Mittwoch, 20. Juli 2022

Shanghai Cu Chao - Shangai-Nudeln

 
Normalerweise liegt mein Fokus bei chinesischen Gerichten meist auf Sichuan oder Guangdong (Kanton), aber ich verliere dabei auch nie die fantastischen Küchen der anderen Regionen aus den Augen. Heute verschlägt es mich nach Shanghai. Das kennt man vielleicht aus alten Piratenfilmen, wo in den Hafenkneipen der Stadt junge Männer zum Opiumgenuss verführt wurden und am nächsten Tag auf hoher See als Matrose wider Willen erwachten - "shanghaien" ist das entsprechende Verb. Ich verführe euch heute auch, aber nicht mit berauschenden Mohnextrakten, sondern mit fantastischen Nudeln. Es gibt nämlich 上海粗炒 oder Shànghǎi Cū Chǎo, was wir so in etwa als „Shanghai Dicke gebraten“ übersetzen können. Damit ist natürlich die Nudel gemeint … also die Teigware, aber dazu später mehr.


Das Gericht lässt sich natürlich vegetarisch gestalten, üblicher ist aber die Beigabe von Schweinefleisch als Protein. Das mag die Gattin nicht so, also habe ich Huhn genommen. Rind wäre auch ein Alternative gewesenn.
  • 300 g Hühnerfleisch
  • 2 TL chinesischer Reiswein (Shaoxin)
  • 2 TL helle chinesische Sojasauce
  • 1 TL Speisestärke
  • Prise Salz
  • Prise weißer Pfeffer
  • 1 EL Öl
Das Fleisch in dünne Schieben schneiden und mit den restlichen Zutaten vermengen. Zwanzig Minuten marinieren lassen. Mit Schweinefleisch wären wir genauso vorgegangen.

Das Gericht verlangt außerdem nach Shiitakepilzen. Die habe ich nur getrocknet bekommen, also werden sie in warmen Wasser eingelegt, solange das Huhn durchzieht. Anschließend gut ausdrücken und die Stile entfernen, die werden nämlich nicht mehr richtig weich. Diese Pilze waren klein, also habe ich sie ganz gelassen. Frische würde ich nochmals halbieren oder in Streifen schneiden.


Als Gemüse brauchen wir etwas Pak Choi. Der wird ein paar Sekunden in Salzwasser blanchiert, dann mit Eiswasser abgeschreckt und in mundgerechte Stücke geschnitten. Hierbei trennen wir die hellen Stiele von den grünen Blättern, das diese verschiedene Garpunkte haben.


In Shanghai nimmt man für das Gericht lange, dicke Weizennudeln. Hier sind japanische Udon der perfekte Ersatz. Die Teigware wird nach Packungsanweisung gegart und - anders als italienische Pasta - kalt abgespült und mit etwas Öl vermischt.

  • Die Sauce:
  • 2 EL Austernsauce
  • 2 EL helle chinesische Sojasauce
  • 1 EL dunkle chinesische Sojasauce
  • 1 EL Zucker
  • Prise weißer Pfeffer
Für eine vegetarische Version können wir die Austernsauce durch schwarze Bohnenpaste ersetzen.


Was noch?
  • 5 Frühlingszwiebeln
  • 2 chinesische Knoblauchzehen (Monoknoblauch) oder 4 bis 5 Zehen normaler
  • 1 Karotte
Letztere ist nicht kanonisch, aber ich finde sie passt von der Optik gut, sorgt für ein wenig Biss und die Gattin beschwert sich auch nicht über zu wenig Gemüse. Das Wurzelgewächs wird auf jeden Fall geschält und in streicholzgroße Stifte geschnitten. Knoblauch abziehen und fein hacken. Frühlingszwiebeln in ebenso lange Stücke schneiden, grün und weiß dabei trennen.


Jetzt geht’s los, jetzt geht’s los! Das Drachenmaul ist aus dem Winterschlaf erwacht. 26 kW Wokpower. So macht das richtig Spaß, aber keine Sorge, das geht auch auf einem Haushaltsherd.


Man kann das Huhn jetzt natürlich ganz einfach pfannenbraten oder, wie man es in China oft macht - „durch das Öl gehen lassen“. Mit anderen Worte: wir frittieren das Ganze. Dadurch wird es ganz weich und samtig. Eine Minute im heißen Öl sollte reichen.


Huhn zum Abtropfen in ein Sieb geben und überschüssiges Öl bis auf vier Esslöffel abgießen. Knoblauch auf mittlerer Flamme anschwitzen, bis er duftet.


Karotten und Pilze hinzufügen, Hitze erhöhen und alles gut durchrühren. Das dauert bei mir zwanzig Sekunden, auf einem Haushaltsherd sollte man eine Minute einplanen.


