Samstag, 11. Juli 2015

Rendang vom Rind


Neben nasi goreng, der Reistafel und Satay Spießen mit Erdnusssauce, ist das rendang vermutlich das bekannteste Gericht Indonesiens und des benachbarten Malaysiens. Natürlich gibt es unzählige Versionen und regionale Unterschiede, sowohl was die Schärfe, als auch die Konsistenz angeht. Ich habe mir viele verschiedene Rezepte angesehen und schließlich diese Variante daraus "synthetisiert". Der Experte mag jetzt mäkeln, dass hier wahrscheinlich einige Sumatra-Elemente mit malaysischen Komponenten kombiniert worden sind, aber Nürnberger Bratwurst schmeckt auch mit Dijonsenf, also wollen wir mal nicht so sein. In einer Sache sind sich übrigens alle Rezepte einig: man braucht Zeit, viel, viel Zeit, um ein gutes rendang zu kochen, also rechtzeitig anfangen.


Ähnlich wie beim indischen vinadahlo, ist auch beim rendang die Gewürzpaste die Basis des Gerichts. Deshalb kümmern wir uns zuerst um sie. Eigentlich nimmt man diese kleinen, runden, leicht rötlichen asiastischen Schalotten. Ich habe stattdessen französische Schalotten und rote Zwiebeln gemischt. Kann man, muss man aber nicht. Kemrininüsse sind roh giftig und sollten immer gut geröstet oder gegart verzehrt werden. Dann ist die in ihnen enthaltene Blausäure unschädlich.
  • 6 Knoblauchzehen (bawang putih)
  • 2 rote Zwiebeln und 4 Schalotten (bawang merah)
  • 6 getrocknete, scharfe rote Chilischoten (cabe merah)
  • 6 frische, scharfe rote Chilischoten (cabe merah)
  • 1 Stück Galgantwurzel (lengkuas)
  • 1 Stück Kurkumawurzel (kunyit)
  • 1 Stück Ingwerwurzel (jahe)
  • 4 Kemirinüsse (Lichtbaumnüsse, Candelnuts)
  • 4 grüne Kardamomkapseln (capol)
  • 4 Nelken (cengkeh)
  • 2 EL scharfes Currypulver (bubuk kari)

Die getrockneten Chilis eine halbe Stunde in heißem Wasser einweichen.


Wurzeln schälen. Das geht am besten, wenn man die Haut mit einem Löffel abkratzt. Zwiebeln und Knoblauch abziehen und grob hacken.

Leichtmatrosen, linke Fahrspurblockierer und Helene Fischer Fans entfernen vor der Weiterarbeitung die Kerne der Chilis. Als echter Vertreter der Gattung homo sapiens mache ich das natürlich nicht.


Alle Zutaten für die Gewürzmischung im Mörser oder in der Küchenmaschine zu einer Paste verarbeiten, dabei nur soviel Einweichflüssigkeit der Chilis dazugeben, dass eine homogene Masse entsteht.


Weitere Zutaten:
  • Gewürzpaste (siehe oben)
  • 1 großes Kurkumablatt (daun Kunyit)
  • 2 indonesische Lorbeerblätter (daun salam)
  • 5 Kaffir-Limettenblätter (daun jeruk purut)
  • 2 Stängel Zitronengras (sereh)
  • 1 Stück Zimtrinde oder -stange
  • 1 EL Tamarindenmark
  • 1 Becher Kokosraspeln
  • 1 Liter ungesüßte Kokosmilch (santan)
  • Pflanzenöl
  • Salz
  • Zucker

Und natürlich Rindfleisch, sonst wäre es ja kein rendang vom Rind. Hier kann man günstige Zuschnitte nehmen, gerne auch durchwachsen. Zum Glück spricht es sich auch immer mehr herum, dass Tiere nicht nur aus Filets bestehen. Ich habe hier etwa 1300 Gramm aus der hohen Rippe, beziehungsweise Hals, also dem Teil, der beim Schwein als Nackensteak auf dem Grill landet. 


Das Fleisch wird nun - nicht zu klein - gewürfelt. Drei bis vier Zentimeter Kantenlänge sind hier optimal.


Die Kokosflocken werden nun trocken angeröstet. Im Idealfall sind es frische Flocken, ...


... getrocknete gehen aber auch. Aufpassen, die Raspeln dürfen nicht zu dunkel werden. Haben wir ein apartes hellbraun erreicht, entfernen wir den Kokos aus dem Wok. Diese Zutat nennt man so keris
ik.


Nun erhitzen wir einen Esslöffel Pflanzenöl in unserem Wok und geben die Gewürzmischung hinzu. Diese darf nun ein paar Minuten anrösten, damit sich die Aromen schön entfalten können. Da ein rendang, wie gesagt, lange Zeit zum Schmoren braucht, habe ich heute morgen schon damit angefangen. Der Duft, der allein beim Anrösten der Paste entsteht, ist so bombastisch und vielschichtig, dass er eine europäisch geprägte Nase Samstags um 9:30 schon mal schnell überfordern kann.


