Sonntag, 30. August 2020

Hacke-PeTA


Hin und wieder mag ich ein gutes Mettbrötchen - Brötchen, wohlgemerkt, kein Schwarzbrot). Außerhalb Deutschlands jagt der bloße Gedanke, rohes Schweinefleisch essen zu müssen, den Menschen Schauer den Rücken hinunter. Besonders in den USA stößt man mit dieser Delikatesse auf Unverständnis. Aber scheinbar ist die Trichinenbeschau hierzulande sehr effektiv, denn ich persönlich habe noch nie von Problemen nach dem Verzehr von Thüringer Mett gehört, wenn es ordnungsgemäß gehandhabt wurde. Wer nun trotzdem kein Mett isst - aus welchen Gründen auch immer - steht zum Beispiel dieses Rezept zur Verfügung. Gepostet hat es just Freund Jörg Heilemann, auch bekannt als Glatzkoch. Auf seinem wunderbaren Blog behauptet er, sein veganes Substitut sei dem Original sowohl in Geschmack, Konsistenz und auch Aussehen dermaßen ähnlich, dass man Schwierigkeiten haben könnte, es von echtem Hackepeter zu unterscheiden. Das muss natürlich getestet werden, denn man kann an der Diskussion nicht teilnehmen, wenn man nicht weiß, wovon man spricht.


Laut den "Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse" bestehen Mett oder Hackepeter immer aus gewürztem Schweinefleisch. Zugelassen sind Salz, Pfeffer, Gewürze und Zwiebeln. "Rindermett" kann es demnach nicht geben, das wäre im Sinne der Verordnungen "gewürztes Rinderhackfleisch". Mein "veganes Mett" ist also schon dem Begriff nach falsch, aber das ignorieren wir hier mal großzügig.

Ich habe die Mengen, die Jörg angibt um 60% reduziert, da ich nur eine  Handvoll zum Probieren anfertigen wollte.
  • 55 g Reiswaffeln
  • 1,5 EL Tomatenmark
  • 120 g kaltes Wasser
  • 1/2 Zwiebel
  • Salz
  • Pfeffer

Reiswaffeln zerkrümeln, Wasser angießen, Tomatenmark einkneten. Zwiebeln abziehen und  fein hacken. Unter das Waffelgemisch heben, ordentlich salzen und pfeffern - fertig. Am besten ein paar Stunden abgedeckt und kühl ziehen lassen.


Aussehen:

Ja, man kann es tatsächlich bei flüchtigem hinsehen für Mett halten, eher noch für mit Paprika gewürztes Hackfleisch. Kleine, weiße Reiswaffelteile sehen entfernt nach Fettstückchen aus. Im Hintergrund echtes Thüringer Mett vom Schlachter meines Vertrauens. Das ist schon ein gravierender Unterschied. Unser Frankenstein-Mett wirkt schon optisch trockener und erinnert eher an einen Grünkernbratling oder sowas. 3:1 fürs Original

Geruch:

Gutes Mett riecht nach nichts, nur nach den Gewürzen. Unser veganes Erzeugnis hat auch im Blindversuch diesen markanten Reiswaffelgeruch, der mich immer entfernt an Hundefutter aus der Dose erinnert. Hier gibt es definitiv keine Punkte für das fleischlose Produkt. 3: 0 fürs Original.

Konsistenz und Mundgefühl:

Die ist erstaunlich nah dran am Original. Die Reiswaffelteile weichen zwar auf, bieten trotzdem (oder gerade deshalb) eine leicht federnde Beschaffenheit beim Kauen, die tatsächlich an gewolfte Fleischfaser erinnert. Was fehlt, ist diese cremige Gefühl von Fett im Mund. Es ist halt auch im Biss trockener. Das wird durch das Tomatenmark etwas aufgefangen, aber der wahre Jakob ist das trotzdem nicht. Vielleicht könnten hier ein paar Tropfen neutrales Öl Abhilfe schaffen? Knappe Sache, trotzdem 3:2 für das echte Schweinemett.

