Montag, 12. Oktober 2020

Poulet aux morilles - Huhn mit Morcheln


Willkommen im Palais de Poulet. Endlich habe ich Zeit, mal wieder länger vor dem Herd zu stehen und zu kochen. Und siehe da, gleich ist auch die Leidenschaft und Inspiration zurück, die ich im alltäglichen Stress in letzter Zeit oft vermisste. Ich muss sagen, dass dieses Gericht schon länger in meinem Kopf herumspukte und ich mir schon aus Vorfreude das Wasser im Mund zusammenfloss. Ich kann schon mal vorwegnehmen, dass ich auch beim Essen nicht enttäuscht war und auch mit der Präsentation recht zufrieden bin. 


Wir räubern heute mal in der französischen Küche. Die hat ja bekanntlich von piekfein bis deftig-rustikal so ziemlich alles zu bieten. Dieses Huhn mit Morchelsauce  ist irgendwo in der Mitte. Nichts, wofür man Molekularphysik studiert oder einen Doktor in Chemie haben muss, aber trotzdem etwas, das man auch geschätzten Gästen vorsetzen kann ohne rot werden zu müssen.


Fangen wir ausnahmsweise mal mit der Beilage an, nämlich Kartoffeltalern. Da hätte ich auch einen eigenen Beitrag für verfassen können, aber so ganz zufrieden bin ich mit der Ausführung noch nicht, also erwähne ich das hier nur mal so am Rande. 

Ich brauche für zwölf Taler:
  • 6 mittelgroße Kartoffeln (mehligkochend)
  • 1 Ei
  • 3 EL Mehl
  • 1 EL Butter
  • Muskatnuss
  • Salz
  • Pfeffer
  • Fett zum Braten

Die Knollen habe ich, wie auf dem Bild zu sehen als Pellkartoffeln gegart, schon mal geschält und ausdampfen lassen. Nun werden sie mit der Butter und dem Ei verstampft. Mehl einrühren, bis eine weiche, formbare Masse entsteht. Mit Salz, Pfeffer und frischem Muskat abschmecken.

Zu Talern formen. Das geht auch deutlich hübscher.


Ich habe hier Olivenöl und Butter zum Braten genommen. Die Taler waren insgesamt zu groß und dick und ließen sich schlecht wenden. Nächstes Mal mache ich das filigraner. Vielleicht streiche ich die Masse dann auf ein Backblech, gare sie im Ofen vor, bis sie fest wird, steche dann kleine Taler aus und brate sie in Öl golden an.


Nun aber zum Hauptteil. Morcheln sind mir fast lieber als Steinpilze. Frisch bekomme ich sie hier aber nur sehr schlecht, aber diese getrockneten waren schon von sehr guter Qualität. Durchweg größere Exemplare und nicht nur Gebrösel. Die Packung hatte 25 g getrocknete Ware, das ergibt in etwa das fünffache im eingeweichten Zustand

Die Pilze kurz abbrausen und dann dreißig Minuten in lauwarmen Wasser einlegen. Wenn die Pilze weich sind, ist die Flüssigkeit dunkelbraun. Nun waschen wir die Pilze nochmal und drücken sie aus. größere kann man noch mal, längs halbieren, auch um etwaigen Sand aus dem Inneren zu entfernen. Das Einweichwasser kippen wir natürlich nicht weg, sondern gießen es durch ein mit einem sauberen Lein- oder Papiertuch ausgelegtes Sieb. Das ist flüssiges Gold für die Sauce.


Hier die Zutaten in Gänze:
  • 1 Huhn (1500 g)
  • 2 Knoblauchzehen
  • frischer Thymian
  • 2 große Karotten
  • 25 g getrocknete Morcheln (eingeweicht, um die 125 g)
  • 250 ml Einweichwasser der Pilze (gefiltert)
  • 60 ml Cognac
  • 100 ml Weißwein
  • 150 ml Sahne
  • Salz
  • Pfeffer
  • Olivenöl

Huhn zerteilen. Das sind bei mit immer zwei Unter- und zwei Oberkeulen, zwei Flügel (ohne Spitzen) und die Brust, geviertelt. Den Rückenteil friere ich für Fonds ein. Ich habe hier noch eine weitere Brust mit Haut und Knochen in zwei Stücke geteilt dazu gegeben. 

Das Fleisch salzen und mit der Hautseite nach unten in Olivenöl scharf anbraten. Angedrückter Knoblauch und Thymian können schon dazu. 


Die Stücke wenden und von der anderen Seite anbraten.


Elton John-Imitatoren mit Kunsthhartoupets oder Träger von John Travolta-Gedächtnis-Polyesteranzügen sollten nun vorsichtig sein. Wir kippen den Cognac in die heiße Pfanne. Auf dem Gasherd reicht es nun, das Bratgerät kurz schräg zu halten, alle andern müssen am besten mit einem Stabfeuerzeug nachhelfen. Es macht WOOF! und die Nachbarn denken, wir eröffnen die olympischen Spiele bei uns in der Küche. 

Ist das Feuer heruntergebrannt, geben wir Wein und das Pilzwasser (nein, kein Pilsener) dazu.  


Jetzt dürfen auch die geschälten und in nicht zu dünne Ringe geschnittenen Möhren dazu, deren einziger Zweck ist, als Alibigemüse für mehr Farbe und ein besseres Gewissen zu sorgen.


Wichtig: wir stellen nun fest, das wir komplett bescheuert sind, weil das Bratgerät - immerhin eine 32er - nun schon randvoll ist. Also ziehen wir in die nächst größere um. Das wäre bei mir dann meine kleine Paellapfanne mit 35 Zentimeter Durchmesser. 

Wir lassen das Ganze nun sanft schmurgeln, gerne auch mit Deckel. 


Nach zwanzig Minuten gießen wir dann die Sahne an und fügen die Morcheln hinzu. Nun lassen wir alles langsam eindicken, das sollte sie fünf bis sechs, höchstens zehn Minuten dauern. Bei Bedarf etwas Flüssigkeit nachkippen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und fertig. 


Klar, frische Morcheln wären, wie gesagt, besser, aber auch so ist die Sauce so unglaublich aromatisch und kräftig. Das Huhn ist zart und die Kartoffelplätzchen passen ausgezeichnet dazu. Dafür würde ich im Restaurant mit Freuden bezahlen. 
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