Manchmal werde ich gefragt, was denn mein absolutes Lieblingsessen sei. Da muss ich dann immer mit einem schwammigen "Kommt darauf an" antworten. Die Frage ist auch nicht so einfach zu beantworten. Manchmal mag ich feine Sachen, dann gibt es wieder Tage, an denen ich etwas möchte, für das man nur einen Löffel braucht. Im Frühling sind andere Dinge angesagt, als im Herbst und mir ist auch nicht immer nach Fisch, nur weil gerade Freitag ist. Im Prinzip hängt die Antwort von Faktoren wie Tagesform, Jahreszeit, Temperatur, Niederschlagsmenge am Kongobecken, Wasserstand des Orinokos und dem Wechselkurs des neuseeländischen Pfunds ab.
Jetzt wo der ifo-Geschäftsklime-Index wieder gesunken ist es Herbst ist und es draußen ungemütlich wird, stehen Schmorgerichte wieder hoch im Kurs. Anlässlich einer routinemäßig durchgeführten Begehung der heimischen Gefrierkammern des Westerhäusischen Schlosses, habe ich ein schönes Stück Kalbsschulter gefunden, dass ich vor einiger Zeit beim Fleischer meines geringsten Misstrauens auf Verdacht erworben hatte. Genau das richtige, um ein Gericht norditalienischer Prägung daraus herzustellen. Dabei möchte ich mich nicht auf ein Gebiet festlegen und behaupten, es wäre toskanisch oder typisch für die Emilia Romagna. Letztlich ist ein normales Ragù oder Spezzatino und da ist das Prozedere fast immer dasselbe, obwohl man auch immer genug Spielraum hat, um es den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Keine Tomaten? Gut, dann weglassen. Rot- oder Weißwein? Was immer beliebt. Gar kein Wein? Meinetwegen. Thymian statt Rosmarin oder Pancetta an das soffritto? Bitte, nur zu. Anders als beim König der Ragùs, der Bolognese, gibt es hier keine tradierten Vorschriften, denen man folgen müsste.
Das Herz eines jeden norditalienischen Schmorgerichts ist das (eigentlich der) soffritto. Klassisch nehmen wir die italienische Dreifaltigkeit, bestehend Sellerie, Zwiebel und Karotte, hier noch um ein paar Kräuter (Rosmarin, Lorbeer, Oregano und Salbei) erweitert.
Ich brauche etwa:
- 2 kleine Zwiebeln
- 2 Karotten
- 2 Stängel Sellerie
- 2 Lorbeerblätter
- 1 Zweig Rosmarin
- 1 Zweig Oregano
- 1 Zweig Salbei
Zwiebeln und Möhren schälen, dann mit dem Sellerie in sehr kleine Würfel schneiden. Die Mengenverhältnisse sollten ausgewogen sein. Insgesamt brauchen wir etwa 80 Gramm oder vier gute Esslöffel von jedem Gemüse. Die Kräuter binden wir zu Strauß (bouquet garni), so lassen sie sich später wieder einfacher entfernen.
Desweiteren:
Desweiteren:
- 2 Knoblauchzehen
- 1 EL Tomatenmark
- 80 ml Wein (hier Weißwein)
- 200 ml heller Fleischfond
- 800 g geschälte Tomaten (Dose)
- Zucker
- Salz
- Pfeffer
- 1 Schuss Milch oder Sahne
- Olivenöl
- Butter
Und aus einer Laune heraus noch ein paar Champignons, die hier noch rumlagen.
Das ist die kalte Schulter Kalbsschulter, so rund 600 Gramm schwer. Der Zuschnitt stammt aus der vorderen Oberkeule. Ein kräftiger Muskel also, der Schmoren gut verträgt. Vor dem Garen müssen wir die Silberhaut, sowie einige grobe Sehnen entfernen. Der Fachmann spricht hier von parieren.
Dann schneiden wir das Fleisch in zwei bis drei Zentimeter große Würfel.
Sellerie, Möhre, Zwiebeln in Olivenöl und Butter anschwitzen, Kräuter schon mal dazugeben. Das Ganze sanft schmoren lassen. Wir wollen bei unserem soffritto keine Röstaromen, sondern nur die natürliche Stärke in den Gemüsen in Zucker umwandeln. Das dauert zwanzig bis dreißig Minuten, in denen man immer mal wieder rühren sollte.
Dann geben wir den Knoblauch (fein gehackt) und das Tomatenmark hinzu und schmoren es kurz mit.
Dann geben wir den Knoblauch (fein gehackt) und das Tomatenmark hinzu und schmoren es kurz mit.
In der Zwischenzeit braten wir das Fleisch in einer andere Pfanne von allen Seiten an. Dann mit Weißwein ablöschen, alle Rückstände vom Pfannenboden lösen und den Alkohol kurz einkochen lassen.
Fleisch zum sofritto mit Flüssigkeit geben und den Fond angießen.
Tomaten dazu und köcheln mindestens zwei Stunden sanft köcheln lassen, bis die Sauce schön andickt.
Pilze leicht salze und in Olivenöl schön anrösten.
Kurz vor Ende des Garvorgangs mit der Milch (oder Sahne) zum Ragù geben. Dann mit Salz, Pfeffer und, wenn nötig, Zucker abschmecken.
Dazu passen breite Nudeln gut. Ich habe hier Parpadelle. Die werden nach Packungsanweisung gekocht, abgegossen und sofort portionsweise mit etwas Flüssigkeit des Ragùs vermengt. So kann nichts zusammenkleben.
Polenta wäre auch sehr gut hierzu.
Polenta wäre auch sehr gut hierzu.
Nun noch mit Parmesan oder guten Grana bestreut servieren und hey presto! Da kann der Dax ruhig im Garten Löcher graben oder der Mississippi das Nachbargrundstück überfluten. Gerade jetzt, wo ich das esse, ist dies mein absolutes Lieblingsessen. Aber fragt mich morgen noch mal.
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Flashback:
Heute vor zwei Jahren: Plov
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