Sonntag, 25. August 2019

Kalua Pork


Heute ist gewissermaßen mein letzter Tag als Freigänger, bevor es morgen dann wieder in die Anstalt geht, obwohl ich mir ja immer einrede, dass die Ferien erst vorüber sind, wenn die Kindlein kommen und Unterricht laut Plan beginnt. Mein Plan für heute: den tropischen Temperaturen gemäß zu versuchen, einen der letzten weißen Flecken auf meiner kulinarischen Weltkarte zu färben: die Küche Polynesiens. Wir begeben uns nämlich - zumindest mit dem Löffel im Kochtopf - nach Hawaii und bereiten "Kalua Pork" zu. Das ist, ähnlich wie unser mexikanisches Cochinita pibil Yucateca, ein Gericht, bei dem ganze Schweine in Blätter gewickelt mit Kohle und heißen Steinen in einem Erdloch (imu) garen. Da die Gattin immer noch nicht von meiner Idee, im Garten Gargruben anzulegen, überzeugt ist, weiche ich mal wieder auf den Backofen aus.


Ein ganzes Schwein wäre uns zu viel, ein schön durchwachsenes Stück Nacken - hier 1500 Gramm - tut es auch.


Viele Zutaten brauchen wir nicht. Zum einen grobes Meersalz. Ich nehme stilecht das rote aus Hawaii. Das hat seine Farbe von Tonerde und bringt somit ein Plus an Geschmack. Normales Meersalz geht natürlich auch.



Darf ich vorstellen? Das ist eine Cordyline Fructicosa, auch Keulenlilie genannt. Auf Hawaii hört (?) sie auch auf den Namen "Ti Plant" - was man nicht mit "Tea" verwechseln sollte - und die Blätter werden locker 80 Zentimeter lang. Man benutzt sie gerne mit Bananenblättern - die man problemlos in asiatischen Supermärkten bekommen sollte - zum Einwickeln von Fleisch für den imu. Keiner meiner üblichen Lebensmittelspezialisten konnte mir hier weiterhelfen, aber ich bin ja kein kleiner Dummer und habe einfach mal Gärtnereien durchforstet. Die Gattin hält mich in diesen Dinger ja ohnehin für bekloppt und das vermutlich auch mit Recht, aber dass ich nun Zier- und Zimmerpflanzen kaufe, um sie dann zu zerschneiden, scheint ihr anzuzeigen, dass ich in eine völlig neue Dimension des Wahnsinns vorgedrungen bin.

Ach ja, bekommt man die Keulenlilie - die übrigens zu den Spargelgewächsen zählt - nicht
, lässt man sie weg. Es wird trotzdem nichts fehlen. 


Wir schneiden auf beiden Seiten rautenförmige Kerben ins Fleisch und reiben es rundum mit Salz ein. Um den Geschmack des imus zu imu ... äh ... emulieren, kann man den Braten noch mit ein wenig Liquid Smoke (ich empfehle hier Hickory) parfümieren.


Eine Lage Bananenblätter am besten einmal über die heiße Herdplatte, beziehungsweise Gasflamme ziehen, bis die Blätter glänzen. Dann sind sie biegsamer und lassen sich besser verarbeiten. Außerdem geben sie so mehr Geschmack ab. Die Keulenlilienblätter gründlich heiß abwaschen.

Bananenblatt mit ein paar Blättern der Cordyline belegen, die glänzende Seite soll in Richtung Fleisch zeigen. 


Braten auflegen, mit mehr Keulenlilienblättern bedecken, Bananenblatt umschlagen und zu einem Paket wickeln. Auch die offenen Seiten mit Blättern bedecken.


Das kann man mit Zahnstochern oder Küchengarn fixieren, geht aber auch so.

In einen Bräter legen, 300 Milliliter Wasser angießen, Deckel auflegen. Bei 100° bis 120° C garen, bis das Fleisch gabelweich ist. Das heißt, dass man beim hineinstechen keinen Widerstand mehr merken darf. Ich messe nie mit Thermometern, aber ich schätze mal, dass wir so 85 bis 90° C Kerntemperatur anstreben. Das kann rund acht Stunden dauern, aber auch länger oder auch früher fertig sein, also hin und wieder mal nachschauen.

