Freitag, 7. September 2018

Döner Kebab - der Mythos entschlüsselt


Eins vorweg, falls ihr ab morgen nichts mehr von mir hören solltet, wäre die "Gesellschaft zur Geheimhaltung der Döner-Rezeptur" ein guter Ausgangspunkt, um Nachforschungen anzustellen. Ich will nicht behaupten, über das Originalrezept zu verfügen und ob die großen Hersteller das wirklich so machen, ist eine andere Frage, aber ich habe eine Würzung entwickelt, die geschmacklich zumindest dem Geflügel-/Hähnchen-Döner haargenau entspricht. 

Nun mag man sich fragen "Warum?" Nun, ich bin von Natur aus neugierig und wenn ich etwas wissen möchte auch hartnäckig. Früher habe ich häufiger Döner gegessen, heute passiert das allerhöchstens einmal im Jahr.

Neulich hatte ich mal wieder so eine Jieper und habe eine dieser Brottaschen verzehrt und da war es wieder - dieses unbestimmte Gefühl, fast einem déjà vù entsprechend, dass ich schon früher immer beim Döneressen hatte. Es war, als ob das Fleisch eine Erinnerung an frühste Kindheit triggerte und ich hatte plötzlich Omas alte Küche mit dem obligatorischen Gewürzregal im Kopf. Warum, weiß ich nicht, aber es machte mich stutzig. Ich bin in den Siebzigern aufgewachsen und der Döner, so wie wir ihn in Deutschland kennen, ist ebenfalls aus dieser Zeit - sollte da eine Verbindung bestehen?

Das Problem war, dass ich den Geschmack schon immer ganz klar kannte, aber nicht benennen konnte, was es war. So was macht mich ja wahnsinnig und ich werde rastlos. Gängige Dönergewürzmischungen sind da auch keine Hilfe. Rosmarin, Thymian, Zimt und Nelke mögen zwar typisch orientalisch sein, aber wann, bitteschön habt ihr den letzten Döner gegessen, der nach Zimt geschmeckt hat? Ich entdecke da nicht mal Oregano, geschweige denn Kreuzkümmel. Die Antwort musste wesentlich einfacher sein, zumal es vermutlich Würzmittel sind, die schon damals günstig und problemlos zu beschaffen waren und viel Geschmack boten, ohne den deutschen Gaumen mit zuviel Exotik zu überfordern.

Also habe ich beim letzten Döner das Fleisch sorgsam herausgeholt und tatsächlich keine Kräuterrückstände gefunden. Ich habe es dann ganz langsam zerkaut, es auf der Zunge hin und geschoben und wie bei einer Weinprobe Luft zwischen den Vorderzähnen eingesogen. Und wie der Dönerbrei so auf meiner Zunge Achterbahn fährt - ich wechsele jetzt ins spannungserzeugende erzählende Präsens - durchfährt es mich wie der Blitz: das schmeckt wie Omas Bratensauce. Und was hat Oma in den Siebzigern an ihre Suppen und Saucen gemacht? 


Die Antwort ist genauso einfach wie profan: Brühwürfel oder später gekörnte Brühe. Würzig, geschmacksverstärkend, den Massengeschmack treffend ohne zu überfordern und in Mengen unendlich günstig. Damit wäre im Normalfall für mich die Geschichte auserzählt, denn diese Art der Würzung findet in meiner Küche schon seit über 20 Jahren nicht mehr statt - ein weiterer Grund, warum ich den Geschmack zwar sofort intuitiv erkannte, nur nicht benennen konnte. Da diese Rubrik - das Fast-Food-Labor - sich aber nicht mit hoher Kochkunst, sondern dem Nachbauen von bekannten Fastfood-Produkten widmet, mache ich im gnadenlosen Selbstversuch weiter und kaufe tatsächlich ein Glas gekörnte "Klare Brühe".

Ich habe hier:
  • 6 Hähnchenschenkel
  • 3 Hähnchenbrustfilets
  • 1 EL gekörnte Brühe
  • 2 TL Paprika edelsüß
  • 100 ml Milch
  • Salz
  • Pfeffer
  • Öl
Man sieht schon, günstiger kann keine Marinade sein.

Die Hähnchenschenkel entbeinen, Haut jedoch dranlassen. In je vier Stücke teilen. Die Brüste im Schmetterlingsschnitt (bei besonders dicken in drei Lagen) aufschneiden und diese jeweils vierteln. Mit Salz, Pfeffer, Brühepulver, der Milch und einem Schuss Öl mindestens zwei Stunden marinieren, am besten aber über Nacht im Kühlschrank.



Neben einem großen Spieß brauchen wir eine größere Unterlegscheibe und eine Lüsterklemme, von der wir das Kunststoff entfernen.


Fleisch möglichst gleichmäßig auf den Spieß stecken. Die Unterlegscheibe aufstecken und mit der Lüsterklemme gut fixieren.


Das Stecken üben wir noch mal, denn das ist noch alles andere als optimal, zumal die Schwerkraft auf einem horizontalen Grill ihr Übriges tut. Da ich auch keinen Motor habe, muss ich den Spieß händisch drehen.


Sieht trotzdem schon ganz lecker aus.


Die erste Rasur. Eine Geschmacksprobe lässt mich innerlich vier Fäuste in die Luft schwingen. Nicht, weil ich gekörnte Brühe so geil finde, sondern weil der Geschmack im Vergleich zum Original ins Schwarze trifft. Man kann an den Mengen herumspielen und auch die Wahl der Brühe ist sicherlich eine Stellschraube, aber hallo, dass hier muss sich hinter dem, was ich sonst im Imbiss bekommen würde, wahrlich nicht verstecken.


Was brauchen wir noch? Natürlich Papiertaschen für Döner. Davon habe ich mal 2700 gekauft (kleinere Packungsgröße gab es nicht) und ich habe noch über 2600 oder so davon im Schrank. Ohne schmeckt aber nicht, auch wenn die Gattin mich für wahnsinnig hält, aber das tut sie ohnehin.
Für die rote Sauce als schnelle Variante:

Tomaten- und Paprikapaste (türkischer Supermarkt) mit Chilisauce, Pul Biber und gegebenenfalls etwas Zucker vermischen.



Fladenbrote vierteln, aufschneiden und rösten. Dazu nehme ich meinen Kontaktgrill. Geht aber auch, wenn man das Brot in einer trockenen Pfanne anbrät und oben drauf einen schweren Topf mit heißem Boden setzt. 


Jetzt nur noch zusammenbasteln ...



... und essen. Brauch ich das? Ist doch egal, Hauptsache ich kann es jetzt. So - und ich geh jetzt feierlich den Rest Brühepulver ins Klo kippen, damit die Kanalratten auch noch was davon haben, bei mir im Schrank schimmelt das nur irgendwann. Als nächstes geht es daran, den Geschmack auf elegantere Weise und ohne Pulver nachzubauen. Aber nicht heute.
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Flashback:


4 Kommentare:

  1. Na, den Döner hätte ich auch gern gegessen, sieht lecker aus! Wo ich mich sonst ja eher selten zu einer guten Dönerbude verirre...
    Schönes Wochenende!

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    1. Geht mir genauso. Alle Jubeljahre einmal und dann auch nur da, wo es Spieße aus echten Fleischscheiben gibt und nicht diese Drehspieße komplett aus Brät. Die sind von der Konsistenz immer so, als ob man auf Fleischwurst herumkaut.

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  2. Antworten
    1. Quatsch. Fleisch mit Brühepulver ist doch nu wirklich Schimpansenküche. ;)

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