Nur mal so ... (Teil 124)

Gibt es etwas Schlimmeres, als Menschen, die genau dann an der Kasse mit Centstücken bezahlen müssen, wenn es berufstätige Leute hinter ihnen eilig haben, weil ihre Mittagspause nicht ewig dauert? Oder Rentner, die unbedingt dann die Wartezimmer verstopfen, wenn andere einen kurzen Tag oder den Feierabend für einen dringenden Arztbesuch nutzen möchten? Ja, es gibt Schlimmeres. Habe ich neulich erst wieder erfahren. Schlimmer sind Handwerkerkolonnen, die morgens, wenn andere auf dem Weg zur Arbeit schnell die Zapfsäule aufsuchen müssen, an Tankstellen frühstücken. Wenn dann noch - um 6.00 Uhr morgens keine Seltenheit - nur eine Kasse auf ist und die Bedienung, statt zwischendurch mal abzukassieren, an der Espressomaschine stehen bleibt und geduldig wartet, bis acht Tassen Cappucino durchgelaufen sind, um anschließend mehrfach erklären zu müssen, welche Blätterteigtaschen mit Wurst und welche mit Marzipan gefüllt sind, reicht der Rückstau an der Kasse mittlerweile dreimal um den Innenstadtring. Nicht, dass ich den Tankstellen Umsatz missgönne, aber muss das sein? Kann man nicht beim Bäcker frühstücken? Da blockiert man nichts und billiger ist es vermutlich auch. Was hat das mit Hühnersuppe zu tun? Nichts, aber es musste mal gesagt werden.

Heute gab es also Suppe und ich habe mal wieder Eierstich dazu gemacht. Kann man auch ganz wichtig französisch Royale nennen. 

Ich liebe klare Brühen und für eine gute Hühnersuppe lasse ich alles stehen. Diese war besonders kräftig, weil ich die fertige Brühe von vorgestern noch mal mit mehr Gemüse und Hühnerfleisch aufgekocht habe.

Gestern waren wir nach bestimmt 15 Jahren zum ersten Mal wieder bei der Andria in Hameln. So weit ich weiß, unsere älteste Pizzeria hier. Im Angebot sind Pizzen (wer hätte das gedacht?), Salat und Eis. Früher war es ein kleines Stehlokal, heute haben sie einen angrenzenden Gastraum und im Sommer Tische auf dem Hinterhof. Als Schüler war ich oft da, weil die einen Daddelautomaten mit einem Marienkäferspiel und später auch Gianna Sisters hatten. Pizza habe ich damals nicht gegessen, weil ich weder Käse noch Tomaten mochte. Später, in den frühen 90ern, habe ich mich fast nur dort ernährt. Mein bester Kumpel wohnte gegenüber und wir haben nächtelang Zelda III - A Link to the Past auf dem SNES gespielt, Pizza und Gummifrösche gegessen und Heavy Metal gehört.

Die Andria hat keinen Bringdienst, also bestellten wir dort weniger, als wir weiter weg zogen. Seitdem wir praktisch auf dem Land wohnen, waren wir gar nicht mehr da. Gestern sind wir also mal ganz spontan der Erinnerung nachgejagt und haben eine gefüllte Pizza dort gegessen, das Markenzeichen der Andria. Was soll ich sagen? Sie ist immer noch so gut, wie damals. Luftiger Teig, außen schön knusprig, innen weich, trotzdem durchgebacken. Schön viel guter Käse dadrin, ein Klecks Tomatensauce und ein wenig Schinken und Pilze (auf Wunsch auch vegetarisch) und das in drei Größen - lecker, aber mächtig. Hier hat sich im positiven Sinne in den Jahren nichts geändert. Einziges Manko: Die Champignons sind nicht frisch. Das ist irgendwie nicht mehr zeitgemäß, in diesem Zusammenhang aber auf eine schräge Art und Weise fast schon wieder kultig, weil Retro. Dafür ist die Andria eine der wenigen Läden, die echten Mozzarella auf die Pizza geben und nicht so einen fertig geraspelten aus Dr. Mabuses Lebensmittellabor des Grauens. Was es morgen gibt, muss ich mal schauen.

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Flashback:

Heute vor zwei Jahren: Überbackene Partybrötchen - oder "die Not zur Tugend"