Hier noch mal die Zutaten für das Fleisch in der Übersicht: 
  • 1500 Gramm Nacken oder Schulter vom Schwein, ohne Knochen
  • 2 EL rotes Hawaiisalz
  • 2 EL Liquid Smoke (Hickory)
  • 6 - 8 Blätter der Keulenlilie
  • 1 Bananenblatt

So sieht das dann fertig aus dem Ofen aus, wenn man das Blätterwerk zur Seite schiebt. Den gesammelten Saft gießen wir erst mal ab,heben ihn aber auf.


Nun darf geschreddert werden. Dabei gießen wir schussweise Fleischsaft zu, bis alles gut schön vermischt und saftig ist und lecker schmeckt. Wir halten das Fleisch nun bei rund 50° C warm.


In der Zwischenzeit kümmern wir uns um die Beilagen. Auf Hawaii isst man gerne Kohl zum Kalua Pork, entweder gedämpft oder als Krautsalat. Letzteres machen wir hier.
  • 1/2 Weißkohl
  • 1 Karotte
  • 1 rote Zwiebel
  • 1,5 daumendicke Scheibe frische Ananas
  • 2 TL brauner Zucker
  • Salz
  • Pfeffer
  • 2 EL heller Essig
  • Mayonnaise

Rote Zwiebeln schälen und in feine Ringe schneiden. Mit kochendem Wasser übergießen, dann abtropfen lassen.


Kohl in feine Streifen hobeln, Karotte schälen und raspeln, Ananas ohne Strunk und Schale fein würfeln. Mit den Zwiebeln vermengen, würzen, Essig angießen und soviel Mayonnaise einrühren, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Das ist komplett individuell, denn manche mögen es trockener, andere wiederum cremiger. 


Eine klassische Beilage, die auf Hawaii selten fehlt, ist Poi. Dazu brauchen wir Taro-Wurzeln. Die werden dann wie Pellkartoffeln in der Schale weichgekocht. Ich habe nur bereits geschälte bekommen, geht aber auch. 


Ist die Knolle weich, wird die Schale, sofern vorhanden, gründlich abgerubbelt.


Die Wurzel wird dann zerstoßen und mit Beigabe von frischem Wasser zu einem feinen Püree verarbeitet. 


Geht auch in der Küchenmaschine.

Was soll ich sagen? Poi hat nicht nur die Konsistenz und den Geruch von Tapetenkleister, es schmeckt auch so. Offenbar liebt man auf Hawaii dieses schleimig, glitschige. Ich finde es in dieser Form jedoch weniger prickelnd. Wenn es Hawaiianern schmeckt, bitteschön, ich brauche das nicht noch mal.


Trotzdem richten wir unser Poi der Vollständigkeit halber mit an, genauso wie eine Portion Klebereis, der auf Hawaii gerne dazu gegessen wird.


Und weil ich sonst gerade nichts besseres zu tun hatte, habe ich noch ein paar Buns für Miniburger, sogenannte Slider, nach dem altbewährten Rezept gebacken.


Kalua Pork Sliders - auf Hawaii würde man jetzt "Ono!" rufen, was soviel wie "leckeres Essen" bedeutet. Aloha - und ich genieße jetzt den Rest vom Sonntag.
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Flashback:


Heute vor drei Jahren: French Dressing 

2 Kommentare:

  1. sensationell. auch deine materialbeschaffung ist echt legendär. woher hast du die komische wurzel, die nicht schmeckt?

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    1. Die lag da im Asia-Shop im Froster.

      Ich habe aber neulich ein Video gesehen, wo ein chinesischer Koch die Wurzel zerstampft hat, mit Mehl gemischt und mit dem Teig eine Entenbrust vor dem Frittieren damit umwickelt hat. Das sah sensationell knusprig aus.

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