Es gibt nach dem Versuch, etwas Neues auszuprobieren, eigentlich nur zwei mögliche Arten der Reue. Die erste ist der Ärger darüber, überhaupt Zeit mit diesem Gericht verschwendet zu haben. Je mehr Erfahrung ich bekomme, desto seltener passiert dies. Ich kann mittlerweile schon beim Lesen eines Rezeptes erkennen, ob es mir schmecken wird oder was ich ändern muss, damit es mir schmeckt.
Die andere Art der Reue ist das Gefühl, sein ganzes Leben bis dato ohne dieses Gericht verschwendet zu haben. So ging es mir heute bei diesem Essen. Man möchte ausrufen: "GUMBO, wo warst du bloß mein Leben lang, lass mich nie wieder alleine!"
Gut, man muss diese rauchig defitigen Aromen mögen, aber wenn man das tut, erwartet den geneigten Esser eine Geschmacksexplosion, die ihresgleichen sucht.
Ähnlich unserem Jambalaya, ist auch das Gumbo eine Spezialität der amerikanischen Südstaaten, insbesondere der Cajun- oder kreolischen Küche. Dieses Rezept stammt einmal mehr vom amerikanischen Starkoch Emeril Lagasse, der ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet dieser Küchen ist. Vorweg sei noch eins gesagt, ganz Original lässt sich das Gericht hierzulande nicht nachkochen. Zum einen bekommt man hier schwerlich die in Louisiana hergestellte Räucherwurst Andouille, die man übrigens auch nicht mit der französischen Spezialität gleichen Namens verwechselt werden darf. Als Ersatz dient hier eine pikant geräucherte Schinkenwurst.
Zum anderen fordert Lagasse den Gebrauch von Filépulver. Dies wird aus den getrockneten Blättern des Sassafrasbaums (auch Fenchelholz oder Nelkenzimtbaum genannt) gewonnen. Dieser gehört zur Gattung der Lorbeergewächse. Die Pflanzenteile und insbesondere die Rinde, enthalten Safrol, das zum einen zur Drogengewinnung genutzt werden kann und zum anderen im Verdacht steht, krebserregend und leberschädigend zu sein. Die im Filépulver enthaltenen Mengen von Safrol sollten unbedenklich sein, trotzdem ist der Handel mit Extrakten aus Teilen des Sassafrabaums laut Wikipedia in der EU verboten. Es gibt aber dennoch ein oder zwei Gewürzhändler, die Filépulver online auch in Deutschland anbieten. Da das Pulver eigentlich zum Andicken der Sauce benutzt wird, wir aber ohnehin eine Mehlschwitze einsetzen und Okraschoten obendrein auch zum Eindicken der Sauce beitragen, kann man das Pulver auch gut weglassen.
Da die Gattin keine Freundin solcher Gerichte ist - sie bekam stattdessen Kürbisragout - und die Kleine bei ihrer Freundin Pizza aß, habe ich nur eine kleine Menge zubereitet, so in etwa zwei gute Portionen.
- 130 ml Öl
- 80 g Mehl
- 70 g Zwiebeln
- 70 g Stangensellerie
- 70 g grüne Paprika
- 250 g geräucherte Schinkenwurst (oder Krakauer, Chorizo o.ä.)
- 1 TL Salz
- 1/4 TL Cayenne
- 600 ml Geflügelfond
- 2 Lorbeerblätter
- 250 g Hähnchenbrust
- Cajun Gewürz
- 2 Frühlingszwiebeln
- 1/2 Bund glatte Petersilie
Die Gewichtsangaben der Gemüse beziehen sich auf fertig geputzte und geschälte Ware.
Ein Gumbo braucht Zeit. Viel Zeit. Also nutzte ich die Zeit zwischendurch zum Einkaufen. Dabei fielen mir noch ein paar Okraschoten in die Einkaufstüte, die dann auch flugs im Gumbo mitverarbeitet wurden. Hier wurden acht der grünen Schoten verwendet.
Zwiebeln pellen, Paprika von Strunk und Kernen befreien und zusammen mit dem Sellerie in kleinste Würfelchen von etwa zwei bis drei Millimetern Kantenlänge schneiden. Dies ist die sogenannte "heilige Dreifaltigkeit" der kreolischen, beziehungsweise Cajunküche, ähnlich der italienischen Dreifaltigkeit (Zwiebel, Sellerie, Karotte) oder der chinesischen (Knoblauch, Ingwer, Frühlingszwiebeln). Ist die Roux, zu der wir gleich kommen, die Seele eines jeden Gumbos, dann sind diese Gemüse das Herz.
Die Würste leicht schräg in zwei Zentimeter dicke Stücke schneiden. Das Hühnerfleisch in drei Zentimeter große Würfel schneiden, mit dem Cayun Rub würzen und beiseite stellen.
Eine Roux ist nichts weiter als eine Mehlschwitze (oder "Einbrenne" für unsere Brüdern und Schwestern in den blühenden Landschaften der "neuen" Bundesländer). Sie dient zum Andicken von Saucen. Klassisch wird sie aus Butter und Mehl hergestellt. In den Südstaaten wird jedoch Öl zum Mehlschwitzen verwendet. Nach Escoffier gibt es drei klassische Arten der Roux: die Weiße (Roux blanc), die Blonde (Roux blond) und die Dunkle (Roux brun). Wir lassen hier eine braune Roux zum Einsatz kommen.
