Montag, 26. Dezember 2022

Alle Jahre wieder: Schaumburger Ritter bei Rinteln


Es ist bei uns zur lieben Tradition geworden, Heiligabend bei uns zu feiern. Früher haben wir dann am ersten Feiertag immer bei den besten Schwiegereltern, die ich je haben konnte, gegessen. Wir werden aber alle nicht jünger, also entschieden wir uns vor ein paar Jahren dazu, an diesem Tag mit den beiden einfach schön Essen zu gehen. Am zweiten Weihnachtstag ging es dann zu meinen Eltern, um den obligatorischen Weihnachtstruthahn zu verspeisen. Irgendwann wurde das auch meinen Altvorderen merklich zu viel - und drei Tage geballte Family war auch uns ehrlich gesagt a touch too much - also wurde der erste Weihnachtstag zum allgemeinen die-gesamte-Familie-geht-Essen-Tag erkoren. Dann sind alle bedient und am zweiten Feiertag herrscht Ruhe. So auch dieses Jahr. Und so wie 2021 ging die Reise auch diesmal zum Schaumburger Ritter zwischen Rinteln und Hameln. Hier also der adelige Bericht von gestern, dem ersten Weihnachtstag. Das Eingangsbild ist übrigens vom letztem Jahr. Ich habe diesmal vergessen, eins zu machen.


Weihnachten gibt es kein à la carte-Geschäft. Man offeriert dem Gast dafür verschiedene Komponenten, aus denen sich ein 3- bis 6-gängiges Menü zusammenstellen lässt. Ich habe mich für fünf Gänge entschieden. Es hätten natürlich auch die die vollen sechs sein können, aber es gab einen Käsegang und darauf stehe ich nicht so unbedingt (Käse - mein kulinarischer weißer Fleck, an dem ich aber arbeite). Wenn man zu acht an einem Tisch sitzt, kann es natürlich ein Problem werden, wenn unterschiedlich viele Gänge bestellt werden. Küche und Service müssen da schon rochieren, um einerseits Gerichte gleichzeitig zu servieren, andererseits aber Wartezeiten bei 3-Gänglern zu vermeiden, wenn 5-Gängler wie ich ihre Extraportionen bekommen. Das wurde hier gut gelöst.  

Bevor aber überhaupt irgendetwas passiert, gibt es frisches Brot mit Schmalz oder auf Wunsch Butter. So was ist auch bei mir zu Hause Usus und wird immer gern gesehen.


Dann folgt ein kleiner Gruß aus der Küche. Geräucherte Enten- oder Gänsebrust mit Kräuterpesto. Das Gelbe ist ein Mus vom Kürbis und so unglaublich lecker und luftig - ich könnte mich allein daran dusselig essen.


Mein erster Gang: Vorspeisenvariationen. Ich zitiere die Menükarte: 
  • getrüffelte Praline von der Barbarieente, hausgemachter Wildschinken, Tatar vom Blue Marlin, Garnele im Kräutercrêpes, Terrine vom Rehfilet
Lecker dazu: Scheiben von der schwarzen Walnuss

  • Schaumburger Bio-Pastinakensuppe mit Rotbarbenfilet.
Kleiner Kritikpunkt, obwohl meine Schwester sich beim Bestellen als Vegetarierin geoutet hatte und schon das amuse gueule zurückgehen ließ (und natürlich auch prompt einen fleischfreien Ersatz bekam) hätte man sich das für die Suppe merken müssen und zumindest nachfragen können, ob Fisch in Ordnung sein. Es sei der Hektik des Weihnachtsgeschäfts geschuldet, aber hier mangelte es wohl an Kommunikation. Aber es wurde stante pede für Ersatz gesorgt. Ich durfte die Suppe bei der Gattin probieren und fand sie richtig lecker. Die Pastinake verdient ohnehin viel mehr Aufmerksamkeit auch in meiner Küche. Das Bild zeigt übrigens die vegetarische Variante der Suppe ohne Rotbarbe.  


