Sonntag, 9. August 2020

Knusprige Ente mit süß-saure Sauce und Schweinefleischbällchen


Eins vorweg, die Hitze hat mein Multitaskingvermögen weitgehend außer Betrieb gesetzt, so dass sich Kochen und gleichzeitig fotografieren heute irgendwie nicht koordinieren ließen. Als ich dann gerade servieren wollte, brach der Regen los und mir war klar, ich musste das finale Menüfoto innen bei schummerigem Licht machen. Meine Motivation, mich dann beim Anrichten anzustrengen tendierte dann auch gegen Null. Trotzdem möchte ich euch das heutige Essen, beziehungsweise die Methodik dahinter nicht vorenthalten, denn ich kann mir vorstellen, dass einige Mitmenschen gerne wüssten, wie diese extrem zarte und außen doch so knusprige Ente in chinesischen Restaurants zubereitet wird. Ich denke, ich habe da  eine Antwort. Außerdem ist heute der Rezeptgeburtstag am Ende des Beitrags (Flashback) der Hammer - eines meiner Lieblingsgerichte aus fast sieben Jahren des Bloggens.


Zunächst nehme ich keine Entenbrust. Die ist nur kurzgebraten zart. Das Entenfleisch in den chinesischen Restaurants, die ich kenne, ist aber weit davon entfernt, medium zu sein. Wenn man das Filet dann lange genug gart, wird es auch wieder weich, allerdings meist so faserig - fast wie pulled pork - dass man es kaum mehr in Tranchen schneiden kann. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es für diese Restaurants, die ja meist all-you-can-eat-Büffets anbieten, wirtschaftlich ist, nur Brustfilet zu kaufen. Ich vermute mal, man nimmt ganze Vögel und verwertet alles - für Brühen, Suppen, Wantan-Füllungen, Stir Fries und eben Frittiertes. Mein Gedächtnis lässt mich im Stich, aber auf meinen Streifzügen durch das Internet meine ich irgendwo gesehen zu haben, wie halbe Enten gekocht, entbeint, knusprig frittiert und dann klein gehackt wurden. Ich versuche es heute mal mit Entenkeulen - einfach weil ich keine ganzen Enten bekommen habe. Man kann sehen, dass ich auch hier auf TK-Ware zurückgreifen musste. In diesem Fall nicht so schlimm.


Ich habe mich außerdem dazu entschieden, die Vogelteile nicht zu kochen, sondern zu dämpfen. Da bleibt meines Erachtens mehr Geschmack im Fleisch. Ich habe die Keulen vorher nur gesalzen. In Sichuan gibt es die berühmte "knusprig-aromatische Ente", die beim Dämpfen mit allerlei Gewürz wie Ingwer, Sichuanpfeffer, Sternanis und so weiter belegt wird. Auch nett - und ich liebe ja bekanntlich die Küche Sichuans - aber dies ist nicht das Geschmacksprofil, das die meisten Chinarestaurants hierzulande bieten.


Nach einer Stunde ist das Fleisch ganz weich. Ich lege es nun über Nacht in den Kühlschrank - abgedeckt natürlich - damit sich das Ganze wieder etwas festigt. Dann kann ich vorsichtig mit einem scharfen Messer die Kochen und das Gelenk freilegen und entfernen. Die entbeinte Keule wird nun möglichst flach ausgebreitet.


Nun kann das Fleisch bei rund 170° C zum ersten Mal ins heiße Öl, am besten mit der Haut nach unten. Dort habe ich es dann die nächsten 8 Minuten unter einmaligem Wenden brutzeln lassen. Herausnehmen und in einem Sieb über einer Schüssel abtropfen lassen.

Diese Schritte kann man weit im Vorfeld erledigen. Man kann das Fleisch jetzt sogar einfrieren und bei Bedarf einfach gefroren ins Fett geben (Vorsicht, Spritzgefahr!). Auf diese Weise machen es die meisten China-Restaurants und haben so immer knusprige Ente à la minute


Der Chinaimbiss in unserem Dorf - leider im Dezember 2018 nach mindestens 25 Jahren aus Alters- gesundheitlichen Gründen geschlossen - hatte eine offene Küche. Da konnte ich sehen, wie der Meister eine kleisterartige Masse auf das vorfrittierte Fleisch pinselte und es für weitere fünf Minuten im heißen Fett (meine Erfahrung mit chinesischer Küche sagt mir, diesmal etwas höher, so um die 195 °C) badete. Die Masse dürfte einfach in kaltem Wasser aufgelöste Stärke gewesen sein. Ich nehme zwei Esslöffel Kartoffelmehl (wird irgendwie knuspriger als Maisstärke) und gebe einfach soviel Wasser dazu, bis eine leimartige Paste entstanden ist. Eine Prise Salz kann auch nicht schaden.

