Heute kann man ja nicht den Fernseher anschalten, ohne dass irgendwo eine Kochsendung läuft. Es wird um die Wette geschnippelt und gebraten, Küchen getestet und marode Resaturants mal eben so in ein paar Stunden vom sicher geglaubten Ruin zurück auf die Straße des Erfolges gebracht (meistens zumindest). Oftmals sind diese Formate dann auch nur armselige Kopien erfolgreicher Serien aus anderen Ländern - ich sage nur Oberlangweiler Frank Rosin als Möchtegern Gordon Ramsay in "Hell's Kitchen". Es gibt aber auch ein paar sehr unterhaltsame Sendungen. Da ich verwandschaftsbedingt als Kind oft in Hamburg war, mag ich besonders Steffen Henssler, dessen Dialekt mir einfach nur vertraut klingt und für mich ein Stück Kindheit bedeutet.
In Gang gebracht wurde diese Entwicklung in den fünfziger Jahren durch einen gewissen Clemens Wilmenrod, der damals das Kochen ins (west-)deutsche Fernsehen brachte. Wilmenrod, eigentlich gar kein Koch, sondern Schauspieler, begeisterte sein Publikum an den "Fernsehempfangsgeräten" durch exotisch klingende Gerichte und haarsträubene Geschichten, in denen er von Reisen in ferne Länder und seine dortigen kulinarischen Erlebnisse berichtete. Diese Geschichten waren allesamt erfunden - genau wie die von ihm gekochten Gerichte kaum exotischen Ursprungs waren - trotzdem trafen sie den Zahn der Zeit und befriedigten die Sehnsucht der Nachkriegsdeutschen nach der großen weiten Welt.
Wilmenrod war dafür bekannt, "seinen" Gerichten Namen wie "venezianischer Weihnachtsschmaus", "arabisches Reiterfleisch" oder "päpstliches Huhn" zu geben. Sein bekanntester Wurf ist jedoch das Toast Hawaii - welches natürlich genauso hawaiisch ist, wie Ivan Rebroff russisch.
Die Autorin Gudrun Rothaug schrieb zum Toastklassiker:
"[Wilmenrod] bündelte auf wenigen Quadratzentimetern Weizenbrot die Sehnsüchte einer ganzen Epoche: Die verschwenderische Kombination aus Schinken und Käse demonstrierte den neu gewonnenen Wohlstand, Ananas und Cocktailkirschen drückten die Sehnsucht nach der weiten Welt aus".
Loriots bekannte "Kalbshaxe Florida" ist zugleich eine Persiflage auf, als auch eine Hommage an den Fernsehkoch.
Unvergessen auch seine mit einer Mandel gefüllte Erdbeere. Man nehme die Frucht, drehe den Stielansatz heraus und stecke ein Mandel hinein. Fertig. So einfach kann Nachtisch sein.
Clemens Wilmenrod wäre heute 108 Jahre alt geworden. Grund genug, ihn deshalb hier mit seinem Klassiker zu würdigen, welcher auch nach sechzig Jahren nicht von deutschen Tellern wegzudenken ist.
Wir sind drei Esser, also machen wir neun Toasts. Mehr passen auch nicht auf ein Backblech. Wir benötigen nun:
- 9 Scheiben Toastbrot
- Butter
- 9 Scheiben Hinterkochschinken
- 9 Ananasringe
- 9 Scheiben Scheibletten-Schmelzkäse
- 9 Cocktailkirschen
- etwas Paprikapulver edelsüß (nach Wunsch)
Auch wenn es aus kulinarischer Sicht barbarisch klingt - Toast Hawaii funktioniert in der klassischen Zusammensetzung wirklich nur mit Dosenananas und Scheiblettenkäse. Alles andere schmeckt auch nach Toast Hawaii, ist aber nicht der wahre Jakob.
Im Folgenden bitte ich nun genau aufzupassen, denn dieses Rezept ist recht knifflig und verlangt dem Koch oder der Köchin ein riesiges Maß an Konzentration, Fingerfertigkeit und Know How ab. Wir bewegen uns hier im oberen Sternebereich.
Wir heizen den Backofen auf 200° C und schalten nach Wunsch den Grill dazu.
Die Toastbrotscheiben werden - man ahnt es schon - getoastet und mit Butter bestrichen.
Nun setzen wir das Toastbrot mit der Butterseite nach oben auf eine Scheibe Kochschinken und schneiden die überstehenden Ränder ab, legen diese auf die Butterseite ...
... und bedecken das Toast mit der nun schön quadratischen Schinkenscheibe.
Darauf kommt eine Scheibe Ananas ...
... und der Schmelzkäse.
Nun drücken wir die Cocktailkirsche in die Mulde der Ananas (eventuell einen kleinen Schnitt in den Käse machen) ...
und bestreuen den Käse nach Wunsch mit etwas Paprikapulver (paprizieren).
So sollte das Ganze dann aussehen.
Nun backen wir unsere Toasts im Ofen bis der Käse schön geschmolzen ist. Dann genießen wir und träumen dabei von der großen, weiten Welt.
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