Sonntag, 21. Februar 2021

Grits & Shrimps


"Amerikaner essen nur Junkfood" ist ein gängiges Vorurteil, auf das man hierzulande leider noch oft trifft. Nun steckt in jedem Ressentiment sicher auch ein Körnchen Wahrheit, aber solch pauschalen Aussagen entsprechen selten ganz den Tatsachen. Ich persönlich bin ja ein bekennender Freund der Südstaatenküche und freue mich jedes Mal, wenn ich aus diesem Bereich etwas auf die Teller bringen kann. Heute gibt es grits und die sind wohl neben fried chicken das Gericht, das am lautesten "south of Mason-Dixon" ruft. Grits sind zum Frühstück allgegenwärtig, besonders gern in dieser Version hier mit Shrimps. 


Was sind aber überhaupt grits? Zum einen ist es das englische Wort für Kies. Wenn jemand wahren Mut hat oder großes Durchhaltevermögen zeigt, spricht man auch von true grit. Johnny Cash-Fans kennen das so ähnlich, wenn in A Boy Named Sue vom "gravel in your guts" (Schotter in deinem Bauch) die Rede ist. Nun koche ich nicht mit Steinen, also schauen wir noch mal genauer ins Wörterbuch und finden heraus, das grits auch grob gemahlener Maisgries ist. Allerdings nicht irgendein Maisgries, sondern amerikanischer. Und um den geht es heute hier. Kleiner Tipp: wer keine Lust auf einen kurzen chemischen und historischen Exkurs hat, liest einfach unter dem Zutatenbild weiter.


Auf den ersten Blick sieht das wie Polenta aus und die ist im Zweifelsfall auch ein guter Ersatz. Es gibt aber doch Unterschiede. Der Mais wird nämlich nicht nur einfach gemahlen, sondern vorher zunächst in einer alkalischen Lösung gekocht, dann wird die äußere Hülle entfernt. Das Ergebnis nennt sich dann hominy corn. Dadurch wird das in ihm enthaltene Niacin (Vitamin B3) für den menschlichen Körper verwertbarer gemacht. In Gegenden, in denen die Ernährung hauptsächlich auf Mais basiert, ist das sehr wichtig, um Mangelerscheinungen zu verhindern. Das haben die Zapoteken in Oaxaca (Mexiko) nachweislich schon vor über 3500 Jahren erkannt und die gelben Körner in einer Lösung aus gelöschtem Kalk gegart. Der Vorgang nennt sich übrigens Nixtamalisation, nach den aztekischen Begriffen nextli (Asche) und tamalli (ungeformter Maisbrei). Auch Maismehl für Tortillas, das sogenannte Masa Harina wird nach diesem Verfahren gewonnen. In Ländern, in denen Mais nach der "Entdeckung" Amerikas eingeführt wurde, jedoch nicht "nixtamalisiert" wurde, kam es dann auch prompt zu der durch Vitamin B3-Mangel verursachten Krankheit Pellagra.


Besonders beliebt sind körnigen Freunde im sogenannten Grits-Gürtel (grits belt), der sich geographisch von Texas bis Washington DC zieht. Es gibt sie in den Varianten white, yellow oder mixed. Der geschmackliche Unterschied ist gering, die gelben, die ich hier habe, sollen aber etwas süßlicher sein und kräftiger nach Mais schmecken. Auf jeden Fall sind die hier von nicht genmanipuliertem Mais, was ja auch schon mal etwas ist. 

Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass es, wie bei Polenta, auch bei grits eine Instant- oder Schnellkochvariante gibt. Da ist man mit fünf bis zehn Minuten Kochzeit am Ziel. Stein gemahlene Grits (stone ground) brauchen da länger. Manche Rezept sprechen von 45 Minuten, bei mir ging es aber etwas schneller. Dazu später mehr.


Grits werden, wie gesagt, gerne zum Frühstück gegessen, entweder einfach so, mit Bacon oder wie hier, mit Shrimps. Es gibt auch süße Varianten, die dann als Nachtisch gereicht werden. Ich bliebe aber, wie man sieht, herzhaft. Dabei musste ich mich hier mengenmäßig etwas herantasten, da die Mengen- und Zeitangaben in fast allen Rezepten variieren. So hat das für mich für drei gute Portionen funktioniert.

