Freitag, 14. Dezember 2018

Cannelloni alla bolognese


Ich habe in letzter Zeit schon wieder so viele "Bolognesen" gesehen, die eigentlich gar keine waren. Es mögen ja alles leckere Tomatensaucen mit Hackfleisch sein, aber mit dem Original aus Bologna hat das herzlich wenig zu tun. Es nützt auch nichts, diese Saucen einfach zwei Stunden köcheln zu lassen, da ändert sich nicht viel. Insofern kann ich es nachvollziehen, wenn Leute es für sinnlos halten, Bolognese lange auf dem Herd zu lassen. Sie haben halt noch nie die richtige probiert. Wer das einmal macht, ist bekehrt und wird diese üblichen Kräuter-Tomate-Knoblauch-Orgien nie wieder Bolognese nennen. Damit klar ist, wovon ich rede, wenn ich "Bolognese" sage, gehe ich das klassische Rezept aus Bologna noch einmal Schritt für Schritt durch, bevor wir uns um die Canneloni kümmern. Das Ragù alla Bolognese hatten wir auch schon mal hier und hier im Programm. Diesmal mit einer kleinen Änderung, dazu später jedoch mehr.
  

Zunächst einmal die Brühe. Da habe ich früher immer hellen Rinderfond genommen. Ich habe mir versichern lassen, dass es in Bolgna aber meist eine Hühnerbrühe ist, in der veilleicht ein Rinder- oder Kalbsknochen mitgegart worden ist. Fortan ist der Brodo di gallina die Waffe der Wahl für nord-italienische Schmorgerichte, es sei denn es ist ausdrücklich Kalbsfond gewünscht.


Auch wichtig: die besciamella oder Béchamelsauce.


Beginnen wir mit dem soffritto. Dazu schälen wir Möhre und Zwiebel, hacken sie zusammen mit dem Staudensellerie sehr fein und schwitzen zu gleichen Teilen je 85 Gramm (insgesamt also knapp 250 Gramm) in Butter und Olivenöl langsam an. Die Gemüse sollen nicht rösten, nur weich und glasig werden. Dadurch wandelt sich die enthaltene Stärke in Zucker in. Das Ganze kann zwanzig bis dreißig Minuten dauern.

Der soffritto ist das Herz eines jeden norditalienischen Schmorgerichts. wenn man sich schon mal die Mühe des Schnippelns macht, dann am besten gleich mehr. Das lässt sich fertig gegart nämlich sehr gut einfrieren.


Pancetta dolce - gesalzener und luftgetrockneter Schweinebauch - darf auch nicht fehlen. In der Emilia meist als tesa, also flach, so wie wir Bauchspeck kennen. Ich habe ihn aber nur gerollt (arrotolata) bekommen. Dann wird er zwar hauchdünn geschnitten wie Schinken gegessen, man kann ihn natürlich auch würfeln und wie den tesa verwenden. Wir brauchen auf ein halbes Kilo Rinderhackfleisch 250 Gramm gewürfelte Pancetta


Die habe ich bisher immer mit dem soffritto gegart. Heute habe ich sie in Olivenöl und Butter schön ausgelassen ...


... und darin 500 Gramm Rinderhack (nicht zu fein gewolft, am besten aus der Wade) scharf angeröstet. Hier sollte man ruhig schon etwas pfeffern. Salzen werden wir erst später, denn wir wissen noch nicht, wie stark die Pancetta würzt.


Ein guter Esslöffel Tomatenmark dazu, schön durchgerührt ...


.. und mit einem halben Glas Weißwein abgelöscht.


Brühe angießen, so dass das Ragù bedeckt ist und das Ganze mit schräg aufgelegtem Deckel zwei, drei Stunden auf kleinster Stufe köcheln lassen. Hin und wieder mal umrühren, damit nichts anbrennt und, wenn nötig, Flüssigkeit nachgießen.

Eine halbe Stunde vor Kochende einen guten Schuss Milch hinzufügen. Abschmecken. Eventuell kann eine Prise Zucker nicht schaden. 


Cannelloni kann man kaufen, aber auch einfach selbst machen. Im Prinzip sind sie ja nur aufgerollte Lasagneplatten.

