Donnerstag, 2. Juni 2022

Black Pepper Beef - Rind mit Pfeffersauce

Auch wenn die Situation in Hongkong momentan alles andere als beruhigend ist, war die Stadt doch stets ein Schmelztiegel, offen für Einflüsse von überall. Zu Zeiten der Zugehörigkeit zur Britischen Krone galt die Insel als Zufluchtsort für viele Festlandchinesen aus allen möglichen Regionen. Deren Kulturen und  - für uns hier in erster Linie interessant - Küchen trafen dort auf europäische Einflüsse sowie auf andere, aus ganz Asien. Auch nach Übergang in die chinesische Staatshoheit im Jahre 1997 sorgte die "Ein Land, zwei Systeme-Politik" zunächst für Freiheiten, von denen man im Mutterland nur träumen durfte. Ob das auch in Zukunft so sein wird, ist ungewiss, aber eins ist sicher: kulinarisch hat Hongkong das Bild der chinesischen Küche im Westen nachhaltig geprägt. 


Genauso wie wir gerne chinesisch essen gehen, haben auch die Menschen in China Interesse an "westlichem Essen". Bereits Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in Hongkong die sogenannte Cha Chaan Tengs (茶餐廳, "Tee Restaurants), in denen man westliche Gerichte zu erschwinglichen Preisen essen konnte, die vermutlich genauso authentisch westlich waren, wie das süß-saure Hühnchen, das wir auf 18,50 € All-You-Can-Eat-Büffets beim "Goldenen Lotos" um die Ecke bekommen. Ein zeitgenössisches Cha Chaan Teng-Gericht ist zum Beispiel mit Käse überbackener Meeresfrüchtereis. Ein jahrzehntealter Klassiker hingegen Steak mit Pfeffersauce, das scheinbar für unser Black Pepper Beef Pate gestanden hat und es "zurück" in die chinesische Küche brachte. Im Westen betrachtet man es deshalb zurecht als originär chinesisch, während man im Reich der Mitte eher von einem westlich beeinflussten Gericht sprechen würde. Die Wahrheit liegt wohl irgendwie in der Mitte.


Zunächst brauchen wir eine Pfeffersauce. Die kann man in fertig in Gläsern kaufen oder einfach Schwarze-Bohnen-Sauce mit ordentlich gemahlenem schwarzem Pfeffer abschmecken. Am besten ist sie aber selbstgemacht und dafür füge ich ein Rezept am Ende bei. 


Was brauchen wir für drei Portionen?
  • 2 chinesische Knoblauchknollen (Monoknoblauch) oder vier Zehen normaler
  • 2 cm Ingwer
  • 1/2 grüne große Paprika
  • 1/2 große rote Paprika
  • 1 Zwiebel (auf dem Bild ohne Erlaubnis absent)
  • 1 Bund Frühlingszwiebeln
  • 2 EL chinesischer Reiswein (Shaoxing)
  • 2 EL Pfeffersauce
  • 1 EL dunkle chinesische Sojasauce
  • 1/2 TL Speisestärke
  • Öl

Als Fleisch brauchen wir bei enem Beef-Gericht natürlich Rind, am besten Steakfleisch. Ich habe hier ein gutes Entrecôte, es geht aber auch mit weniger "wertvollen" Zuschnitten.
  • 500 g Steakfleisch
  • 2 EL chinesischer Reiswein (Shaoxing)
  • 2 EL Wasser
  • 1 EL dunkle chinesische Sojasauce
  • 1/2 TL Salz
  • 1/2 TL Zucker
  • 1/4 TL Natriumcarbonat (Waschsoda), Natron oder Backpulver
Das Fleisch quer zur Faser in dünne Streifen schneiden, mit den anderen zutaten gut vermengen und zwanzig Minuten stehen lassen. Das Waschsoda, das natürlich lebensmitteltauglich ist, dient dazu, das Fleisch zart zu machen. Bei Entrecôte eigentlich nicht nötig, so als Tipp aber sicher nicht verkehrt zu wissen.


Das Gemüse schneiden wir, wie oben zu sehen. Den Knoblauch pellen wir und hacken ihn klein. Ebenso den Ingwer. Der wird eigentlich in dünnen Scheiben dazugegeben, aber wie das so ist: die Familie liebt den Geschmack der Knolle, mag aber nicht gerne auf dessen Stücken herumkauen.


Unsere Pfeffersauce  verrühren wir mit 60 ml Wasser.


In China lässt man Fleisch vor dem Woken gerne einmal "durchs Öl gehen", das heißt, es wird ein paar Sekunden lang frittiert. Dann wird das überschüssige Fett abgegossen (meist für später aufbewahrt) und das Fleisch dann pfannengerührt. Man kann auch direkt losbraten, aber durch diese Methode wird es noch aromatischer und zarter.


Knoblauch und Ingwer im verbleiben Öl kurz anbraten. 


Dann das Gemüse dazugeben und bei hoher Hitze kurz pfannenbraten. Das Fleisch kommt dann ebenso ins Bratgerät und wird auch ein paar Runden mitgerührt. Mit Reiswein ablöschen, Pfeffersauce und dunkle Sojasauce angießen und mit etwas in Wasser aufgelösten Speisestärke abbinden. Zum Schluss noch mal eine Esslöffel Öl dazugeben. Heiß zu Reis servieren.