Nicht in die Wertung einbezogen, trotzdem erwähnenswert: ich mag nicht auf rohen Zwiebeln rumkauen, mit Ausnahme von dünn geschnittenen roten zwiebeln im Salat. Ich mag auch kein Zwiebelmett.  

Geschmack:

Aussehen, Geruch und Konsistenz sind natürlich wichtig, aber letztlich entscheidet der Geschmack. Hier zeigt sich, wo der Frosch die Locken hat, also müsste man in dieser Kategorie eigentlich 6 statt nur 3 Punkte geben. Jörg schreibt:    
"... und ich hätte dieses Gesamtaroma niemals einem Tomatenmark zugetraut, dass es plötzlich wie ein Schwein tut. Das glaubt man wirklich nur, wenn man es im Mund hat."
Gerade da muss ich dem werten Kollegen bei aller Liebe und Respekt energisch widersprechen. Nein, es schmeckt eben nicht nach Schwein. Dieser Geschmack fehlt leider komplett und das ist auch mein größter Kritikpunkt. Klar, das Mett aus vierbeinigen Turbozucht-Viechern schmeckt nicht wirklich aromatisch, aber vergleicht mal bitte ein Discounterkotelett mit einem gleichen Zuschnitt vom Duroc oder Bunten Bentheimer. Wer das isst, weiß, wie Schwein schmeckt. Genauso verhält es sich mit Mett vom guten Schlachter. Das hat auch jenseits der Gewürze Aroma. Diesen Geschmack wird man in der veganen Mettvariante schmerzlich vermissen. Wonach schmeckt es dann? Ja, eben nach Salz und Pfeffer. Auch dieser Reiswaffelgeschmack verschwindet nicht ganz. Das Tomatenmark schmeckt erstaunlicherweise nicht tomatig. Ergebnis in dieser Kategorie: 6:2 (mit Discountermett 4:2).

Alles in allem ist das jetzt nicht so schlimm, wie ich es vermutet hätte und man kann das tatsächlich auch essen, aber irgendwie steht und fällt der Geschmack mit der Zwiebel-, Salz- und Pfeffermenge. Alles andere ist Kulisse. Da kann man statt Reiswaffel sicher auch so einen aufgeschäumten Maissnack, Styropor oder Sägespäne nehmen. Wer seit längerer Zeit kein (oder eben noch nie) echtes Thüringer Mett gegessen hat, wird das sicher nicht so bemerken und ich verstehe auch, warum manche Menschen dankbar sind, dass es solche Surrogate gibt. 15:5 zugunsten des Originals aus (gutem) Schwein spiegelt mein tatsächliches Empfinden recht gut wieder.



Zur Belohnung für den Test gab es dann heute Abend Rindsroulade mit Butterbohnen und Kartoffeln. Das Wetter ist danach.
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Flashback:


Heute vor einem Jahr: Sesampaste

2 Kommentare:

  1. finde ich klasse, dass du es getestet hast.

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    1. Na klar musste ich das ausprobieren, sonst kann ich ja nicht mitreden. Ich danke dir auch sehr für die Inspiration. Ich denke mal, für jemanden, der das original länger oder noch nie gegessen hat, ist das sicher sehr interessant. Ich finde das auch durchaus essbar und wenn man nicht versucht, dass auf Teufel komm raus in Richtung Mett zu puschen, kann da sicher auch etwas wirklich geniales bei rauskommen. Geräuchertes Paprikapulver, Chili und so sind ja auch schon in den Communities genannt worden. Das ist mit Sicherheit ausbaufähig, zumal die Reiswaffel ja danach schmeckt, womit man sie würzt. Wenn da nur diese merkwürdige Reiiwaffelnachgeschmack und vor allem der Geruch nicht wäre ...

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