Für die Pasta nehme ich:
  • 300 g Mehl
  • 2 Volleier
  • 2 Eigelb
  • 1 EL Olivenöl
  • Prise Salz
Ich habe hier 200 Gramm normales 405er Mehl genommen und 100 Gramm Weizengries (semola di grano duro) dazu getan. Der Pastateig schmeckt dadurch besser, die Konsistenz
gewinnt und es klebt beim Ausrollen nicht so. Nur normales Mehl geht natürlich auch.


Teig vermengen, zur Kugel formen und in Klarsichtfolie gerollt halbe Stunde bis Stunde ruhen lassen.


Die Nudelmaschine. Ein abendfüllendes Stück in mehreren Akten. Hauptrolle: Der Küchendepp. Ich baue den Kram auf und wundere mich, dass das heute so umständlich ist. Ich beginne schon am an meinem Verstand zu zweifeln und frage mich, ob ich schon immer eine Linkshändermaschine gehabt habe. Jetzt auf dem Foto fällt es mir auf. Ohne die aufsetzbare Schneideeinheit habe ich doch glatt vorne mit hinten verwechselt und in die falsche Richtung gerollt. Manchmal hat man halt ein Brett vor dem Kopf.

Aber egal. Wir rollen lange Bahnen aus, bis Stufe 6 von 9 auf meiner Maschine.


Platten in Quadrate schneiden und dreißig Sekunden in Salzwasser blanchieren.


Sofort kalt abschrecken, trocken tupfen und mit etwas Ragù belegen. Das auf dem Bild muss natürlich noch rechts und links bis an die Ränder verteilt werden. Das geht am besten, wenn die Bolognese nicht mehr brüllend heiß, sondern etwas abgekühlt ist und von der Konsistenz her angezogen hat.


Aufrollen und mit der Naht nach unten in eine mit etwas Béchamelsauce ausgekleidete Form legen. Bei mir haben sieben Rollen nebeneinander gepasst. Das sollte für zwei Personen reichen, vielleicht auch für drei.


Mit dem restlichen Ragù und mehr Béchamelsauce bestreichen, ...


... Parmesan darüberraspeln und ein paar Butterflöckchen belegen.


Ab in den Ofen und bei 200° C backen, bis das Ragù warm und der Käse schön goldgelb geschmolzen ist  


Vorsichtig Portionen abstechen und servieren. Da braucht man keinen Firlefanz drum herum, das ist so schon lecker genug und spricht für sich. Aber mal ganz ehrlich, so zwischen uns Pastorentöchtern, was soll bei diesen Zutaten und der investierten Zeit (immerhin ein Arbeitstag für mich) auch nicht schmecken?
____
Flashback:


Heute vor drei Jahren: Hirschkeule mit Himbeersauce

8 Kommentare:

  1. sehr geil. mit weißwein ist oldschool. verweigerst du dich dem diktat der dummen?

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    1. Ich mag es so lieber und den Rotwein trinke ich dann selbst.

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  2. cooles rezept..aber ist das mit dem pancetta wirklich so authentisch? hab ich so noch nie genossen..zumindest bei ragu bolo

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  3. Das ist das Rezept, das bei der "Camera di Commercio di Bologna" (Handelskammer Bologna) als ricetta tradizionale hinterlegt ist und seit dem 17.10.1982 quasi als das Standardrezept für das wahre "Ragù alla Bolognese" gilt. Vor kurzen hat man dem Wandel der Zeit nachgegeben und das Rezept dahingehend geändert, dass nun Rot- statt Weißwein empfohlen wird und 300 g passierte Tomaten anstelle des Tomatenmarks zum Einsatz kommen. Das Ganze nennt sich jetzt auch nicht mehr "tradizionale", sonder "classico".

    https://www.accademiaitalianadellacucina.it/it/ricette/ricetta/rag%C3%B9-classico-bolognese

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  4. krass fuer was es alles nen Verein gibt :)

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    1. Erzähl das mal den Wienern, die bei ihrem Schnitzel oder Saftgulasch ständig steil gehen, wenn da irgendwas auch nur einen Millimeter anders ist, als überliefert.

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  5. stimmt die sind da noch krasser..aber auf der anderen Seite muss ich auch sagen, dass ich nirgendwo in meinem Leben besser gegessen habe als in Österreich..

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