Freitag, 29. Januar 2021

Penne all'arrabbiata alla Ponte Alto


Auch wenn ich gemeinhin als passionierter Fleischesser bekannt bin, steht die vegetarische Pasta all'arrabbiata sehr oft auf bei uns auf dem dem Speisplan. Egal ob mit Spaghetti, Tortiglioni, Rigatoni oder klassisch mit Penne, diese Kombination aus fruchtiger Tomatensäure und leichter Schärfe der Peperoncini ist genial einfach, einfach genial und hat es uns angetan. Da verwundert es nicht, wenn auch dieses Gericht schon häufiger im Blog zu finden ist. Man kann hieran übrigens sehr gut sehen, wie auch ich jedes mal dazulerne. Die erste Version - sogar mit selbstgemachter Pasta - war, so muss ich heute sagen, weit vom Original entfernt. Ich habe damals Zwiebel und Knoblauch zusammen verwendet - in Italien eher unüblich, da nimmt man meist das eine oder das andere - und Pancetta. Das war also mehr eine Mischung aus Amatriciana und Arrabbiata. Das zweite Version erschien da schon deutlich authentischer. Nun bin ich aber auf ein Rezept gestoßen, das direkt aus der Heimat des Gerichts, Ponte Alto (Gemeinde Castel Sant'Angelo, Provinz Rieti, im Hinterland der Region Latium) stammt. Und es ist anders, als alle anderen Arrabbiata-Rezepte, die ich kenne. Das schreit ja geradezu danach, ausprobiert zu werden.


Vor genau einer Woche hat der YouTube-Kanal von Italia Squisita ein hoch interessantes Video hochgeladen, in dem die klassische Version der Arrabbiata mit der Gourmet-Variante des italienischen Sterne-Kochs Francesco Apreda verglichen wird. Mich interessiert hier vor allem das rustikale Gerichtt. Dieses wird im Video in einem seit dem schrecklichen Erdbeben 2016 verlassenem Kirchengarten an den Hängen des Monte Terminillo von zwei charmanten älteren Herren zubereitet. 


Die beiden, Alberto Tomassetti und Francesco Gregori, führen auch jährlich das piccantissima Sagra delle Penne all'Arrabbiata di Ponte Alto, das "scharfe Festival der Penne all'arrabbiata aus Ponte Alto", durch. Sie wissen also, was sie tun. Gregori sagt, er habe das Rezept seinerseits von Francesco Arcidiacono (an Francescos scheint es in dieser Geschichte nicht zu mangeln), bei dem er gelernt habe, bekommen und dass es seit 51 Jahren unverändert gut wäre. Das Gericht - der sogenannten cucina povera (historisch die schlichte Küche der einfachen, oft armen Leute) zugehörig - ist aber vermutlich noch älter und vielleicht tatsächlich als Abwandlung der Amatriciana irgendwann zu Beginn des 20ten Jahrhunderts entstanden. Wie so häufig liegen auch hier die Wurzeln im Dunklen. Ebenso wird vermutet, dass die Chili von Minenarbeiter aus Kalabrien in die Gegend gebracht wurde. 


Die beiden Historien-Köche bereiten einen großen Topf über offenem Feuer zu. Es werden keine Angaben gemacht, wie viele Portionen so zustande kommen. Aber da sich das Sugo sicher gut einfrieren lässt und es Blödsinn wäre, hier kleinere Portionen herzustellen, mache ich auch gleich mehr. Schadet ja nicht. Im Nachhinein kann ich sagen, dass diese Menge locker für 8 gute Portionen gereicht hätte.
  • 1125 g geschälte, ganze Tomaten (3 kleine Dosen oder 1,5 große)
  • 2 -3 Knoblauchzehen
  • 1 - 2 getrocknete Peperoncini (nach Belieben)
  • Salz
  • ein guter Schuss Olivenöl
Peperoncini sind im Schärfegrad alle verschieden und auch die persönliche Toleranzschwelle ist unterschiedlich. Das Gericht schmort aber lange, also kann man sich mit der Schärfe herantasten. Lieber erst mal vorsichtig sein, beim Abschmecken zwischendurch können die Schrauben immer noch angezogen werden. Entschärfen ist da schon deutlich schwerer.

