Mein Name ist Lars und ich bin Gefahrensucher. Ich bin ständig auf der Pirsch nach einem neuen Kick. Mit Nitroglycerin-Kanistern jonglieren, den Füllstand des Tanks mit einer brennenden Kerze überprüfen, Blutwurstbehangen in Haifischbecken tauchen oder auf Minenfeldern stepptanzen - alles mittlerweile langweilig. Es gibt nur noch eine Sache auf dieser Welt, die mir so richtig das Adrenalin durch die Adern pumpt und gefährlicher geht es tatsächlich kaum: österreichische Gerichte nachkochen und diese dann der Öffentlichkeit präsentieren. Mehr Nervenkitzel wirst du in dieser Galaxie nicht erfahren, kein Thrill ist vergleichbar mit dem Moment, wenn ein wütender Alpen-Mob dir mit Linealen am Monitor ausmisst, dass die Stücke für dein Saftgulasch einen halben Zentimeter zu klein geschnitten sind, das Schnitzel um 10^−34 Lumen zu hell gebacken wurde und man Feldsalat mit Kartoffeln generell nur an ungeraden Tagen des Aprils innerhalb eines Schaltjahres isst, aber nur, wenn der zweite Vorname deines Onkels mütterlicherseits Alois ist. Da kann man nur verlieren und ich kenne keine andere Nation, die so humorbefreit ist, wenn es um "ihre" Küche geht. Aber egal, ich lerne ja nicht dazu, rüttle heuer kräftig am Watsch'nbaum, mache steirischen Backhendlsalat und vertraue auf den Schutz durch die UN.
So wie ich das verstehe, wird diese Backhendl-Variante auf einem Salatbett serviert, daher der Name des Gerichts. Da können auch Kartoffeln Erdäpfel enthalten sein. Hier habe ich schon mal welche als Pellkartoffeln vorgekocht.
Außerdem scheinbar ein Muss: Feldsalat Vogler Vogerlsalat.
Der Salat soll für vier Personen reichen. Ich kümmere mich nun um das Dressing, deshalb verrühre ich hier:
- 4 EL Kürbiskernöl
- 2 EL Apfelessig
- 1,5 EL süßen Senf
- Salz
- Pfeffer
Vermutlich führt der süße Senf schon zum ersten Mimimi, man kann auch Normalen Senf und Zucker verwenden. Nach Wunsch können da auch noch Knoblauch und/oder Kräuter mit rein. Egal wie, wir verrühren das Dressing und schmecken ab. Es sollte eine leichte Säure und dezente Süße vorhanden sein, das Nussige des Öls - im Idealfall nimmt man natürlich steirisches Kernöl - muss aber im Vordergrund stehen.
Die entbeinten Oberkeulen werden nun längs halbiert und rundum gesalzen. Manche geben noch ein paar Tropfen Zitronensaft dazu.
Jetzt wird ganz klassisch paniert. Erst in Mehl wenden, leicht abklpopfen ...
... und in locker verschlagenes Ei (gerne mit einem Schuss Sahne vermischt) verwenden. Manche salzen das Ei auch noch leicht oder geben etwas frisch geriebenen Meerrettich an Kren dazu. Die Eier, so muss ich zugeben, kommen allerdings nicht aus der St.Eiermark, sondern vom Bauern aus dem Nachbardorf. Aber der kennt bestimmt jemand, der wen kennt, der schon mal in Österreich war.
Zu guter Letzt die Stücke in Semmelbröseln wenden. Die Panierung Das Die Panier dabei nicht zu fest andrücken. Dann wie ein Schnitzel am besten schwimmend goldbraun ausbacken.
Ich habe die Fett-Fritteuse genommen, weil ich gerade noch eine Ladung Öl am Start hatte, die noch gut war. Das sieht jetzt noch etwas blass aus, aber ich frittiere doppelt. Das hier ist das Resultat nach dem ersten Durchgang bei 150° C. Farbe bekommt es dann nach ein paar Minuten bei 180° C. Man kann trotzdem sehen, dass das die Panier schön souffliert ist.
Um den Salat zusammenzubauen, legen wir die ein paar Erdäpfel - gepellt und in Scheiben geschnitten - auf einen Teller, geben den Salat darüber und fügen nach Wunsch noch ein paar Cocktailtomaten und Gurkenscheiben dazu. Dann kommt Dressing darüber. Man kann Salat und Knolle natürlich auch vor dem Anrichten schon mal in der Sauce ziehen lassen, dann ist der Geschmack vermutlich intensiver. Werde ich nächstes Mal so machen. Ich habe hier übrigens noch etwas Schnittlauch dazugegeben.
