Sonntag, 30. August 2015

Spareribs vom Smoker - Rippchen 3-2-1


Jahrelang habe ich meine Rippchen ganz normal auf dem Grill über heißer Kohle gegart und es hat sich nie jemand beschwert. Nur mein Schwiegervater ist so ein mäkliger Esser. Da darf nichts Knochen haben und auch kein Fett. Rippchen würde der nicht mal mit der Kneifzange anfassen. Normalerweise. Schwiegereltern sind Camper und wir haben sie neulich an ihrem Wohnwagen besucht. Da erzählt mir der feine Herr von seinem neuen Platznachbarn, der auf einem Gasgrill so fantastische Rippchen zubereitet hätte, das er gar nicht mehr aufhören konnte zu essen. Man kann sich vorstellen, dass mich so etwas natürlich bei meiner Ehre packt. Die Gattin sah sofort das Zucken meiner Augenlider und wusste, Herr Westerhausen wird ab nun nicht mehr ruhen, bis er Rippchen zubereitet hat, die noch besser sind. Besser allein schon, weil mit authentischem Raucharoma und nicht auf einem schnöden Gasgrill. Pfff, da kann ja jeder kommen ...

Es gibt eben Dinge im Leben, die man einfach mal gemacht haben muss. Klassisch gehören dazu ja ein Haus zeugen, einen Apfelbaum bauen und ein Kind pflanzen, oder so ähnlich und in beliebiger Reihenfolge oder Kombination. Die Liste kann natürlich erweitert werden, da es, einmal abgesehen von so banalen Dingen wie Zähneputzen oder Duschen, noch viele andere Sachen gibt, die einen Versuch wert sind. Man muss sich nur eben aufraffen. Seit gestern gehören bei mir "gesmokte" Rippchen zur Liste der Dinge, die man gemacht haben muss. Wie gesagt, vom Grill sind die schon lecker, aber diese hier - holy moly! Das ist schon was anderes. Wer das mal irgendwie und irgendwo richtig probiert hat, weiß, wovon ich rede. Mit anderen Worten: Grillen war Gestern, heute ist Barbecue.


Perfekt wäre natürlich ein richtiger Smoker, vorzugsweise mit separater Gar- und Feuerkammer. Aber auch auf einem großen Kugelgrill kann man gute Ergebnisse erzielen. BBQ aus Rheinhessen (Udenheim BBQ), dessen Anweisungen ich hier weitgehend gefolgt bin, sagt, dass man ab einem Durchmesser von 57 Zentimeter problemlos arbeiten kann und wie es der Zufall so will, habe ich durch eine Klebepunkte-Aktion des Supermarkts mit dem roten "K" einen 57er Kugelgrill aus der Jamie Oliver Kollektion erstanden. 

Normalerweise sind mir Namen egal und Jamie Oliver gehört nicht unbedingt zu meinen Vorbildern in der Küche, aber ich habe schon länger nach einer günstigen Alternative zu teuren Smokern gesucht. Mein gemauerter Grill ist zwar schön groß, hat aber keine Abdeckmöglichkeit und ist so für das Smokern unbrauchbar. Da ich aber erst testen wollte, bevor ich hunderte von Euros ausgebe oder mir zeitaufwendig selbst etwas zusammenbastele, kam mir die Rabattaktion ganz recht. 


Ich habe mir vom Metzger meines Vertrauens vier schöne Stränge Spareribs schneiden lassen, der Fachkundige spricht in diesem Zusammenhang von "Leitern". Das waren gut zweieinhalb Kilo. Vorzugsweise nimmt man Stücke ohne Knorpel.

Eigentlich unterscheidet man zwischen zwischen Bauch- und Rückenrippen, das war mir hier aber egal. Wer genaueres wissen will, schaut hier mal nach
Des Weiteren:
  • Holz oder Woodchips zum Räuchern.
Ich habe Hickory-Chips genommen. Die sind nicht so kräftig wie zum Beispiel Mesquite, also für den Einstieg das Richtige. Alternativen sind zum Beispiel gut getrocknete Apfelholzstücke. Das ist dann auch wesentlich billiger, als Woodchips aus dem Beutel.  


Zunächst entfernt man die Silberhaut an der Unterseite, damit auch hier die Gewürze in das Fleisch eindringen können und die Rippen sich beim Garen nicht krümmen. Dazu fährt man mit einem scharfen Messer unter die Membran, ohne sie zu durchschneiden. Dann dreht man das Messer leicht, bis sich die Haut etwas löst.


Nun lässt sich die Silberhaut im Normalfall gut in einem Stück abziehen.


Die Rippchen werden nun rundum mit dem Rub eingerieben, deshalb heißt das ja auch "Rub". Man kann sie jetzt sofort garen ...


... oder fest in Frischhaltefolie verpackt über Nacht oder bis zu vierundzwanzig Stunden im Kühlschrank lagern. Dadurch haben die Gewürze mehr Zeit, in das Fleisch einzuziehen und das Ganze wird geschmacklich intensiver. Ich habe auch schon gelesen, dass einige die Rippen vorher auch noch bis zu vierundzwanzig Stunden in Apfelsaft oder Bier einlegen, sie trockenreiben und dann erst würzen. Dann müsste man also am Donnerstag mittag anfangen, wenn man am Samstagabend essen möchte. Soviel zum Zeitmanagement.  