Meine Suppe als zweiter Gang:  
  • Wachtelconsommé mit Wachtelroulade, Gemüsen und getrüffelten Nudeln
Sehr kräftig im Geschmack, wie eine Kraftbrühe eben sein soll. Ich persönlich hätte ein wenig mehr Salz vertragen, aber ich bin damit auch immer sehr offensiv, also passt schon. Was ich allerdings aber wirklich anders gemacht hätte: ich hätte eine andere Schale genommen. Die hier ist schön, keine Frage, aber die tolle Farbe der Brühe geht hier optisch leider komplett unter. Aber hey, was meckere ich hier rum. Die Suppe war fantastisch und ich hätte sie auch einem Blechnapf genossen. 

  • Warmes Langustencarpaccio auf Fregola sarda mit Tomaten und Thai-Spargel.
Mein dritter Gang (Zwischengang). Dazu gedörrte Tomaten und allerlei Schaumiges-Traumiges. Was soll ich dazu groß sagen? 


  • Wintergemüsebeet auf Steinpilzserviettenknödel.
Vegetarischer Hauptgang: Wintergemüsebeet auf Steinpilzserviettenknödel. Ist viel los auf dem Teller, passt aber.

  • Knuspriger Gänsebraten mit Beifußjus, Rotkohl, Maronen, Bratapfel und Kartoffelknödel.
So etwas darf Weihnachten natürlich als möglicher Hauptgang auch nicht fehlen. 

  • Törtchen vom Hirschrücken in Holunderjus, Wintergemüsebeet auf Steinpilzserviettenknödel. 
Mein Hauptgericht als vierter Gang: Eine ähnliche Konfiguration, wie das vegetarische Gericht, nur eben ohne Trüffelnudeln und mit kräftiger Wild- statt Tomatensauce. Das Fleisch war super zart und das Gemüse mit Biss und auch gut gewürzt. Die kleinen Tupfer Kartoffelbrei bestanden bestimmt auch zu 50% aus Butter - wenn schon, denn schon. Ich feiere so was. Da ist nichts auf dem Teller, was nicht auch schon einzeln schmeckt, aber alles, was in der Kombination noch besser wird.  

Ein weiterer Hauptgang, den aber keiner gewählt hat, wäre auf der Haut gebratenes Wolfsbarschfilet, Safrangemüse und zweierlei Karotten-Ingwer-Püree gewesen. Ebenso noch auf der Karte: eine internationale Käseauswahl. 

  • Warmes Mandelsüppchen mit gebackener Birne, Blätterteig-Lebkuchenstange und Christstollenparfait.
Nachtischoption Numero Uno. Sehr lecker, aber hier hätte eine säuerliche Komponente nicht geschadet.

  • Mohn-Orangentörtchen mit Nougatprofiterole, Kardamomsauce, Gewürzäpfel und Rumtopfeis
Die andere Dessertmöglichkeit, meine Wahl und damit der fünfte und letzte Gang. Alles sehr schön und obwohl - wir sprechen jetzt alle mit - Herr Westerhausen ist ja sonst kein Dessert-Esser ist, hiervon hätte ich gerne heute wieder was. Preislich lagen wir drei (Gattin, Sous-Chefin und meine Wenigkeit) am Ende bei knapp 245 Euro. Das ist bei all dem Handwerk und der Qualität für insgesamt 12 Gänge inklusive Getränken (aber ohne Weinpairing) mehr als nur fair. Fazit: ein rundum gelungener Abend, danke an alle Beteiligten und man muss ja nicht wieder bis Weihnachten warten, bis man mal das nächste Mal vorbeischaut. So - und nun genießt die restliche Festtagszeit und vielleicht ein paar freie Tage mehr. Immer daran denken, an Weihnachten gilt der Satz Karl Valentins: "Wenn die stille Zeit vorbei ist, dann wird es auch wieder ruhiger."
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