Für die Grits: 
  • 100 g Grits
  • 500 g heller Hühnerfond
  • 100 ml Milch
  • 40 g Butter
  • 100 g geriebener Käse (z.B. Cheddar, hell und gelb) 
  • Salz
  • Pfeffer
Für die Shrimps:
Für die Sauce:
  • 1 kleine grüne Paprika
  • 1 Selleriestängel
  • 1 Zwiebel
  • 1 EL Mehl
  • 300 ml heller Hühnerfond
  • Salz
  • Pfeffer
  • Butter
  • Petersilie
Noch ein Wort zu den Gewürzmischungen. Die Rezepte habe ich verlinkt. Wem das zu umständlich ist, nimmt den Dry Rub der Wahl oder würzt einfach mit etwas Paprika, Cayenne, Salz und Pfeffer. 


Wir nehmen am besten einen beschichteten Topf. Brühe mit der Milch darin aufkochen, etwas Salz und Pfeffer dazugeben. Dann die Grits nach und nach unter ständigem Rühren hinzufügen, damit nichts klumpt. Nun stellen wir den Topf auf die kleinste Flamme, legen den Deckel auf und lassen alles zehn Minuten simmern. 


Ich habe nach einiger Zeit mal den Deckel abgenommen und durchgerührt. Wird das Ganze nun zu pampig, sollte man etwas Brühe nachgießen. Nach weiteren zehn Minuten erschienen mir die grits cremig und weich genug. Zeit also, die Butter hinzuzufügen.


Auch der Käse wird nun untergerührt. Abschmecken, Konsistenz eventuell mit etwas mehr Brühe regulieren und fertig. Manche geben noch einem Schuss Sahne dazu, das braucht es aber nicht, so finde ich. Deckel auflegen und noch etwas ohne weitere Hitzezufuhr ziehen lassen. 

Tipp vom Profi (von mir noch nicht getestet): steingemahlene Grits über Nacht in kaltem Waser quellen lassen, das verkürzt die Kochzeit deutlich und steigert angeblich die Cremigkeit.


Letztlich ist das wie bei Polenta. Ich würde Zeitangaben eher als grobe Richtlinie sehen mich aber mehr auf die eigene Sinne und den gesunden Menschenverstand verlassen, zumal ja auch jede Hitzequelle anders ist. 


Garnelen aus dem Panzer befreien, den etwaig noch vorhandenen schwarzen Darm am Rücken entfernen. Dann mit den Gewürzmischen vermengen.

Knoblauch abziehen und fein hacken, Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden, die weißen und grünen Teile dabei trennen.


Speck in feine Streifen schneiden, in eine kalte Pfanne legen, Hitze erhöhen und das Fett auslassen. Sind die Stück knusprig, nehmen wir sie aus der Pfanne. 


Die Garnelen im Speckfett eine Minute pro Seite bei starker Hitze garen. Dann auch die Shrimps aus der Pfanne nehmen. Knoblauch und weiße Frühlingszwiebelteile, die wir hier auch schon mal mitgegart haben, verbleiben aber im Bratgerät. 


Zwiebeln pellen und zusammen mit der günen Paprika und dem Sellerie würfeln. Das ist unsere heilige Dreifaltigkeit der Cajun-, beziehungsweise Kreolen-Küche und typisch für die Südstaaten.


Die drei Gemüse nun mit einem Schlag Butter in der Shrimppfanne weich dünsten, einen guten Esslöffel Mehl hinzugeben, unterrühren und anschwitzen lassen, dann mit der Brühe angießen. Klumpenfrei verrühren, eindicken lassen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.


Vom Feuer nehmen. Auf Wunsch die Shrimps und Bacon schon mal in die Sauce geben, damit sie warm bleiben.


So möchte ich die Garnelen. Innen noch leicht glasig mit diesem "haloumi-artigen" Biss. Nichts ist schlimmer, als totgebratene, strohige Garnelen. 


Grits auf den Teller geben, Garnelen, Speck und Sauce obendrauf, dann mit grünen Frühlingszwiebelteilen und gehackter Petersilie garnieren. Wenn einen schon beim Frühstück so ein Teller anlacht, darf der Sonntagsbraten auch mal ausfallen. Gut, das ist keine Diätküche, aber eben auch kein Junk. Das ist Soulfood, aber vom Feinsten. Yee-haw!
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Flashback:










Vorgestern vor einem Jahr: Plomeek

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