Samstag, 12. Juni 2021

Pad Thai mit Riesengarnelen


Bratnudeln fernöstlicher Art stehen bei Westerhausens immer hoch im Kurs. Zum Glück gibt es da ja so viele Varianten und Möglichkeiten, dass es nie langweilig wird. Neulich haben wir ja ein neues Thai-Restaurant bei uns in der Stadt ausprobiert und die Gattin war von dem dortigen Pad Thai begeistert. Habe ich natürlich auch schon ein legitimes Rezept dafür im Blog, aber nach sieben Jahren ist es überfällig, sich diesem Thema einmal wieder anzunehmen und zu schauen, ob es nicht doch noch besser geht.


Pad Thai (ผัดไทย) - so lautet der Name des thailändischen Nationalgerichts, wobei pad "braten" bedeutet und "Thai" die Nation bezeichnet. Natürlich werden hier - im Gegensatz zu pad gai ("gebratenes Huhn") keine Mitmenschen in den Wok geworfen. Der ausgelassene Zusatz "ก๋วยเตี๋ยว" (Nudeln) ผัerklärt den Namen schon etwas besser: "gebratene Thainudeln". Die Geschichte des Gerichts ist aber tiefgehender. Auch Thailand - damals noch Siam genannt - blieb von den Auswirkungen des 2. Weltkriegs nicht unverschont. Nach einem Militärputsch im Jahre 1933 regierte Ministerpräsident  Luang Phibul Songkhram (Phinbun) das wirtschaftlich gebeutelte Land recht autokratisch. Um einer möglichen Hungersnot durch Reisknappheit zu entgehen, erklärte er dieses, vermutlich schon länger existierende und ursprünglich aus China stammende Gericht zum Nationalgericht. Der Gedanke: Für Reisnudeln lassen sich auch Bruch und Reisreste zu Mehl verarbeiten und die Vorräte halten länger. Die Kampagne zielte auch darauf ab, eine Art Nationalbewusstsein zu schaffen und so langsam den Übergang vom alten Siam ins moderne Thailand zu vollziehen. Ein Land, eine Nation, eine Nudel, gewissermaßen. Die Geschichte hat dem Gericht rechtgegeben, dann es heute immer noch der Klassiker in südostasiatischen Königreich und den Speisekarten thailändischer Restaurants weltweit.


Man kann Pad Thai recht einfach machen, ich wollte hier aber einmal den ganzen Weg gehen und mache eine etwas komplexere Version. Ich werde aber auch immer wieder darauf hinweisen, was man weglassen oder wie man einfacher ersetzen kann. Eins vorweg: auch wenn Tofu zum Einsatz kommt und man die Riesengarnelen natürlich weglassen kann, so ganz vegetarisch wird das Gericht dadurch nicht. Fischsauce ist nun mal ein für mich unverzichtbarer Bestandteil der thailändischen Küche. Alternativ soll wohl Pilz-Sojasauce (mushromm soy) gehen, habe ich aber noch nicht probiert, kann da also kein Garantie geben. 

Bei diesem Rezept habe ich mich weitgehend an die Vorgaben von Hot Thai Kitchen gehalten. Wir rechnen für vier gute Portionen.

Sauce:
  • 40 g Palmzucker
  • 4 EL Tamarindenmus (hell braun, nicht das schwarze Konzentrat)
  • 2 EL Fischsauce
  • Schuss Wasser
Bratnudeln:
  • 400 g breite Reisnudeln 
  • 3 Knoblauchzehen
  • 3 Schalotten
  • 3 EL getrocknete Shrimps
  • 3 EL eingelegter Rettich (choi poh)
  • 150 g fester Tofu (besser noch: gepresster Tofu)
  • 1 Tasse geröstete Erdnüsse
  • 3 Eier
  • 1 gute Handvoll Mungobohnenkeime ("Sojasprossen")
  • 4 Stängel chinesischer Schnittknoblauch (guichai)
  • Öl
Fangen wir mal bei den Sprossen an Hier - und eigentlich immer- ist es ganz wichtig, frische zu nehmen und nicht die aus dem Glas. Erst einmal schmecken die oft säuerlich und zweitens haben sie nicht diese knackige Frische, die wir hier brauchen, um die Nudeln "aufzulockern". 


Fangen wir mit den getrockneten Shrimps an. Die bekommt man problemlos in asiatischen Supermärkten, meist im TK-Bereich. Die kleinen Freunde sind natürlich Umami pur. Wer keinen Shrimps mag oder das Gericht wirklich vegetarisch halten will, muss dieses natürlich weglassen und eben mit einem Schuss (Pilz-)-Sojasauce arbeiten.


Der Rettich (sweet preserved radish) könnte schon schwerer zu beschaffen sein, gehört aber wegen seines süß-salzigen Geschmacks und der knackigen Frisch einfach dazu. Alternativ könnte man den gelb eingelegten japanisch/koreanischen Daikon Rettich nehmen, den man auch oft in Sushi und Gimbap findet. 


