Samstag, 27. November 2021

Schultheiss52 in Hameln


Da man nicht weiß, wie sich die Lage entwickelt und ob man nächste Woche überhaupt noch das Haus verlassen kann, haben wir es heute noch einmal gewagt und sind Essen gegangen. Die Wahl fiel auf das Schultheiss52, ein seit dem namensgebenden Jahr 1952  gastronomisches Urgestein in Hameln. Unter Feinschmeckern hatte man jedoch eher einen zweifelhaften Ruf. Jahrzehntelang war das in der Nordstadt, genau neben einer ehemaligen Kaserne der britischen Streitkräfte gelegene Hotel mit Restaurant nämlich für Klosettdeckel-große Schnitzel und Pommes in Eimern für kleines Geld bekannt. Das war schon XXL, lange bevor es diesen Begriff bei uns überhaupt gab. Seit zwei Jahren ist das aber alles anders, denn ein neuer Betreiber hat neuen Wind in das Gemäuer gebracht und sowohl das Interieur, als natürlich auch die Speisekarte deutlich modernisiert. Eine recht gute Performance bei der Fernsehsendung "Mein Lokal - Dein Lokal" machte uns darauf aufmerksam - das Schultheiss hätten wir sonst vermutlich gar nicht auf dem Schirm gehabt - also wollten wir uns selbst überzeugen. Ach ja, Schnitzel gibt es dort trotzdem noch.


Gebucht hatten wir für 19.00 Uhr. Leider war der Tisch da noch nicht frei und wir mussten in einer Art Lounge warten. Kann man nichts machen, denn man kann ja auch nicht einfach die Gäste, die noch am Tisch sitzen rausschmeißen. Trotzdem bot man uns zunächst ein Freigetränk an. Nach etwa dreißig Minuten konnten wir dann doch zu Tisch. Man brachte uns mit den Speisenkarten auch noch kostenlose Bruschetta. Eine nette Geste und man konnte sehen, dass dem Team die Wartezeit selber peinlich war. Ich gehe davon aus, dass da auch nicht wirklich oft passiert. Die Bruschetta war schön gewürzt, das Brot knusprig geröstet und stabil genug, nicht gleich durchzumatschen. Ob ich diese - vermutlich selbstgemachte - Cocktailsauce brauche, ist eine andere Frage. Auch scheint das Schultheiss einen Exklusivvertrag mit einem Rucolaproduzenten zu haben. Ich mag das grüne Blatt gerne, aber manchmal ist weniger mehr, besonders, wenn der Salat den Blick auf das Eigentliche versperrt. Im Fernsehen war das Kraut übrigens frittiert.


Weitere Vorspeise: Geröstetes Kräuterbaguette mit cremiger Aioli und und einer superleckeren Avocadocreme. Und, wie man sieht wieder Rucola en masse.


Die Sous-Chefin entschied sich für ein frisches, gegrilltes Lachsforellenfilet mit Kresse, knusprigen (!) Süßkartoffelpommes, Zitronenbutter und Baguette. Und Ruccola.


Der Fisch war super saftig und noch leicht glasig im Kern und stammt aus äußerst regionaler heimischer Zucht. Er hätte praktisch von selbst ins Restaurant schwimmen können. Ich komme immer mehr zur Überzeugung, dass eine gute regionale Lachsforelle tatsächlich eine sehr gute Alternative zum mittlerweile ja in Verruf geratenem Lachs ist.


Die Gattin hatte den (in einem ungünstigen Winkel fotografierten) Schultheiss52-Burger mit Rindfleisch, sehr gutem Brioche Bun, einer milden BBQ-Sauce, Cheddar, Tomatensalsa und Wildkräutersalat. Als Beilage eine Ofenkartoffel. Normal gibt es da Fritten zu, die Gattin wollte es aber so. Wird vermutlich in dieser Kombination nicht oft bestellt, deshalb sieht der Teller auch leicht "ratlos" aus. Es muss aber nebenbei auch angemerkt werden, dass die Teller im Fernsehen weitaus aufgeräumter und schicker angerichtet waren. Dem Geschmack tut das jedoch keinen Abbruch.


Der Patty - hier "mein" Probierstück - war auch zum Glück nicht komplett durch zum Eishockey-Puck gebraten. Das begrüße ich, finde es in Deutschland aber nach wie vor mutig, dies ohne Hinweis oder Abfrage der gewünschten Garstufe so zu servieren. Aber vermutlich lernt man auch im Land der gegrillten Schuhsohlen langsam aber stetig dazu. Ich fand das richtig gut und die Gattin war auch total begeistert.


Ich hatte den "Grillteller 52" mit Steak vom Roastbeef, Schweinefilet und Hähnchen, dazu gegrillte Spitzpaprika, Tomate und Zwiebelringe, sowie geschlagene Kräuterbutter und Baguette. Um mich von der Richtigkeit der Lieferung zu überzeugen, musste ich mich aber erneut durch eine Wald von Rucola kämpfen. Ich sage es noch mal: schade, wenn das Grün den ersten Blick auf den Teller beim Servieren verhindert. Sonst gibt es nichts zu meckern. Gut, die Zwiebeln hätten ein wenig mehr Farbe haben dürfen, aber ... 


... aber das Steak war medium rare to rare bestellt und das kommt hin. Das Huhn war zart, was ja auch nicht immer der Fall ist und das Schweinefilet geht auch in Ordnung. Ich hätte ein wenig mehr Salz vertragen, aber Nachsalzen kann man ja immer.. 


Auch die Fritten dazu waren ordentlich. innen schön weich, außen super knusprig und genau richtig gesalzen. Das lobe ich mir. 


Dann die Überraschung: auch das Dessert ging auf Grund der Wartezeit aufs Haus. Das ist mehr als fair und zeigt, wie sehr es das Team dieser nicht mal selbst verschuldete "Patzer" gewurmt hat. Ich habe jedenfalls noch nie so viel Entgegenkommen aus eigene Stücken ni einem Restaurant erlebt. Hut ab, das spricht für euch. Was gab es? Eine extrem schokoladiges Mousse (leider ohne Foto) und diese leckere Crême Brulée. Optisch geht das sicher mehr, vielleicht auch größere Teller, aber hey, es war lecker. Was hat das alles jetzt nach Abzug der "Freischüsse" gekostet? Für drei Personen mit Getränken (dabei zwei Cocktails) knapp unter 90 Euro. Kann man da meckern? Ich denke nein. Wir kommen wieder. 
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Flashback: 










Heute vor sechs Jahren: Hähnchenpfanne mexikanischer Art

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