Fleisch dann, wie gesagt noch mal kurz frittieren, bis es goldbraun aussieht. 


Der Anschnitt zeigt mir, dass die Faserstruktur tatsächlich wie beim Chinesen aussieht. Das Fleisch ist saftig-zart und die Hülle - auch an der Unterseite, wo keine Haut ist - knusprig. So wollte ich das haben. Textur und Aussehen stimmen schon mal, am Geschmack kann noch "feingetunt" werden. Das hier war 100% Ente, ohne viel Würzung. Vielleicht mariniere ich die Keulen das nächste Mal vorher in Sojasauce und Shaoxin-Wein. Das hebt zum einen den chinesischen Geschmack hervor, sorgt für noch mehr Saftigkeit und der Reiswein unterstützt die Zartheit. aber das sind Kleinigkeiten. 


Auch eine Kleinigkeit, wenn auch eine leckere, sind diese knusprigen Schwienefleischbällchen, die "unser" chinesischer Dorfimbiss immer im Angebot hatte und die von der Sous-Chefin früher heiß geliebt wurden.


Der Teig war heute komplette Improvisation, aber es hat funktioniert. Ich schaue meist auf englischsprachigen Seiten nach und da wird oft self raising flour verwendet, also ein Mehl, dem bereits Backtriebmittel untergemischt wurden. Habe ich nicht, will ich nicht, brauche ich nicht. Ich nehme:
  • 1 Kaffeepott Mehl
  • 1/4 Kaffeepot Speisestärke
  • 1 Ei
  • 1/2 Packung Backpulver
  • Prise Salz
  • Prise weißer Pfeffer
  • 1 TL Öl
Das verrühre ich dann mit so viel Wasser, dass ein dickflüssiger, Teig - in etwa so wie für Pfannkuchen - entsteht.  


Schweinefleisch - ich nehme Nacken, weil da mehr Geschmack drin steckt, Filet geht aber auch. Huhn und Shrimps sind natürlich ebenso möglich - in zentimetergroße Würfel schneiden, leicht salzen und mit mit Mehl bestäuben. Nun durch den flüssigen Teig ziehen und ins heiße Fett geben. 


Auch hier doppelt frittieren. Zunächst sechs Minuten bei 170° C (Wok nicht überfüllen, bei größeren Mengen also in mehreren Durchgängen) dann nach einer kurzen Abtropfphase nochmal vier Minuten bei 200° C oder bis die Bällchen außen gold-braun und innen gar sind.


Dazu gibt es Reis und süß-saure Sauce, die auch einfacher nicht sein könnte.
  • 1 Frühlingszwiebel
  • 1 kleine Möhre
  • 1 EL Tomatenmark
  • 1 Stück von der gelben Paprika
  • 2 TL Erbsen (TK)
  • 1 TL Bambussprossenstreifen
  • 2 Scheiben Ananas (aus der Dose)
  • 80 ml Saft der Ananasdose 
  • 4 EL Zucker
  • 2 EL heller Reisessig
  • 1 TL Stärke
  • Salz
  • weißer Pfeffer
  • Öl
Frühlingszwiebel in Ringe schneiden, grüne Teile beiseite legen. Möhren schälen und fein scheibeln. Beides in Öl anschwitzen. Ananaswasser und Tomatenmark hinzufügen, dann gewürfelte Paprika und Ananas, die Erbsen und Bambus hinzufügen. Mit Salz, Pfeffer, Zucke rund Essig süß-sauer abschmecken, bei Bedarf noch eine Schuss Wasser hinzufügen. Stärke in etwas kaltem Wasser auflösen und Sauce damit abbinden. Ich nehme hier am liebsten Tapiokastärke, denn  die ist komplett ohne Eigengeschmack und bindet Sauce durchsichtig ab, also ohne sie milchig-weiß zu verfälschen.

Die Sous-Chefin hat sich über die Bällchen gefreut und auch die Gattin war zufrieden. Sie hätte die süß-saure Sauce zwar gerne etwas tomatiger gehabt (kann man ja mit einem Schuss Ketchup an die eigenen Bedürfnisse anpassen), aber ich denke mal, dass ich mich ab morgen schweren Herzens aus der "chinesischen Phase" verabschieden muss. Ich könnte endlos so weiter machen, aber irgendwie wünscht man sich mal wieder zum Beispiel italienische Woche als Abwechslung. Wir werden sehen, was kommt. Hauptsache lecker und dafür verbürge ich mich. 
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Flashback:


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