Schnittknoblauch bekomme ich auch in meinem asiatischen Supermarkt. Alternative: Grüner Frühlingszwiebellauch.


Machen wir uns zunächst an die Sauce. Für einen intensiveren Geschmack kann man den Zucker kurz karamellisieren lassen, ...


... dann mit einem Schuss Wasser ablöschen und die übrigen Zutaten einrühren, bis sich alles aufgelöst hat.


Unsere Sauce für das Pad Thai. Wenn man das öfter machen will, sollte man gleich mehr Sauce machen und sie in Schraubgläser füllen. Im Kühlschrank sollte das so Monate halten. 


Die Nudeln werden nicht gekocht, sondern dürfen eine Stunde bei Zimmertemperatur in Wasser einweichen. Dann sind sie von der Konsistenz her perfekt für den Einsatz im Wok.


Die getrockneten Shrimps werden ein wenig zerkleinert.


Wenn man es einfach möchte, nimmt man fertig geröstete Erdnüsse, meinetwegen auch gesalzen. Ich habe hier frische - allerdings dankenswerterweise schon ohne rote Häute - und lasse sie einmal durchs heiße Öl gehen, bis sie schön golden sind.


Entweder in Möser oder Küchenmaschine grob zerkleinern. Ich habe hier einfach einen Gefrierbeutel genommen, die Hülsenfrüchte hineingegeben und meine aufgestauten Aggressionen mittels Nudelholz daran ausgelassen. 


Der Schnittknoblauch muss gut gewaschen werden, denn offensichtlich verstecken sich gerne winzige Schnecken in den Blattkrümmungen. Wir entfernen die harten, holzigen Enden und schneiden den Rest auf die Länge der Mungobohnenkeimlingen zu. 


Als Protein kann man so ziemlich alles nehmen oder es auch weglassen. Beliebt sind Huhn und eben Riesengarnelen. Die säubere und pelle ich - die Schwanzflosse lasse ich der Optik wegen dran - und tupfe sie sehr gut trocken.



Dann dürfen die Tierchen in den heißen Wok. Nach Bedarf leicht salzen und bei hoher Hitze nicht mehr als eine Minute pro Seite braten. Aus dem Wok nehmen und erst mal beseite stellen.


Nach einer Stunde nehmen wir eine Schere, kürzen die Nudeln einmal in der Mitte und geben sie in ein Sieb. Gut abtropfen lassen. Der Vorteil gegenüber kochen: hier klebt nicht zusammen und übergaren ist auch unmöglich. Man kann diesen Vorgang auch gut vorbereiten. In diesem Zustand hält die Nudel im Kühlschrank abgedeckt einige Zeit.


Knoblauch und Schalotte abziehen und kleinhacken. Tofu in zentimetergroße Stücke schneiden. Alles zusammen mit den getrockneten Shrimps und dem Rettich vorsichtig pfannenrühren. Auf Wunsch könnte man jetzt noch getrocknete Chiliflocken dazu geben. Pad Thai wird heutzutage gerne leicht scharf serviert, war ursprünglich aber wirklich nur süß-sauer-salzig.  

Wenn man möchte oder Angst hat, dass der Tofu zerkrümelt, kann man ihn auch vorher einzeln braten, bis er goldbraun und fester wird. Das gibt dann auch noch mal eine zusätzliche Geschmacks- und Texturebene. 


Beginnt alles schön zu duften, geben wir die abgetropften Nudeln dazu.


Wir gießen die Sauce an und vermischen alles vorsichtig. Das geht am besten mit einer Zange. Sollten die Nudeln jetzt wider erwarten noch zu hart sein, gießen wir einen Schuss Wasser  (oder mehr Sauce, je nach Geschmack) an und vermengen alles vorsichtig weiter. Wir können jetzt auch schon mal ein Drittel der Erdnüsse unterheben.


Jetzt schieben wir die Nudeln etwas an die Seite - eventuell brauchen wir mehr Öl - und geben die Eier in die frei gewordenen Fläche. 


Die Eigelbe leicht zerdrücken und die Nudeln wieder darüberdecken.


Nach dreißig Sekunden vorsichtig umschichten. Ziel ist, das alles gut vermischt ist, der Tofu aber möglichst nicht zu Matsch zerbröselt.


Dann werden Sprossen und Schnittknoblauch dazugegeben und abgeschmeckt. Das Pad Thai sollte, wie gesagt, süß, sauer und salzig schmecken. Fehlt jetzt noch etwas kann das problemlos mit etwas mehr Sauce oder den einzelnen Komponenten (Tamarinde, Zucker, Fischsauce) justiert werden.


Pad Thai Nudeln, so authentisch, wie es mir möglich ist. Ein Limettenviertel dazu und fertig ist das Mahl. Essen statt Fernurlaub - ist auch ein Plan.
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Flashback:










Heute vor einem Jahr: Mole poblano

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