Eine Warnung noch vorweg. Die Herstellung einer dunklen Roux für ein Gumbo ist zeitaufwendig. Sehr zeitaufwendig. Fünfundzwanzig Minuten sind Minimum, je nach Hitze kann es jedoch eine Stunde dauern. Eine Stunde, wohlgemerkt, in der man den Topf nicht verlassen darf und ständig rühren muss. Es ist tatsächlich eine ständige Gradwanderung am Rande eines aktiven Vulkans und der Schritt von angeröstet zu angebrannt ist in nur einem Wimpernschlag vollzogen. Allein Fotos zu machen war schon ein gewagter Akt. Also, Getränke bereitstellen und vorher noch mal Pipi machen.
Am sichersten ist, die Mehlschwitze auf niedriger Hitze zu machen, dann dauert es aber auch länger. Bei stärkerer Hitze verkürzt sich die Zeit, die Gefahr des Anbrennes wird natürlich aber auch größer. Ist das Mehl angebrannt, kann man die Roux komplett entsorgen, da sie nun nur noch bitter schmeckt und dieser Geschmack ist natürlich absolut unerwünscht. Fakt ist, man kann keine genauen Angaben zu Temperatur oder Kochdauer angeben, da auch nicht jedes Mehl gleich ist und je nach Lagerung oder Alter unterschiedlich viel Feuchtigkeit enthält.
Ein weiterer Tipp: Gumbo am besten draußen oder bei weit offenen Fenster kochen.
Wir lassen das Öl in einem Topf heiß werden und geben das Mehl hinein. Nun müssen wir ständig rühren. Hat sich das Mehl mit dem Öl verbunden haben wir eine helle Mehlschwitze. Da Mehl ja auch immer etwas Feuchtigkeit enthält, wird die Mehlschwitze jetzt ein wenig schäumen, ein Zeichen dafür, das Flüssigkeit verkocht.
Mit genug Geduld und ständigem Rühren haben wir nach einiger Zeit eine karamellige Farbe erreicht und damit eine blonde Roux. Es riecht jetzt mehr nach Backen als nach Kochen.
So soll sie sein, die dunkle Roux - schokoladig braun und im Geschmack irgendwie nussig und toastig. Es war mein erster Versuch, eine dunkle Mehlschwitze für Gumbo herzustellen, also wollte ich nicht zuviel riskieren. Man hätte sie auch noch dunkler werden lassen können.
Nun geben wir unsere Trinität aus Paprika, Zwiebeln und Sellerie hinzu und erleben das erste Wunder. Es zischt und dampft wenn die Gemüse mit ihrem Saft in die heiße Mehlschwitze geraten. Aber der Geruch! Holy cow, unglaublich! Ich bin sonst kein Freund des inflationären Gebrauchs von Ausrufezeichen, aber in diesem Falle sind sie mehr als angebracht. Einfach umwerfend.
Nun fügen wir die Wurst, Salz, Cayennepfeffer und den Geflügelfond hinzu und rühren gut durch, damit sich alle Komponenten gut verbinden. Wir lassen unser Gumbo nun auf kleinster Flamme für etwa eine Stunde simmern, es darf auf keinen Fall sprudelnd kochen. Wir rühren gelegentlich um.
Nach einer Stunde kommt das Hühnerfleisch in den Topf. Das Gumbo muss nun noch eine Stunde simmern. Auch hier rühren wir hin und wieder einmal durch.
In der Zwischenzeit entfernen wir die Stielansätze der Okras und schneiden das Gemüse in zwei Zentimeter große Stücke. Diese werden nach Ablauf der Stunde dem Gumbo hinzugefügt. Nun lassen wir alles noch eine Stunde simmern (nicht kochen). Wir rühren immer einmal wieder durch und gießen nach Bedarf etwas Flüssigkeit nach.
Wir nutzen die Zeit, um die Frühlingszwiebeln schräg in Ringe zu schneiden und die Petersilie fein zu hacken. Wir können jetzt auch weißen Reis als Beilage kochen.
Wir schmecken nun noch einmal ab, gegebenenfalls fügen wir eine Prise Zucker hinzu. Dann geben wir die Frühlingszwiebeln in unser Gumbo, rühren einmal durch und nehmen den Topf vom Feuer. Vor dem Servieren werden die Lorbeerblätter entfernt.
In der Zwischenzeit entfernen wir die Stielansätze der Okras und schneiden das Gemüse in zwei Zentimeter große Stücke. Diese werden nach Ablauf der Stunde dem Gumbo hinzugefügt. Nun lassen wir alles noch eine Stunde simmern (nicht kochen). Wir rühren immer einmal wieder durch und gießen nach Bedarf etwas Flüssigkeit nach.
Wir nutzen die Zeit, um die Frühlingszwiebeln schräg in Ringe zu schneiden und die Petersilie fein zu hacken. Wir können jetzt auch weißen Reis als Beilage kochen.
Wir schmecken nun noch einmal ab, gegebenenfalls fügen wir eine Prise Zucker hinzu. Dann geben wir die Frühlingszwiebeln in unser Gumbo, rühren einmal durch und nehmen den Topf vom Feuer. Vor dem Servieren werden die Lorbeerblätter entfernt.
Mit weißem Reis und gehackter Petersilie servieren. Nach Belieben etwas Louisiana Hot Sauce zum Nachwürzen reichen und genießen.
Das hört sich klasse an - und gute Infos sind auch dabei... mal gespannt, wie es wird!
AntwortenLöschenEin Gumbo kann nur großartig sein. :)
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