Donnerstag, 22. Oktober 2020

Chickasaw Drei-Schwestern-Eintopf (3 Sister Stew)


Es ist für mich immer ein besonderes Erlebnis, wenn ich küchentechnisch eine Lücke schließen kann und ein weiterer weißer Fleck auf meiner kulinarischen Landkarte verschwindet. Ich habe hier zu Beginn des Blogs vor mittlerweile fast sieben Jahren den Anspruch erhoben, mich einmal um die ganze Welt zu kochen. Auf dieser virtuellen Reise habe ich schon in viele Kochtöpfe geschaut und man kann mit Recht sagen, schon recht international zu sein. Dennoch ist mir neulich bewusst geworden, dass ich zum Beispiel über die Küchen der nordamerikanischen Ureinwohner so gut wie gar nichts weiß. Eine Schande für einen Westernfan wie mich, der obendrein als Jugendlicher leidenschaftlicher Karl May-Leser war. Gut, man weiß, dass die Indianer, wie wir sie ja fälschlich nennen, mit Pfeil und Bogen Büffel gejagt haben, die aber auch gar keine Büffel, sondern Bisons waren. Dann kennt man noch Truthahn, irgendwas mit Mais und Lachs. Das war es dann auch schon. Also habe ich mich mal auf die Suche nach indigenen Rezepten gemacht, die man auch mit hierzulande überall erhältlichen Mitteln nachkochen kann.   


Im Prinzip kann man die Ureinwohner Amerikas in zwei Ernährungstypen einordnen: Jäger und Sammler, die nomadenhaft den Bisonherden folgten oder sesshafte Völker, die auch vom Ackerbau lebten. Dieses Rezept hier stammt vom Stamm der Chickasaw, die zur Zeit des Erstkontakts mit Europäern im Gebiet des heutigen Tennessee lebten. Später wurden sie in die Reservate weiter westlich in Oklahoma zwangsumgesiedelt. Wer genaueres über dieses düstere Kapitel nordamerikanischer Geschichte erfahren möchte, schlägt mal unter dem Begriff Trail of Tears - Pfad der Tränen nach. Bei aller Kulturkritik aber bitte nicht vergessen, dass hauptsächlich Menschen mit europäischen Wurzeln für diese Untaten verantwortlich waren.


Aber zurück zum Eintopf. Woher kommt der Name? Mit den drei Schwestern sind hier Mais, Kürbis und Bohnen gemeint. Die wachsen nämlich zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Die Bohnen düngen den Boden mit Stickstoff, so dass der Mais hochwachsen kann. Der bietet so Schutz vor Hitze und anderen Wetterwidrigkeiten. Der Kürbis mit seinen großen Blättern bedeckt den Boden und verhindert so, dass dieser austrocknet. Man sieht, dass da eine Menge an Kulturtechnik dahintersteckt. 

Ich habe mich hier weitgehend an die Vorgaben auf Chickasaw.net gehalten, dem scheinbar offiziellen Webauftritt des Chickasaw-Volks. Das Rezept verlangt eigentlich nach "Yellow Squash", das ist eine Kürbisart, die bei uns meist unter dem Namen "gelbe Zucchini" läuft und leider eher im Sommer erhältlich ist. Ich habe deshalb einen grünen Zucchino genommen, das geht auch. Für einen guten Topf, der auch mehrere Stammesmitglieder satt macht:
  • 50 g Gerste
  • 3 - 4  Zwiebeln
  • 3 - 4 mittlere Kartoffeln
  • 2 - 3 Knoblauchzehen
  • 150 g Kidneybohnen
  • 150 g Tigerbohnen (black eyed peas)
  • 1 Zucchino
  • 1 Maiskolben (oder entsprechend Maiskörner)
  • 1 Dose geschälte Tomaten (400 g)
  • 250 ml passierte Tomaten
  • 600 ml Wasser
  • schwarzer Pfeffer
  • Salz
Gerste habe ich in der Bioecke des Supermarkts gefunden, man kann auch grobe Graupen nehmen. Zur Not werden auch Ebly gehen.  
 

Kartoffeln nach Belieben schälen und mit dem Zucchino in nicht zu dünne Scheiben schneiden. Zwiebel abziehen stifteln, geschälten Knoblauch fein hacken. Mais vom Kolben säbeln, Bohnen abspülen und abtropfen lassen. 

Wasser in den Topf geben und nun alle Zutaten bis auf das Salz hinzufügen. Kräftig pfeffern. Mehr brauchen wir nicht. Allerhöchstens könnte man ein bisschen Oregano oder ein anderes Wildkraut dazugeben, ist aber nicht nötig.


Das Ganze nun vierzig Minuten köcheln lassen, dabei immer wieder umrühren, damit sich nichts am Boden festsetzt. Bei Bedarf kippen wir mehr Flüssigkeit nach. Das macht sicher mehr Spaß, wenn man es in Tontöpfen über offenem Feuer kocht, die Grillen zirpen und in weiter Ferne die Kojoten jaulen. Aber da müssen wir jetzt durch.  

Übermäßiger Salzkonsum gehört scheinbar nicht zu dieser Art von Küche, trotzdem schmecken wir am Ende vorsichtig mit etwas Salz ab. Mehr braucht es wirklich nicht. Es ist schon erstaunlich, wie lecker das schmeckt. Die Süße des Mais, die leichte Säure der Tomate, die "Erdigkeit" der Bohnen - alles sehr stimmig. Ja, es ist einfache Küche und ein wenig so wie das, was ich damals als Student im gemieteten Zimmer mit Ein-Plattenkocher gekocht habe, aber das ist ja nichts schlimmes. Wichtig ist, dass es schmeckt, gesund ist und Energie spendet. Und diese Bedingungen erfüllt unser Eintopf allemal. 


Fleisch zum Beispiel habe ich hier gar nicht vermisst. Im Gegenteil - wenn vegane Küche immer so gut schmecken würde, müsste man nicht mit Dr. Frankenstein-Methoden zwanghaft Schnitzel aus Soja nachbasteln und auch ich könnte mich daran gewöhnen. Obwohl, so ein leckeres Bisonsteak ...
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