Ja, es hat keinen Zweck mehr es zu leugnen, also muss ich es unumwunden zugeben: ich bin süchtig! Wonach? Die Antwort ist einfach: nach der Küche Sichuans. Für alle, die hier gelegentlich mitlesen, vielleicht keine allzugroße Überraschung, aber ich fühle mich besser, jetzt wo es raus ist. Besonders angetan hat es mir das sogenannte Má Là-Geschmacksprofil, welches das leicht elektrisierend-betäubende Prickeln der Sichuan-Pfefferbeere mit der Schärfe von Chili kombiniert. Hier habe ich mal so ein Gericht, dass auf dieser Schiene fährt: 红油抄手 (Hóng Yóu Chāo Shǒu) oder Wan Tans in Chiliöl. Das ist eine Geschmacksexplosion, die sich schwer in Worte fassen lässt. Was sich aber erzählen lässt, ist wie man dieses Gericht zubereitet. Das macht ihr dann natürlich auch nach und urteilt selbst.
Wann immer man den Geschmack von zum Beispiel Frühlingszwiebeln und Ingwer möchte, ohne Stücke derselben Gewächse im Essen zu haben, ist es keine schlachte Idee, eine Art "Tee" herzustellen. Dazu geben wir Frühlingszwiebeln und Ingwerscheiben (leicht angequetscht) in eine Schüssel, übergießen sie mit kochendem Wasser und lassen das Ganze dann handwarm abkühlen.
Ingwer und Frühlingszwiebelteile kräftig ausdrücken und entsorgen. Fertig ist unser "Tee". Davon brauchen wir später etwas für unsere Wan Tan-Füllung.
Auch nicht ganz unwichtig: Fleisch. Klassisch Schwein, aber auch die Verwendung von Huhn oder Rind sollten die chinesische Mauer nicht erzittern lassen. Ich habe auch noch eine vegetarische Füllung in der Hinterhand, die ich demnächst hier vorstellen werden. Grob gesagt besteht sie Shiitake, Karotte und Seidentofu, aber das muss ich vor Veröffentlichung noch optimieren. Hier habe ich Abschnitte aus der Bauchrippe. Da habe ich ein gutes Verhältnis von Fleisch und Fett. Ich muss zugeben, ich habe das nicht abgewogen, aber es ist eine urdentliche Handvoll Fleisch. 150 Gramm würde ich schätzen, aber das ist ohne Gewähr.
Das Fleisch wird nun mit einem chinesischen Beil zu Hack verarbeitet. Bei den Mengen lohnt der Fleischwolf nicht und außerdem macht das so viel mehr Spaß und man kann alle etwaigen Aggressionen wunderbar abbauen. Ihr nehmt aber fertiges Hackfleisch, wenn das für euch einfacher ist.
Hier habe ich noch zwölf Riesengarnelen ohen Panzer und geputzt. Die werden auch brutal zerkleinert.
Wir haben hier für etwas 24 Wan Tans (die Angabe ist ja auch nicht ganz unwichtig):
- Schweinehack
- Shrimphack
- 1 TL chinesischer Reiswein (Shaoxing)
- 1 TL helle chinesische Sojasauce
- 1 TL Speisestärke
- 1/2 TL Zucker
- 1 EL Ingwer-Zwiebelwasser
- Prise Salz
- Prise weißer Pfeffer
Alles gut vermengen. Nun kommt ein Funpart: Wir nehmen die Mischung in die Hand und schmeißen sie aus zwanzig Zentimeter Höhe zurück in die Schüssel. Das machen wir ungefähr acht Mal. Das Ziel ist hier, die Masse Luft herauszudrücken aus der Masse zu bekomen, sie besser zu verbinden und diesen gewissen leicht federnden Biss zu bekommen, den Chinesen so schätzen. Wir lassen die Paste nun kurz ruhen.
Hier nun die Sauce. Für mich der Knaller. Zunächst rösten wir einen halben Esslöffel Sichuanpfeffer trocken. Der wird dann gemörsert oder gemahlen.
Ein paar Sesamkörner getoastet schaden auch nicht.
- 3 EL Chiliöl
- 1 EL helle chinesische Sojasauce
- 1 TL dunkler chinesischer Essig (Chinkiang)
- 1/2 TL Sesamöl
- 2 TL Zucker
- Sichuanpfeffer (geröstet und gemahlen)
- Sesam (geröstet)
- 1 Knoblauchzehe (fein gehackt)
- 1 Frühlingszwiebel (weiße Teile in feine Ringe geschnitten)
- 1 TL Chiliflocken (oder mehr nach Wunsch)
- 4 EL Wasser (oder chinesische Brühe)
- Prise Salz
- Prise weißer Pfeffer
Alles vermischen. Als Chiliflocken eignet sich hier sehr gut koreanisches Gochugaru. Das ist einfacher zu bekommen als chinesische Facing Heaven Chilis, die man natürlich auch gerne fein mahlen darf. In China würd man da noch etwas MSG dazugeben und bei der Benutzung von Wasser etwas Hühnerbrühepulver. Muss jeder selbst wissen. Nötig ist das nicht.
Wan Tan-Hüllen habe ich auch schon oft selbst gemacht, hier aber gekaufte. Die sind so gut, dass man sich die Mühe nicht machen muss, das zu Hause zu machen. Es schadet aber auch nicht zu wissen, wie es geht. Teigscheibe am Rand mit Wasser bepinseln und etwas Füllung in die Mitte geben.
Zusammenklappen und fertig. Wenn man es optisch schöner will, machen wir noch solche Falten hinein. Lässt sich schwer beschreiben, aber es gibt auf YT viele Anleitungen, wie das geht. Technisch sind das so zwar eher Jiaozi (Gyoza), aber wir wollen jetzt keine Haare schalten. Spalten, meine ich natürlich.
Die Nudelpäckchen werden nun in kochendes Wasser gegeben Man kann Salz hinzufügen, aber das ist in China nicht üblich. Durch die Zugabe der Wan Tans kühlt das Wasser etwas ab. Wir warten nun, bis es wieder sprudelnd kocht und gießen etwas kaltes Wasser an, um es wieder herunterzukühlen. Wenn es dann erneut sprudelt, sollten die Teigtaschen fertig sein. Auf diese Weise haben wir durchgarte Pasta, die nicht zerfällt. Das kann man natürlich auch einfacher machen und wie normale Tortellini garen. Nun noch mit der Sauce vermischen und fertig ist ein Nudelgericht, für das Marco Polo die Seidenstraße zu Fuß und ohne Schuhe bis China gelaufen wäre. Ich finde diesen Geschmack umwerfend.
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Flashback:
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Heute vor einem Jahr: Schweinebauch auf Spitzkohlgemüse
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