auf die anderen sogar in Kochforen tragen, sobald eine Version gezeigt wird, die ihnen nicht zusagt. Das ist schade, soll uns aber nicht beirren. Ich werde beide Versionen testen, anfangen möchte ich mit der sogenannten Pandit-Version, also die, der Brahmanen aus den Regionen Punjab und Kashmir.
Brahmanen sind eine Gelehrten- und Priesterkaste, die eine herausragende Stellung in der hinduistischen Gesellschaft einnehmen. Normalerweise leben sie vegetarisch, in Kashmir und Punjab jedoch nicht zwingend, deshalb ist dieses Curry mit Lamm auch kein Problem. Man verzichtet aber auf Knoblauch, Zwiebeln und Tomaten, demzufolge sind diese Zutaten auch bei mir heute nicht zu finden. Hier hätten wir - ohne zuviel vorwegnehmen zu wollen - schon mal einen Hauptunterschied zum Rezept der moslemischen Bevölkerung.
Seinen Ursprung hat das Gericht übrigens wohl in Persien und wurde von den Mogulherrschern ins Land gebracht. Der Wortteil Rogan könnte von derselben indogermanischen Wurzel stammen, wie rouge, rosso oder rojo.
Seinen Ursprung hat das Gericht übrigens wohl in Persien und wurde von den Mogulherrschern ins Land gebracht. Der Wortteil Rogan könnte von derselben indogermanischen Wurzel stammen, wie rouge, rosso oder rojo.
Ich bin allein, also mache ich eine Probeportion (mit etwas Nachschlag):
- 4 EL Joghurt
Gemahlene Gewürze (Teller links):
- 1/2 EL Ingwerpulver
- 1/4 TL Hing (Asant, Asafoetida oder auch Teufelsdreck genannt)
- 1/2 TL Kurkuma
- 1 EL Kashmiri-Chilipulver (oder scharfes Paprikapulver)
In Indien nimmt man statt Pulver auch gerne getrocknete Kashmir-Chilies, die man aufgeschnitten über Nacht in Wasser einweicht und dann zu einer Paste zerstößt.
Ganze Gewürze:
- 1 Stück Ratan Jot (siehe unten)
- 1 EL Kreuzkümmelsamen
- 1 EL Fenchelsamen
- 5 Nelken
- 4 grüne Kardamomkapseln
- 2 braune Kardamomkapseln
- 1/2 TL schwarze Pfefferkörner
- 1 Lorbeerblatt
- 1 Zimtstange
- 300 g Lammfleisch am besten mit Knochen, hier aus der Schulter
Außerdem:
- Salz
- Öl oder Ghee/Butterschmalz
Ratan Jot ist die Wurzel des Schminkwurz, aus der Familie der Alkanna. Sieht ein wenig nach Rindenmulch aus, riecht auch genauso erdig. Richtig angewendet jedoch, gibt er eine wahnsinnig rote Farbe ab. Die Hindus sagen diesem Gewächs auch eine antibakterielle Wirkung zu.
Legt man das Teil in Wasser ein, passiert ... nichts. Kippt man aber heißes Öl - hier etwa 100 Milliliter - über die Wurzel, kann man in sekundenschnelle das färbende Potential des unansehnlichen Gestrüpps erkennen. Vor Jahren wäre ich vermutlich an der Beschaffung dieses Gewächses gescheitert, heutzutage macht das Internet aber (fast) alles möglich.
Zunächst mahle ich Nelken, Pfefferkörner und je die Hälfte des Fenchels und des Kreuzkümmels klein. Das ist jetzt so eine Art Masala.
Zum Braten nehme ich Senföl. Das sollte einmal kurz bis zum Rauchpunkt erhitzt werden und darf dann wieder etwas abkühlen. Die ganzen Gewürze hinzufügen und rühren, bis es duftet. Es soll dabei aber nichts verbrennen.
Nun darf das Fleisch, dass mir mein türkischer Metzger dankenswerter Weise in Portionsgrößen gesägt hat, von allen Seiten angebräunt werden. Wir können schon mal das Hing hinzufügen.
Die restlichen Gewürze und einen halben Teelöffel Salz hinzufügen und kurz mit anschwitzen.
Wenn es duftet und das Fleisch schön ummantelt ist, gießen wir genug Wasser an, so dass alles leicht bedeckt ist.
Den Joghurt können wir auch schon mal unterrühren. Nun lassen wir das Ganze aufkochen und eine halbe Stunde abgedeckt köcheln. Dabei rühren wir hin und wieder mal um, damit nichts am Boden ansetzt.
Nach dreißig Minuten gießen wir etwas von dem Ratan Jot-Öl zum Essen. Ist das eine tolle Farbe oder ist das eine tolle Farbe?`
Der Deckel kommt nun wieder auf den Topf und das Rogan Josh darf eine weitere halbe Stunde köcheln. Auch hier empfiehlt sich gelegentliches Rühren. Droht das Curry anzubrennen, fügen wir etwas mehr Wasser hinzu.
Das Fleisch sollte nun zart sein.
Das Fleisch sollte nun zart sein.
Schnell noch etwas Reis - aromatisiert mit grünem Kardamom, Zimt und etwas Kurkuma - gekocht.
Brot darf auch nicht fehlen. Diesmal eine Art Chapati. Für vier Fladen:
- 150 g Vollkornweizenmehl
- 80 g Wasser
- 1/4 TL Salz
- 1 TL Öl
Verkneten und dreißig Minuten abgedeckt quellen lassen.
Vier Fladen ausrollen und in einer schweren Pfanne trocken backen. In ein Handtuch einschlagen und bis zum Essen warm halten.
Fertig - und das duftet!
Noch mal: diese Farbe! Und der Duft! Aber der Geschmack erst - mir fehlen die Worte, so genial schmeckt das. Das oben aufschwimmende Öl muss man übrigens nicht mitessen. Man lässt es einfach vom Löffel zurück in die Schüssel fließen, wenn es einem zu viel erscheint.
Ich weiß nicht, ob die Brahmanen Koriander essen, ich finde er gehört dazu.
Zartes Fleisch mit sämiger Sauce - das Öl habe ich, wie gesagt, weitgehend in der Schale gelassen - schön würzig-pikant, dazu duftender Reis, einfach großartig. Ich bin schon mal auf den baldigen (friedlichen) Vergleich mit der Moslem-Version gespannt.
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Flashback:
Heute vor einem Jahr: Hähnchenschenkel in Chili-Biermarinade
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