Wer das unwahrscheinliche Glück hat, über Olivenöl aus Castel Sant'Angelo, Rieti zu verfügen, folgt Gregoris Rat und benutzt dies natürlich. Ein anderes gutes (!), vorzugsweise italienisches italienisches Extra Vergine tut es aber auch.


Tomasetti und Gregori sind hier eindeutig: es müssen ganze geschälte Tomaten sein, ausdrücklich keine stückigen Kollegen und auch kein Passata. Die gepellten Nachtschattengewächse werden nun mit der Hand zu Brei verarbeitet. Stückchen schaden da gar nicht, im Gegenteil sind sogar erwünscht. 


Bisher habe ich die gehackten Peperoncini und Knoblauch immer angebraten. Hier allerdings kommen alle Zutaten zunächst einmal in einen kalten Topf, inklusive Olivenöl und Salz.


Abgedeckt drei Stunden köcheln lassen, dabei zwischendurch immer mal wieder durchrühren und probieren. Zeit, zum Beispiel, sich mal wieder Fellinis Roma oder Das große Fressen von Marco Ferreri anzuschauen. Beides filmische Meisterwerke der frühen 1970ern, die auch der Arrabbiata ein cinematisches Denkmal gesetzt haben.


Der Tipp der beiden Herren: um final abzuschmecken, zum Ende der Garzeit ein Stück Brot in das Sugo tunken. Wenn das dann eine schöne, angenehme Schärfe transportiert, ist die Sauce fertig. Kleiner Tipp - aber bitte nicht Gregori und Tomassetti petzen - bei manchen Dosentomatensorten muss man mit ein wenig Zucker nachhelfen. 


Apropos fertig - unsere Penne haben wir nach Packungsanweisung gegart. Die kommen nun in eine Schüssel und werden mit etwas vom Sugo ordentlich vermischt. 


Petersilie und Käse sind hier nicht vorgesehen, wobei keiner davon sterben würde. Allgemein gilt die Empfehlung, auf jeden Fall Pecorino zu nehmen. Ist dieser nicht erhältlich, sollte man lieber ganz darauf verzichten. Dieses Foto entspricht also mehr meiner rebellischen Natur.


Schmeckt das jetzt anders und sogar besser, als meine bisherigen Varianten? Ja. Zum einen ist die Tomatensauce durch das lange Garen deutlich cremiger und geschmacksintensiver. Zum anderen ist es aber auch feiner, weil der Knoblauch nicht gebraten, sondern geschmort wurde. Das sind Nuancen, aber eben solche, die aus einem "sehr gut" ein "fantastisch" machen. Es ist schon unglaublich, was es doch für Optimierungsmöglichkeiten selbst bei so schlichten Gerichten gibt. Und natürlich mal wieder ein Beispiel für die eigentliche grandezza der cucina povera.
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Flashback:










Heute vor drei Jahren: Pilzcremesüppchen

8 Kommentare:

  1. Das macht mich jetzt dermaßen an, am liebsten hätte ich es heute gleich nachgekocht. Leider habe ich ausnahmsweise mal keine Dosentomaten im Haus, eine Schande. Dieses alles kalt in den Topf geben ist ja auch bei dem Sugo von Marcella Hazan so. Und kürzlich bereitete ich zum ersten Mal einen "Peposo" zu (bis dato nie davon gehört), da wurden die Fleischwürfel nicht angebraten. Alles einfach in den Topf und schmoren.
    Seit kurzem besitze ich einen Crockpot, der gut auf das zu Schmorende achtgibt. Dem werde ich auf die Arrabiata anvertrauen.

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    1. Hier ist wirklich die Qualität der Tomaten ausschlaggebend. Ich wünsche dir gutes Gelingen!

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  2. Nachgekocht und für gut befunden!

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  3. Schöner Bericht! Ich kenne das Video doch erst nach lesen deines Berichts werde ich das Rezept nun auf jeden Fall nachkochen!

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