Wir erinnern uns: es waren sechs Oberkeulen, die jeweils halbiert wurden. Wir haben also insgesamt zwölf Stücke zur Verfügung. Bei angestrebten vier Portionen macht das dann drei panierte Stücke pro Teller.
Für eine leichtere Variante brate ich einfach ein paar Hendlbruststreifen an.
Das ist der Grund, warum ich lieber Schenkelfleisch nehme. Es bleibt saftiger, hat mehr Geschmack und wird in der Knusperhülle auch richtig zart. Insgesamt gefällt mir das Zusammenspiele der Komponenten sehr. Trotz der Panierung ist das, was ich als leichtes Terrassengericht einstufen würde - und mal ganz ehrlich, wird liebt nicht Knuspriges mit süß-saurer Sauce mit etwas gutem Salat dazu? Dann noch dieser Kick vom Kernöl - fantastisch. Soll die Alpenwelt ruhig meckern, dass ich wieder alles falsch gemacht habe und mich zur Persona non grata erklären - mir
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Heute vor einem Jahr: Fenchel-Confit
Hallo Lars, da hast Du vollkommen Recht. Unseren Wiener Freunden dreht es zum Beispiel bei Sauce auf dem Schnitzel den Magen um und sie werden auch nicht müde, Dir das bei jedem Jägerschnitzel zu sagen. Überhaupt Sauce, die braucht´s ned. Aber ich kann jetzt auch mal klugscheißen, es ist der Vogerlsalat und nicht Vogler und die Umhüllung aka Panier ist weiblicher Natur. Trotzdem liebe ich die Küche unserer Nachbarn und Dein Backhendl sieht aus wie im Schanigarten, mir läuft das Wasser im Mund zusammen und die Sehnsucht nach Wien ist zack wieder da. Liebe Grüße, Tanja
AntwortenLöschenIrgendwas ist ja immer. Und ich hatte extra nachgeschlagen und herausgefunden, das "Panier" sächlich ist, aber vermutlich gilt in Austria ein anderer Duden. Da bekommt man ja Pillefüße.
LöschenEin wenig darf sich das deutsche Deutsch vom österreichischen Deutsch durchaus unterscheiden dürfen. Bei uns ist es zb. auch nicht die Cola, sondern das Cola!
LöschenAber das macht es doch liebenswert, oder nicht?
Zurück zu deinem Rezept: Hühnerschenkeln sind in der Tat immer saftiger und äußerst geeignet für diese Salatvariation!
Als "waschechte" Steirerin danke ich dir dafür!
Bitte was sind Pillefüße? :)
LöschenDanke für das Lob.
LöschenUnd "Pillefüße" ist Ruhrpott-Deutsch und bedeutet "kleine" oder "Kinderfüße". Das ist (oder war) der Untertitel von Tanja Pranges (siehe oben) lesenswerter Blog: Greenway36 - der Blog mit den Pillefüßen"
LöschenDanke für das Lob und die Werbung, lieber Lars. In der Tat sind es kleine Füße, die ich in Wirklichkeit bei 41 gar nicht habe. Aber sie spiegelten sich bei einem Instabild in der Schüssel der Küchenmaschine verzerrt und so war der Name geboren. Ich liebe die die Unterschiede in unserem Deutsch, am Weg sein statt auf dem Weg und die ganzen besonderen Wörter. Ach, ich muß dringend wieder nach Wien.
LöschenHabt einen schönen Abend, liebe Grüße… Tanja
Zunächst muss ich darauf hinweisen, dass ich den Dativ sehr wohl beherrsche und es da oben "lesenswerten" heißen muss. Wurstfinger am Smartphone und keine Editierfunktion, na toll. Das ändert aber nichts an der inhaltlichen Richtigkeit meiner Aussage bezüglich deines Blogs.
LöschenHier im Weserbergland habe ich den Begriff "Pillefüße" selten gehört. Ich kenne da nur Pille für einen Fußball, Pillepalle für eine unwichtige Kleinigkeit und Pillermann für den elften Finger. Im Übrigen: liebe Grüße zurück!