Zeit ist ohnehin der entschiedene Faktor. Wir gehen hier nach der 3-2-1 Methode vor. Das heißt, wir räuchern das Fleisch erst drei Stunden, lassen es in Folie zwei Stunden weitergaren und beenden das Projekt in einer weiteren Stunde mit Barbecuesauce bestrichen. Die Temperatur sollte dabei möglichst konstant knapp über 100° C Grad liegen.


Die Holzchips sollten vor Gebrauch eine halbe Stunde gewässert werden, zum einen, damit sie nicht sofort verbrennen, zum anderen weil beim Garen aromatisierter Wasserdampf entsteht, der auf dem Fleisch kondensiert und für mehr Aroma sorgt. 



Ich habe hier ein paar Briketts mit einem Anzündkamin - der Fachmann spricht wichtig popichtig vom "AZK" - vorglüht. Nette Anekdote am Rand, der Kamin von Weber sollte knapp 28 Euro kosten, daneben stand ein no-name Produkt für unter fünf Euro. Gut, Qualität hat ihren Preis, aber ob das Weber-Teil wirklich sechs mal so gut ist?

Die glühenden Briketts kommen auf die Seite des Kohlegitters, daneben werden frische Briketts ringförmig platziert, der sogenannte Minion-Ring. Da wir ja auf indirekter Hitze garen wollen, bleibt die Mitte frei. Hier kann man eine mit Wasser gefüllte Tropfschale hinstellen. Der Gedanke ist, dass der Ring langsam während der Grillzeit abbrennt und die Temperatur so konstant bleibt. 


Nun lassen wir die Chips abtropfen - ich habe natürlich viel zu viele gewässert - und geben sie auf die heißen Briketts. Wir ignorieren den Schrei aus dem Haus und das hastige Klappern sich schließender Fenster. In diesem Stadium braucht man entweder ein fußballfeldgroßes Grundstück oder sehr tolerante Nachbarn und besonders Lebenspartner.

Die vorglühten Kohlen reichen für die Räucherphase, deshalb brauchen die anderen Kohlen nicht mit Holz belegt werden.

An dieser Stelle lüftet sich auch das Geheimnis der Deckelhalter aus dem schwedischen Möbelhaus: es sind die perfekten Spareribshalter. Diese werden nun mit dem Fleisch bestückt und so auf den Grillrost gestellt, dass sie nicht direkt über der Glut stehen. Deckel auflegen und drei Stunden warten. Hin und wieder die Temperatur kontrollieren und bei Bedarf mit den Lüftungsschächten regulieren. Ein offener Schacht bedeutet mehr Sauerstoff und somit höhere Temperaturen. 


Die zweite Phase dauert dann zwei Stunden und findet im "Jehova" statt. Monty Python Fans werden das Verstehen. Alufolie ist scheinbar bei Profigrillern verpönt und somit ein absolut verbotenes Wort im Forum des Grillsportvereins. Deshalb nennt man sie dort "Jehova".

Ich habe hier extra breite und sehr reißfeste Folie genommen. Davon nehme ich eine Bahn, die länger als die Rippchen ist ... 


... und nehme eine zweite Bahn gleicher Länge.


Die falte ich jetzt bis zur längs bis zur Mitte ...


... und knicke auf beiden Seiten die Enden zusammen.


Jetzt habe ich eine Schöne Alutasche. Insgesamt fertige vier davon an.


Temperatur ist laut Thermometer - in der Eile schief montiert - bei 100° C. 


Da Vertrauen gut, Kontrolle aber besser ist, benutze ich ein zweites Thermometer, das aber Jamie Olivers Temperaturempfinden bestätigt.


Nach drei Stunden im Rauch sehen die Rippen jetzt so aus.


Nun kommt jedes Stück in eine Alutasche. Ein bis zwei Esslöffel Apfelsaft dazu, ...


... Taschen verschließen und für zwei Stunden zurück auf die indirekte Hitze. Deckel wieder auf den Grill legen.


Da kann man gleich ein paar rohe Maiskolben mit Salz, Zucker und Butter in Folie mitgaren. 


Als ich die Rippchen aus der Folie holte, waren sie schon so zart, dass sie fast ganz zerfielen. Aber Geduld, jetzt kommt das Finale Grande Furioso. Rippchen mit der Fleischseite nach oben auf den Rost - nicht direkt über die Glut - setzen und mit Barbecuesauce bepinseln. Deckel auflegen und eine halbe Stunde warten.

Vorsichtig wenden und die Unterseite auch bestreichen. Mit Deckel fünfzehn Minuten garen, dann nochmals wenden und bepinseln und eine weitere Viertelstunde abgedeckt garen.  


In der Zwischenzeit gönnen wir uns schon einmal einen komplett hausgemachten Burger


Wahnsinn - die Rippchen sind unglaublich zart und aromatisch. Die Knochen fallen schon beim scharf Anschauen von selbst aus dem Fleisch. 


Das ist wie Pulled Pork.


Hier kann man an den roten Fleischfasern den "Smokering" erkennen. Da steckt das gute Raucharoma drin.


Das Fleisch kann man auch im Burgerbun mit Coleslaw essen. Dazu Rosmarinklartoffeln

Gestern war der Testlauf mit lieben Freunden. Schwiegervater, zieh dich warm an, demnächst bist du dran!

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Flashback:












Heute vor einem Jahr: Passend zum Topfhalter aus dem schwedischen Möbelhaus: Köttbullar mit Pilzrahmsauce 

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