Sonntag, 18. August 2019

Pan con Chicharrón Peruano - das Bratenbrötchen aus den Anden


Die Salsa von vorhin hat es ja bereits angedeutet, heute begeben wir uns kulinarisch nach Peru. Es gibt ja solche wahnsinnig witzigen Menschen, die, wenn man dieses Land erwähnt, den kindischen Drang verspüren, einem die schockierende "Neuigkeit" mitzuteilen, dass dort auch gerne Meerschweine gegessen werden. Glaubt mir, als Halter dieser Tiere habe ich da wirklich schon alle Witze gehört, und fühle mich ähnlich wie das Kassenpersonal in Supermärkten, das den unglaublichen Hammerspruch: "So viel? ich wollte eine Gurke kaufen und nicht gleich den ganzen Laden!" täglich bis zum Erbrechen hört.

Wir kochen heute keine Nagetiere, sondern richtiges Schwein. Und das wird richtig lecker. Was ihr auf den Bildern seht, gilt in Peru übrigens als gutes Frühstück. Mein Rezept stammt aus dem El Chinito, einer legendären Sanguchería (Sandwich-Restaurant) in Lima.


Das El Chinito wird von chinesisch stämmigen Peruanern geführt. Das hat im Andenland eine lange, wenn auch in Teilen dunkle Geschichte. Als Mitte des 19ten Jahrhunderts die Sklaverei in Peru abgeschafft wurde, fehlte es plötzlich an Arbeitskräften. Ersatz versuchte man in erster Linie im fernen Osten zu finden. Dazu wurde auf der Insel Macao eine Agentur gegründet, die auch vor dreckigen Tricks nicht zurückschreckte. Junge Männer wurden in Casinos zum Spielen verführt und wenn sie alles verloren hatten und hoch verschuldet waren, blieb ihnen nichts anderes übrig, als Arbeitsverträge zu unterschreiben und  sich über den Ozean nach Peru schippern zu lassen. Die Lebensbedingungen waren zunächst hart, wurden aber im Laufe der Zeit immer besser. Viele dieser Chinesen, die sich selbst Tusán nennen, eröffneten Restaurants in denen meist kantonesische mit peruanischen Elementen verschmolzen: die Chifa-Küche. Der Name stammt vom chinesischen 吃饭 (chì fàn), dem Begriff für "Reis essen", beziehungsweise generell "eine Mahlzeit essen". Bekannt ist hier zum Lomo Saltado, das wir hier schon mal vor einiger Zeit hatten.

Pan con Chicharón ist der Sache nach zwar eigentlich nicht Chifa-Küche, da das El Chinito aber von Tusán betrieben wird und dort auch asiatische Zutaten verwandt werden, passt die Zuordnung schon.


Die Brötchen kann man natürlich fertig vom Bäcker kaufen oder eben selbst machen. Ein vergleichsweise aufwendiges Rezept findet sich hier. Diesmal habe ich einfach
  • 850 g Mehl (550er)
  • 425 ml Wasser
  • 25 g Butter
  • 20 g Salz
  • 1 TL Zucker
  • 35 g frische Hefe
verknetet, zwei Stunden ruhen lassen, dann Teiglinge abgestochen, rund geschliffen, eine weitere Stunden gehen gelassen und dann mit Dampf im Ofen gebacken. 


Nicht perfekt, aber für eine "schnelle" Nummer in Ordnung.


Das Fleisch sollte nicht zu mager sein. Ich habe hier 1300 Gramm von der dicken Rippe, einem meiner Lieblingszuschnitte.

Gewürze:

  • 3 El Annatto/Achiote-Samen
  • 1 EL Piment
  • 10 cm Stück Ingwer
  • 4 -5 Knoblauchzehen
  • 1 - 2 rote Zwiebeln
  • 1 EL Salz
  • 2 TL Zucker
Annatto färbt orange, zum Beispiel auch den Cheddar. Wer diese Körner gerade nicht zur Hand hat, nimmt stattdessen zwei Teelöffel Gelbwurz (Kurkuma).

Natürlich brauchen wir auch unsere Salsa Criolla.



Wasser aufkochen, alle Gewürze und Aromaten hinzufügen. Fleisch einlegen - es sollte bedeckt sein - und eine Stunde leicht kochen lassen. Bei Bedarf zwischendurch Wasser nachgießen.


Nach sechzig Minuten sieht das dann so aus. Im El Chinto gehen natürlich im Laufe der Zeit tonnenweise Braten durch den Sud, so dass dieser wie von selbst immer kräftiger wird. Den Luxus habe ich hier nicht, ist aber nicht schlimm.


Das Fleisch hat nun schätzungweise (ich messe nie) eine Kerntemperatur von 75° bis 80° C, ist superzart und hat eine interessante Farbe.  


Die Knochen lassen sich jedenfalls sauber herausziehen. Der Braten wird nun erst mal trockengetupft und darf kurz ruhen.


Jetzt brauchen wir noch eine Süßkartoffel. 


Die wird geschält, in dünne Scheiben geschnitten und in heißem Öl frittiert, bis die Knolle gar ist. Abtropfen lassen. 


Dann wird das Fleisch von beiden Seiten je 3 Minuten im Fett schwimmend ausgebacken.


Das sieht jetzt noch leckerer aus.


Die Süßkartoffeln dürfen nun ein zweites mal ins Öl, diesmal, bis sie knusprig oder sind oder zumindest eine schöne Farbe haben. 


Nun geht es ans das Zusammenbauen. Brötchen aufschneiden und mit Süßkartoffelscheiben belegen.


Ordentlich Fleischscheiben darauflegen.


Salsa Criolla dazu, Deckel drauf und fertig. Nun muss man nur reinbeißen und genießen.

Ich hatte erst Bedenken, dass das Ganze durch die Salsa zu sauer wird, aber die Süßkartoffeln fangen das elegant auf und lassen keinen zusätzlichen Zucker vermissen. Dazu die leichte Schärfe, die wiederum der Deftigkeit des Fleisches schön Paroli bietet - ein Fest für Geschmacksknospen, einfach genial.


Das nenne ich mal ein Frühstück. Geht aber natürlich, anders als Weißwurst, auch nach 12 Uhr. Ich geh gleich noch mal naschen ...
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Flashback:



Rezept vom 13.08.2019: Wiener Backhendl

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