Nun darf auch das Rind in den Topf hüpfen. Wir geben eine Tasse kochendes Wasser dazu, ...


... legen den Deckel auf und lassen den Wokinhalt eine Viertelstunde vor sich hin schmoren.


In der Zwischenzeit fügen wir dem Zitronengras mit der stumpfen Klingenseite unseres Messers ein wenig rohe Gewalt zu. Das hilft, die ätherischen Öle freizusetzen und Aggressionen abzubauen. 


Das gesamte Blattwerk, Zitronengras, geröstete Kokosraspeln, Kokosmilch, Tamarinde und Zimtrinde kommen nun ebenfalls dazu. Wir würzen dezent mit Salz und etwas Zucker.


Nun stellen wir den Wok auf die kleinste Flamme und kümmern uns die nächsten Stunden um andere Dinge. Jetzt wäre nämlich Zeit, die Enzyklopädia Britannica auswendig zu lernen. Oder den Faust III zu schreiben, beziehungsweise Beethovens 10te zu komponieren. Gut, hin und wieder mal nachkucken, ob nichts anbrennt schadet nicht, genauso wenig wie immer mal wieder probieren, wie sich Aroma, Aussehen und Konsistenz ändert.


Nach etwa zwei Stunden und gelegentlichem Rühren, hat sich Farbe deutlich verdunkelt. Die Kokosmilch - eigentlich eine Emulsion aus Öl und Feuchtigkeit - beginnt sich zu trennen.


Das Wasser in der Kokosmilch kocht langsam ein ...


... und das Öl beginnt oben auf zu schwimmen. Das muss so sein. 


Jetzt - bei mir nach etwa drei Stunden niedriger Hitze - ist nämlich der Moment gekommen, an dem der Schmorprozess langsam in einen Bratprozess übergeht. Das Fleisch und die Gewürze garen nun im Kokosöl und karamellisieren letztlich. Das Ganze enthält aber jetzt noch Feuchtigkeit. In diesem Zustand ist es noch kein rendang, sondern ein kalio. Für ein rendang muss es noch weiter karamellisieren und trockener werden.  


So, jetzt sind wir da, wo wir hin wollen. Schöne Farbe, schön "trocken", aber trotzdem saftig und mit einem Duft, der noch die Nachbarn mit Löffeln vor der Tür Schlange stehen lässt. Das waren jetzt gut vier Stunden Koch- beziehungsweise Schmorzeit.


Das Fleisch, obwohl ein recht günstiger Abschnitt, kann man mit dem Löffel essen. Man sieht auch schön die karamellisierte Gewürzschicht.


Vier Stunden plus Vorbereitungszeit - Zeit, die gut investiert war und ein Aufwand, der sich gelohnt hat. Erstaunlicherweise ist das Gericht milder, als ich zunächst vermutet hätte. Das nächste Mal werde ich mit Chilis wesentlich offensiver vorgehen.

6 Kommentare:

  1. Oh Mann, riecht das gut!
    Möchtest du mit deinen Gewürzmischungen und -pasten nicht einen kleinen Handel treiben? Ich täte sofort aufzeigen...:-)
    Aber gut, soooo viel Zeit wie für das rendings würde ich nun vermutlich auch nicht in meiner Küche verbringen wollen.
    Klingt jedenfalls äusserst lecker.
    Schönen Sonntag!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich habe ja auch nicht die ganze Zeit in der Küche verbracht. Das Rentier ... Rendang kocht sich ja quasi von alleine. Wie gesagt, ich habe zwischendurch Schuberts Unvollendete vollendet, die Kathedrale von Reims neu gestrichen und zwei Runden Monopoly gespielt.

      Gewürze Im- und Export? Für ein Nebengewerbe müsste ich erst bei meiner Bezirksregierung nachfragen, fürchte ich. Wenn ich Pech habe, bestellt das Dezernat dann alles für sich selbst ...

      Löschen
  2. Danke, habe 2 Tage (mit Schubertpausen) gesurft, weil ich das zu Weihnachten machen möchte. Ist mit Abstand das beste deutsche Rezept, das ich gefunden habe.
    Jetzt muss es nur noch gelingen ...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Na, dann mal gutes Gelingen und ein frohes Fest! Schubert und Rendang - das sind die Zusammenhänge!

      Löschen
    2. Das muss man einmal probiert haben. Konzentriertes Umami. Aber für die, die sich ein Gulasch erwarten: Man braucht für 3 Stück Fleisch eine Portion Reis, um diesen bombastischen Geschmack zwischendurch wieder zu neutralisieren. Freue mich schon darauf die Reste kleinweise zu verkosten.

      Löschen
    3. Freut mich, wenn es geschmeckt hat. Mich hat es damals geschmacklich schier überrollt - ähnlich wie die Pho Bo (auch im Blog).

      Löschen