Mittwoch, 29. Juli 2020

Jingdu Paigu - Peking Pork Ribs


Dim Sum sind kleine Happen, die man in China mittags gerne zum Tee isst. Einer möglicher Worterklärung zufolge, sollen sie "das Herz berühren". Im Land der Mitte gibt es spezielle Restaurant, die sich nur auf diese Art von Essen spezialisiert haben und eine Vielfalt von verschiedenen Speisen zubereiten. Das Angebot kann hier von Suppen über gedämpfte Teigklöße (Baozi), Teigtaschen (Jiaozi) bis hin zu Frittiertem reichen. Auch Jīngdū páigǔ, unsere leckeren Rippchen heute, fallen in diese Kategorie. Zartes Fleisch, außen leicht knusprig gegart und mit einem glänzenden Lack aus süß-saurer Sauce überzogen - eine kleine Köstlichkeit, nach der man sich alle zehn Finger leckt. Muss man auch, denn das macht beim Essen schon etwas Sauerei. Aber das ist ja auch der Reiz daran, oder?


Ihren Namen betreffend, bedürfen diese Rippchen einiger Erklärung. Jīngdū páigǔ (京都排骨) bedeutet übersetzt eigentlich "Kyoto-Rippchen". Allerdings haben weder Peking, noch Kyoto - die alte Hauptstadt Japans - etwas mit dieser Knabberei zu tun. Ursprünglich hießen sie wohl "Hauptstadt-Rippchen". Das wurde dann vornehmlich im Ausland, besonders durch Speisekarten kantonesischer Restaurants, automatisch mit "Peking" assoziiert. Gemeint war aber wohl viel mehr Nanjng, die Hauptstadt der Provinz Jiangsu. In dieser Gegend ist nämlich die süß-saure Küche Chinas entstanden. Der Name Peking Pork Rib hat sich aber etabliert, auch wenn er mehr in Taiwan als in Festland-China geläufig ist.


Vorgestern gab es bei uns Frühlingsrollen - auch ein Dim Sum-Klassiker. Das trifft sich gut, denn so kann ich das Frittierfett wiederverwenden.


Hier habe ich ein paar schöne Rippchen mit schön viel Fleisch dran. Wer gute Qualität will, kauft die vom Bunten Bentheimer Schwein bei Kalieber.de. Das ist keine Schleichwerbung, ich bekomme nichts dafür und will auch nichts, ich bin bloß von diesen Produkten überzeugt.


Die Silberhaut an der Unterseite können wir diesmal dran lassen, denn wir teilen die Rippen in die einzelnen Segmente. Dann hacken wir die einzelnen Rippchen noch mal in der Mitte durch. Haben wir längere Kotelettrippen, gerne auch zweimal. Dazu brauchen wir ein schweres Messer oder ein chinesisches Küchenbeil. Wenn ihr das Fleisch beim Schlachter eures Vertrauens vor Ort kauft, fragt ihn ruhig. Vielleicht macht er das auch für euch. Ziel sind auf jeden Fall mundgerechte Happen.


Die Marinade für 750 Gramm Rippchen ist Standard:
  • 1 EL helle chinesische Sojasauce
  • 1 EL chinesischer Reiswein (Shaoxin)
  • 1 Ei
  • 1 EL Speisestärke
  • 1 EL Öl
  • Salz
  • weißer Pfeffer

Alles gut vermengen und fünfzehn Minuten marinieren lassen.


Was sonst?
  • 40 g Zucker
  • 6 EL Ketchup
  • 1 EL Stärke in 2 EL kaltem Wasser aufgelöst
  • 1 EL helle chinesische Sojasauce
  • 1 EL chinesischer Reiswein (Shaoxin)
  • 2 EL heller Reisessig
  • 1 EL Sesamöl
  • 2 keine rote Zwiebeln
  • 2 - 3 Tomaten
  • 4 Frühlingszwiebeln (nur das Grün)
  • 1 EL getoastete Sesamsaat
  • 15 g Haw-Flakes
  • Öl zum Frittieren
Haw-Flakes? Dazu gleich mehr.


Wann immer ich beim Anschauen chinesischer Kochvideos eine Zutat entdecke, die ich noch nicht kenne, bin ich Feuer und Flamme und muss sofort versuchen, diese aufzutreiben und natürlich zu bestellen. So auch mit diesen Shānzhā Bǐng (山楂餠) oder Haw-Flakes. Die werden aus den Früchten der "Sägeblättrigen Glanzmispel" (aus dem Englischem übersetzt auch "Chinesischer Hagedorn" genannt) gewonnen und zu 20 Cent-großen Plättchen verarbeitet und so eingewickelt, dass sie wie chinesische Feurerwerkskörper aussehen. Sie schmecken süß-säuerlich und werden entweder zum Tee geknabbert oder Kindern zum Naschen gegeben. Haw-Flakes haben außerdem eine medizinische Wirkung und das ist ja allemal moralisch besser, als sich pulverisiertes Rhinozeroshorn oder getrocknete Tigergenitalien in die Suppe zu bröckeln.


Nun aber back to the roots ribs. Die werden nun nämlich bei 160° C in Öl frittiert, bis sie Farbe annehmen. Das hat bei mir gut acht Minuten gedauert.


Rippchen dann gut abtropfen lassen.


Erneut ins Fett geben, jetzt bei höherer Temperatur (190° C). 


Sind die Dinger schön braun und knusprig, erneut abtropfen lassen und beiseite stellen.


Nun zur Sauce. Zwiebeln schälen und fein würfeln, Tomaten ebenso klein schneiden. Frühlingszwiebeln stückeln. Zwiebeln in etwas Öl anschwitzen.


Tomaten hinzufügen und ebenfalls kurz pfannenrühren.


Frühlingszwiebeln kurz mitgaren, dann 200 Milliliter Wasser, Ketchup, Reiswein, Sojasauce, Sesamöl, Zucker, Essig und die Haw Flakes untermengen.


Nun die festen Bestandteile entfernen und die verbleibende Flüssigkeit mit dem nochmals durchgerührtem Stärkewasser sämig binden. Sauce abschmecken. 


Rippchen hinzufügen und einmal kurz durchschwenken, bis das Fleisch schön von der Sauce ummantelt ist.


Mit Sesam servieren. Genießen und das Herz berühren lassen. Klar, das Fleisch fällt nicht vom Knochen wie bei amerikanischen Spareribs, aber das ist auch nicht das Ziel. Chinesen nehmen die Textur des Essens mindestens so wichtig, wie den Geschmack und die Optik. Deshalb muss Fleisch außen leicht knusprig und innen zart sein. Man soll beim Kauen noch spüren, dass man auf etwas beißt. Zusammen mit der siurpartigen Konsistenz der Sauce ist das die perfekte Kombination. Die knackigen Sesamkörner geben dann, nicht nur in Bezug auf die Präsentation, den letzten Kick. Ich liebe so was.  
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Flashback:


Heute vor zwei Jahren: Finale in Austria - Italia 2018

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