Sonntag, 17. Mai 2020

Thüringer Rostbrätel zweierlei


Ich bin ja momentan ganz versessen auf Grillfleisch mit Senfmarinaden. Angefangen hat es mit dem saarländischen Schwenkbraten. Auf meiner Suche nach ähnlichen Rezepten bin ich dann auf Thüringer Rostbrätel gestoßen und gleich hellhörig geworden. Das klang nämlich genau nach einem Rezept, dass meinen Geschmack treffen würde. Also habe ich ein wenig weiter recherchiert und im Prinzip zwei Rezepte gefunden, die ich heute hier vorstellen möchte. Also darf genossen werden, liebe Genossen und Genossinnen. Wann grillen wir also? Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich. 


Das Rostbrätel ist nach der berühmten Thüringer Rostbratwurst (oder Roster) der zweite Grillschlager des Freistaats, wobei "Rost" in der Eingeborenensprache soviel wie Grill bedeutet. Es war aber zu auch DDR-Zeiten über die Grenzen Thüringens heraus landesweit beliebt. Das Zentralkommitee der Partei Rezept verlangt nach Schweinenacken. Davon haben wir hier ein gutes Kilo, vielleicht etwas mehr. 


Ich habe mich bei den Zutaten um Authentizität bemüht. Mein örtlicher Konsum hat auch alles allzeit bereit, so dass ich mein Plansoll ordnungsgemäß erfüllen konnte. Neben ein paar Flaschen Club-Cola und einer Packung Karozigaretten - Klopapier gab es keins - konnte ich folgende Produkte gegen Valuta erwerben:
  • Worcestersauce aus Thüringen
  • Pilsener Bier aus Thüringer
  • Schwarzbier aus Thüringen
  • Senf aus Thüringen
  • Kümmel (gemahlen)
  • Majoran (gerebelt)
  • 6 Zwiebeln
  • 3 Knoblauchzehen
  • Salz
  • Pfeffer
Wie wir sehen, kommt da nichts vom Klassenfeind.


Zur Vorbereitung schälen wir die Zwiebeln und schneiden sie in Streifen. Der Knoblauch wird gepellt und in dünne Scheiben geschnitten. Dazu nimmt man ein Messer. Hammer und Zirkel sind nicht vonnöten.

Ich knete die Zwiebeln dann immer mit etwas Salz kurz durch. Steht so nicht im 5-Jahres-Plan, aber seien wir mal Erich ... ähh, ehrlich, das ist sicher kein Fall von staatsfeindlichem Landesverrat.



Das Fleisch schneiden wir in fingerbreite Streifen.


Dann vermöbeln wir es mit einem Fleischklopfer. Ruhig ordentlich draufhauen, die kapitalistische Sau hat es nicht anders verdient. 


Nun trennen sich die Wege. Für die erste Marinade würzen wir das Fleisch von allen Seiten mit Salz, Pfeffer, Kümmel und Majoran und bestreichen es rundherum mit Senf.

Das bringt mich zu der Frage, warum Roster und Rostbrätel in der DDR so beliebt waren. Ganz einfach, weil da jeder mal seinen Senf zugeben durfte. (Bumm! Klack! Tsch!)


Dann legen wir eine Schicht in Streifen geschnittener Zwiebeln in einen Behälter, am besten aus Plaste.

Auf die Zwiebeln kommt nun eine Scheibe Fleisch, die wir wieder mit Zwiebeln belegen.


Das schichten wir nun so weiter, Scheibe auf Scheibe, ganz so, als ob wir eine Mauer bauen wollten. Am Ende gießen wir nun so viel Pilsener an, dass das Fleisch gerade so bedeckt ist.


Für die zweite Marinade würzen wir das Fleisch nur mit Salz und Pfeffer, streichen es aber ebenso beidseitig mit Senf ein. Zu den Zwiebeln geben wir zusätzlich ein paar Scheiben Knoblauch. Außerdem dürfen noch ein paar Spritzer Worcestersauce hinzu. Dann, wie üblich, eine Lage Fleisch, wieder Knoblauch, Zwiebeln, etwas Worcestersauce und so fort.


Diese Marinade wird nun mit dem Produkt der VEB Schwarzbierbrauerei aufgegossen. Das hat schon Goethe geliebt und was für den gut war, kann für uns Hobby-Komsomolzen nicht schlecht sein.


Die Rostbrätel dürfen nun abgedeckt 24, gerne auch 48 Stunden durchziehen, bis sie auferstanden aus Marinade und der Zukunft zugewandt auf den Grill Rost zum grillen braten dürfen. 



Nach Ablauf der Einwirkzeit werden die Nackensteaks dem Zwiebelsud entnommen, aber nicht weiter abgewischt oder getupft. Die Flüssigkeit kann weg, die Zwiebeln können wir nebenbei auf dem Grill oder dem Herd als Beilage schmoren. 

Man kann schön sehen, dass die Charge rechts, die in Schwarzbier eingelegt war, etwas dunkler ist.



Das Fleisch wird einfach und ohne Firlefanz direkt über Holzkohle gegart. Also rauf auf das Rost und rein in die SBZ, die Super-Brutzel-Zone. 

Auf dem Grill wird der Unterschied dann noch deutlicher. Die Stücke aus der Pilsenermarinade bräunen deutlich langsamer. Beide duften aber gut, in der Tat sogar so hervorragend, dass die Nachbarn aus der Datsche nebenan schon am Zaun rütteln und zu mir rüber machen wollen. "Gänsefleisch mol nen Hobb'n niebergehm?" 


Entscheidend hier: die Wende. Das Fleisch soll nämlich öfter gedreht werden, so etwa jede Minute. Oben sieht man Rindfleischspieße mit einer Marinade aus dem sozialistischen Bruderland China.



Hier ist nun das Resultat. Oben das Schwarzbier-, darunter das Pilsenerfleisch. Farblich hat sich der Unterschied zum Ende hin etwas ausgeglichen. Zart und aromatisch waren beide Stücke, ich mochte die Schwarzbierbrätel jedoch ein klein bisschen mehr. Freundschaft!

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Flashback:



Heute vor einem Jahr: Rosmarin-Knoblauch-Huhn

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