Eines direkt vorweg: wer meint, hier eine Bolognese wenigstens als Zutat vermuten zu müssen, is(s)t auf dem falschen Dampfer. Obwohl doch Gemeinsamkeiten bestehen. Sowohl das berühmte Ragù als auch diese Suppe stammen nämlich aus der Stadt Bologna, daher der Zusatz alla bolognese - nach "Bologner Art". Beide Rezepte sind darüber hinaus bei der dort ansässigen Industrie und Handelskammer hinterlegt und gelten damit, einer DIN vergleichbar, als ricetta tradizionale. Mein Dank geht an dieser Stelle einmal mehr an Alberto (caralb) von Chefkoch, der auch dieses Rezept nicht nur ins Deutsche übertragen, sondern es auch mit uns geteilt hat.
Woran erkennt man ein gutes Restaurant? Für mich zunächst einmal an der Qualität der Suppen. Ich bestelle gerne klare Brühen. Wenn ich dann etwas schmackhaftes bekomme, dass nicht aus Fertigpulver und Brühwürfeln besteht, weiß ich, die Küche versteht ihr Handwerk. In italienischen Restaurants ordere ich deshalb immer tortellini in brodo, wenn sie auf der Karte zu finden sind. Das ist ein erbarmungsloses Gericht, das keinerlei Fehler erlaubt. Angefangen bei der Pasta. Ist sie nicht handgemacht, kann man sich die Suppe sparen. Dann muss natürlich die Füllung stimmen, Geschmack und Beschaffenheit der Pasta in jedem Fall auch. Die Brühe selbst ist ebenso wichtig. Von Grund auf frisch gemacht, kräftig aber nicht zu fettig, gut gewürzt und heiß. Eigentlich lässt sich hier nichts kaschieren. Ein guter Gradmesser für die Qualität eines Restaurants eben. Der zweite wichtige Indikator ist übrigens die Qualität des Risottos.
Tortellini in brodo hatten wir auch schon mal, damals aber mit Hühnerfleisch als Füllung und nicht klassisch. Das wird jetzt nachgeholt.
Tortellini in brodo hatten wir auch schon mal, damals aber mit Hühnerfleisch als Füllung und nicht klassisch. Das wird jetzt nachgeholt.
Ich habe mir erlaubt, die Mengenangaben ein wenig herunterzurechnen. Das Originalrezept sieht etwa 1300 Gramm Füllungsmasse vor. Das würde, grob geschätzt für ein Kilo Tortellini reichen. Wer nicht gerade eine Fußballmanschaft bekochen will, hält sich an meine Berechnungen. Ich habe die Angaben für mich gedrittelt und bin auf folgendes gekommen:
- 100 g Schweinefilet
- 100 g Parmaschinken
- 100 g echte italienische Mortadella (nicht diese "Kinderwurst" von der Fleischtheke)
- 135 g Parmesan
- 1 Ei
- Rosmarin
- Knoblauch
- Muskatnuss
- Pfeffer
- Salz
- Olivenöl
Knoblauch pellen und mit dem Rosmarin hacken. Das Schweinefilet damit einreiben.
In Olivenöl von allen Seiten scharf anbraten.
Kräuter so gut es geht, wieder abreiben. Das Fleisch wird jetzt innen noch komplett roh sein.
Das Filet mit dem Parmaschinken, der Mortadella, dem Parmesan und dem Ei in einer Küchenmaschine zu einer sehr feinen Paste kuttern. Mit Muskat und Pfeffer, eventuell auch mit Salz abschmecken. Das Ganze sollte in etwa die Farbe und Konsistenz von Teewurst haben. Die Farce kommt nun für ein paar Stunden, am besten über Nacht, in den Kühlschrank.
Außerdem brauchen wir natürlich Pasta. Albertos Rezept ist meinem ziemlich ähnlich und der Genauigkeit wegen hier erwähnt:
- 400 g Mehl
- 7 Eigelbe
- 1 Vollei
- 1 EL Olivenöl
- Salz
Nachdem unser Pastateig entsprechend lange in Folie bei Zimmertemperatur geruht hat, rollen wir ihn dünn aus und schneiden ihn in fünf Zentimeter Quadrate. Normalerweise nehme ich Stufe 7 meiner neunstufigen Pastamaschine.
Auf jedes Quadrat kommt nun ein bisschen Füllung. Diese ist durch den langen Kühlschrankaufenthalt schön fest geworden, lässt sich gut modellieren und schmiert kein bisschen.
Die belegten Quadrate werden nun über Eck zu einem Dreieck gefaltet, ...
... dessen Enden einfach ringförmig zusammengedrückt und leicht nach unten gezogen werden. So entsteht die Pasta, die der Form nach an den Bauchnabel der römischen Liebesgöttin Venus erinnern soll. Nun ist besagte Dame bei mir zwecks Nabelschau noch nicht vorstellig geworden, aber wir wollen einmal glauben, dass das so seine Ordnung hat.
Fertige Tortellini leicht bemehlt zwischenlagern. Nun kommt auch unsere Hühnerbrühe zum Einsatz, die wir gestern schon angefertigt haben. Das Rezept dazu kann man natürlich auch auf dem Blog finden, am einfachsten, wenn man einmal hier klicken möchte.
Jetzt müssen die Tortellinis nur noch in der Brühe garen. Das dauert in etwa drei Minuten. Auch wenn ich mich wiederhole: was oben schwimmt, ist gar.
Wir servieren heiß mit Petersilie - glatte wäre natürlich stilechter. Selbst die Gattin, die man mit Hühnersuppen oder Fleischfüllungen sonst jagen kann, war begeistert. Auf die Frage, ob sie die restlichen Tortellinis gerne morgen in einer Tomatensauce wolle, antwortete sie "Nein, in der Brühe. Das war richtig lecker". Es geschehen noch Zeichen und Wunder.
Nachtrag, Mittwoch, der 22.07.2015
Gestern wurde in der Chefkoch Community auf Google+ der Vorwurf erhoben, die Pasta sei verkocht und sehe auch nicht wie Tortellini aus. Nicht, dass ich mich rechtfertigen müsste, aber es packt einen dann doch bei seiner (Hobby-)Kochehre. Wenn man berücksichtigt, dass handgemachte Pasta immer individuell aussieht, denke ich mit Blick auf das Foto, die Geschichte braucht von mir nicht weiter kommentiert werden.
wer das bemeckert, hat keine ahnung
AntwortenLöschenMan kann es nie allen Recht machen. Aber wem sage ich das.
Löschen