Sonntag, 19. Januar 2020

Shepherd's Pie


Die Küche der Britischen Inseln steht hierzulande leider immer noch in keinem guten Ruf, eine Sichtweise, die allerdings auf Gegenseitigkeit beruht. Starköche wie Jamie Oliver und Gordon Ramsay stehen zwar auch bei uns hoch im Kurs, davon abgesehen denkt man wohl, wenn es um die Essgewohnheiten unserer angelsächsisch und gälischen Nachbarn geht, zunächst an allerlei Frittiertes, pappige Sandwiches und ungewürzte, salzarme Speisen. In jedem Klischee steckt natürlich auch immer ein Körnchen Wahrheit und es gibt auf den Inseln sicherlich auch schlechtes Essen, allerdings nicht mehr, als zum Beispiel in Frankreich, Spanien, Italien oder bei uns. 



Ein guter Beweis für leckere, bodenständige Küche der Inseln sind Pies. Die gibt es als Teigversion (pasty) oder eben auch in Form von überbackenen Aufläufen. Für letzteres ist unsere Shepherd's Pie ein gutes Beispiel. Dieser "Schäferkuchen" wird traditionell mit Lammhackfleisch hergestellt. Die sogenannte Cottage Pie ist ihr ebenso schmackhaftes Geschwisterkind aus Rinderhack, wobei diese begriffliche Unterscheidung erst im 20. Jahrhundert aufkam.

Shepherd's Pie ist sowohl im Vereinigten Königreich, als auch in Irland äußerst beliebt. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der gälische Name des Gerichts pióg an aoire ist.


Die Shepherd's Pie besteht aus zwei Komponenten, einem Hackfleischragout als Basis und einer Kartoffelkäsehaube. Beginnen wir mit dem ersteren. Dazu brauchen wir:
  • 500 Lammhackfleisch, nicht zu mager
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Zwiebel
  • 2 Karotten
  • 1 - 2 Zweige Rosmarin
  • 1 - 2 Zweige Thymian
  • 1 guter EL Tomatenmark
  • 1 EL Mehl
  • 60 ml Rotwein
  • 100 ml Fleischbrühe 
  • Olivenöl
Wein, Olivenöl und Kräuter sind ein leicht mediterraner Twist, passen aber doch recht gut. Wer es einfacher möchte, lässt diese Zutaten weg. Selbst die Brühe kann durch Wasser ersetzt werden, da Lamm ja an sich schon kräftig im Geschmack ist. Meine Version mag also vielleicht nicht klassisch gälisch sein, sie schmeckt aber lecker und steht ein wenig für die Modernisierung der Insel-Küche.   


Rosmarinnadeln und Thymianblättchen fein hacken. Zwiebel, Karotte und Knoblauch schälen, dann entweder fein reiben oder einfacherweise in einer Küchenmaschine klein häckseln.


Das Hackfleisch in Olivenöl krümelig braten. Ruhig schon mal salzen und pfeffern. Tritt Wasser aus, braten wir weiter, bis dieses komplett verkocht ist und das Fleisch wieder brutzelt.


Haben wir eine schöne Röstung erreicht, geben wir Kräuter, Karotten, Zwiebel und Knoblauch dazu. Da diese Gemüse ganz fein sind, braucht es nur ganz kurz.


Tomatenmark und Mehl mitanrösten.


Ein kräftiger Schluck Rotwein dient zum Ablöschen.



Nachdem der Wein verkocht ist, geben wir die Brühe und die Erbsen dazu.

Zwanzig Minute bei geringer Hitze simmern lassen, um den Mehlgeschmack herauszukochen. Gelegentlich rühren, bei Bedarf mehr Brühe angießen. Vorsicht, am Ende soll ein eher festes und keinesfalls flüssiges Ragout entstehen.


Die Masse dann in eine 90er-Jahre Auflaufform geben, die zwar hässlich wie die Nacht ist, ihren Dienst aber immer noch tut. 


Kommen wir nun zur Kartoffelhaube. Ich habe hier:
  • 900 g mehligkochende Kartoffeln
  • 2 Eigelb
  • 2 EL Butter
  • 200 g Cheddar
  • Salz
  • Muskat
Mir wäre der gelbe Cheddar (mit Annatto gefärbt) lieber gewesen, but you can't always get what you want.

Kartoffeln schälen, in Salzwasser weich kochen, abgießen und zu Brei stampfen, beziehungsweise pressen. Wer statt einer Kartoffelkruste Tapetenkleister benötigt, benutzt hier den Pürierstab.

Butter, Eigelbe und 80 Gramm gerieben Käse unter die heißen Kartoffel mischen, mit Salz und Muskat abschmecken. Fertig. 


Den Kartoffelstampf nun löffelweise auf das Ragout geben.


Vorsichtig glattstreichen, so dass die Lagen sich nicht vermischen.


Klassisch raut man die Oberfläche nun mit einer Gabel etwas auf. 


Den restlichen Käse darüber geben und bei 200° C für zwanzig Minuten in den aufgeheizten Ofen stellen.  


So kann das dann aussehen. Vor dem Anschneiden etwas stehen lassen.


Portionen von Aufläufen zu fotografieren ist immer ein Horror. Trotzdem finde ich, dass das hier auch optisch Appetit auf ein Probehäppchen (oder zwei, sechs, zweiundzwanzig) macht.

Schmeckt das nun besser, als die Cottage Pie mit Rind? Ich finde ja, aber das ist Geschmackssache und man muss Lamm natürlich mögen. Rind schmeckt da deutlich milder. Interessanterweise hat die Gattin, die sonst kein Lammfleisch mag, 
kein Problem mit Lammhack. Vielleicht ist das ein Einstiegsrezept für Leute, die sich bisher nicht an Lamm getraut haben?
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Flashback:



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