Ich habe es hier noch ganz authentisch in der knallheiß vorgeheizten chinesischen Brutzelform serviert. Der aufsteigenden Dampf zeigt, wie schön das zischt, wenn heiße Sauce und ultraheiße Platte aufeinander treffen.


Und es brutzelt noch ordentlich nach und sorgt für eine schöne zusätzliche, fast karamellige Geschmacksnuance. Das Fleisch ist superzart, die Gemüse noch mit Biss und die Sauce hat eine interessante Pfefferschärfe.  Anders als bei Chili, das eher in den Hals ragt oder Wasabi, der in Nase steigt, bleibt diese auf der Zunge und lässt erahnen, wie scharfe asiatische Küche geschmeckt haben muss, bevor Chili nach der Entdeckung Amerikas dorthin gelangte. Im Netz wird das Gericht übrigens oft als aus Sichuan stammend angepriesen. Es mag Einflüsse geben, denn auch Leute von dort fanden sich in Hongkong wieder, aber vom Charakter her ist es nicht wirklich Sichuan-Style.   


Hier noch ein Rezept für die Pfeffersauce. Das verdanke ich, wie das Gesamtrezept, dem grandiosen YouTube-Kanal von Chinese Cooking Demystified. Für alle, die Englisch können the place to go, der Rest hat ja mich.
  • 1 Zwiebel
  • 2 Schalotten
  • chinesische Knoblauchknollen (Monoknoblauch) oder vier Zehen normaler
  • 1 milde rote Chili
  • 50 g schwarze Pfefferkörner
  • 15 g schwarze Bohnen (fermentierte Sojabohnen; Douchi)
  • 1 El Austernsauce
  • 1 EL helle chinesische Sojasauce
  • 1 TL Salz
  • 1 TL Zucker
  • Öl
In China würde man noch einen Teelöffel Glutamat (MSG) hinzufügen. Ob ihr das auch macht, ist eure Sache.

Zwiebeln und Schalotten pellen, Chili entkernen. Knoblauch abziehen  Alles getrennt fein würfeln.


Fünfzig Gramm Pfefferkörner sind eine ganze Menge. Ich würde empfehlen, erst einmal vorsichtig mit der Hälfte zu beginnen. Wenn die Paste am Ende nicht pfeffrig genug sein sollte, kann man immer noch mehr frisch gemahlene und ein paar Sekunden in einer heißen Pfanne trocken angetoastete Körner untermischen. Aber egal wie viel wir nehmen, es muss wirklich frisch gemahlen sein, um das volle Aroma zu entfalten. Ein Grund, warum selbst gemachte frische Pasten besser sind als solche, die im Glas dank Konservierungsstoffen und ähnlichem viele Jahre haltbar sind.


Auch die Bohnen werden fein gemahlen oder gemörsert.


Gemüse schrittweise in Öl andünsten. Erst Zwiebeln, dann Schalotten, gefolgt von Knoblauch und schließlich rotem Chili ins Fett geben.


Gemahlene Bohnen hinzufügen und rühren, bis es duftet.


Gemahlenen Pfeffer einstreuen, dann Austern- und Sojasauce unterheben. Kurz anschwitzen lassen.


Mit 150 Milliliter Wasser aufgießen und langsam einkochen lassen.


Hat die Sauce eine pastöse Konsistenz erreicht, kommen Zucker, Salz und optional MSG zum Einsatz.


In ein steriles Glas füllen und fertig. Wie lange das hält, weiß ich nicht aber ich danke mal, wenn man zum Entnehmen saubere Löffel benutze, sollte das schon ein paar Wochen im Kühlschrank überleben. Vielleicht finde ich ja noch ein paar andere Rezepte, in denen diese Sauce zur Anwendung kommt.
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Flashback: 










2 Kommentare:

  1. Hmm. Klingt lecker und ist superschlüssig, das Rezept. Kann man einfach so ohne groß nachzulesen verwenden.
    ( Außer vielleicht die selber gemachte Pfeffersauce..)
    Aber: Fraaage:?
    Natriumcarbonat? Was bringts? Hab keinen blassen Schimmer.
    Zum zart marinieren hatte ich immer Reismehl oder halt andere Speisestärke benutzt. Klappt.
    Aber ich verwende auch nur selten Rindfleisch - möglicherweise braucht man das Na-dings dann hierbei?

    Mir persönlich ist bei Rind die Preis-Geschmack-Ökobilanz irgendwie ungünstig, aber das ist nicht entscheidend.
    Bin ja kein Ernährungsfundamentalist. Nönö.
    Ich mag Rind eigentlich echt nur in Brühe oder geschmort in Rotwein oder so, ein medium-rare Steak kann mich
    echt nicht verlocken. Lang lebe der ordinäre Schweinebauch!!

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    1. Rind mag ich allen Formen, allerdings achte ich darauf, möglichst Fleisch von Tieren aus heimischer Aufzucht zu kaufen. Das lässt die Ökobilanz deutlich günstiger ausfallen.

      Das Natriumcarbonat (oder ersatzweise Natron) lässt das Eiweiß im Fleisch denaturieren, dadurch wird das es zarter (Proteolyse).

      Schweinebauch ist natürlich was Feines. Gibt es heute bei mir vom Grill.

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