Weiße Frühlingsteile und Pak Choi-Stiele unterrühren und mitbraten. Mit einer Prise Salz würzen und aus dem Wok nehmen.


Wieder etwas Öl in den Wok geben und die Nudeln darin unter Rühren kurz anbraten.  


Sauce angießen und alles schön vermengen. Ist das Ganze zu hell, noch mal mit einem Schuss dunkler Sojasauce nachhelfen.


Fleisch und Gemüse dürfen nun zurück in den Wok, ebenso die grünen Frühlingszwiebeln und Pak Choi-Blätter. Abschmecken und fertig.


Ich sage es immer wieder - ein gut eingebrannter Wok ist besser als Teflon.


Jetzt müssen wir die Shanghai-Nudeln nur noch servieren und schon können wir genießen. Wie bei allen Wokgerichten dauert die Vorbereitung länger als das Kochen selbst. Das war bei mir in knapp vier Minuten geschafft. Schneller bekommt man auch nichts vom Asia-Imbiss. Und es schmeckt dafür auch noch leckerer und man weiß, was drin ist. Ich liebe solche Gerichte …
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Flashback:











Nur mal so … (Teil 137) - Wimbledon-Platte

6 Kommentare:

  1. Ganz formidabel "die Nudel vergoldet..."
    ( Eddie Murphy, gell.)
    Aber die Nummer mit dem Hausdrachen bringen gerade echt nur so relative Küstenanrainer mit ner frischen Brise
    um die Nase.
    In der Gluthitze Karlsruhes käme auch der allerwildeste GrillwurschtManiac im Leben nicht auf die Idee, seinen
    Flammenwerfer zu starten. Der legt halt einfach sein Steak aufs Terassen Edelstahlgeländer;
    dauert ja nur minimal länger....

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    1. Frische Brise? You wish. Ich wohne im Weserbergland in einem Tal - das hat mit Küste nicht wirklich viel zu tun und die meisten Winde gehen irgendwie an uns vorbei. Hier steht die Luft. Ich sehe immer die dunklen Wolken über den Nachbardörfern und Hameln, aber wir bekommen hier immer kaum etwas ab. Aber egal, ich mache auch bei 40 °C Feuer.

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  2. Oha, jadaschauher: du bist ja wohl wirklich ein strammer Max äh. -Lars......
    Aber beim beinharten Saharagrillen kannst du ja immerhin zwischendurch mal nen erfrischenden Tauchgang
    in den heimischen Gewässern einlegen. Das ist gut, bevor man endgültig verdampft.

    Ich denke gerade mit unfassbaren Grausen daran, dass ich vor exakt einem Jahr noch BK- Oberstufenunterricht
    mit 27 Leutchen bis zur 11. (= bis 17.15°° ) Stunde gehabt hätte. Hier beginnen die Ferien erst Ende nächster Woche...
    Auf einige Worte unter den Beinharten:
    Vor ca 7 Jahren habe ich mir den - unwidersprochenen - Titel " Chuck Norris der Oberstufe" coram publico
    selber verliehen. Grund: es hatte sich so eingebürgert, dass ich regelmäßig rund 70% der Schülerschaft in
    der Oberstufe im Unterricht hatte. Ist ne große 1000+ Schule. Kannste mal nachrechnen , was das bedeutet.
    In meinen Fall entweder nen LK und 4 Grundkurse, oder halt 6 GKs. Ist schon an sich höchst ehrenhaft.
    Aber hinzu kommt, dass sich an den hiesigen Schulen die Unsitte durchgesetzt hat, BK in der Oberstufe zugunsten so marginaler Fächer wie Mathe konsequent in die Nachmittagsstunden zu legen. Ist echt kein Zuckerschlecken.
    Aber unsereiner weiß ja: was nicht tötet, härtet ab.




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    1. Exactement, my friend. Well said.

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    2. Moin, heute mal geschwind nen Link:
      https://www.spiegel.de/start/guenstiges-rezept-biang-biang-noodles-mit-knalleffekt-fuer-weniger-als-1-euro-a-4e5a1ed6-4e60-4cb7-a135-282b0717d24f

      Vorhin auf der SpiegelWebsite entdeckt.
      Da macht einer die Kolumne "Kochen ohne Knete"; ein sehr löblicher Beitrag zur kulinarischen Bildung
      bettelarmer Studenten. Manchmal echt pfiffig.
      Diesmal gabs BiangBiangNoodles - noch nie vorher gehört, scheint gerade so ein Hype zu sein.
      Die Zubereitungsmethode der selber gemachten Nudeln gefällt mir jedenfalls gut. Guter Stunt.
      Und ich dachte, vielleicht ( klaro >>hööchst unwahrscheinlich....) kennst du das ja auch noch nicht?
      Im Artikel ist auch weiter unten ein Video, der das zeigt; respekt, echt.
      Könnte dir auch gefallen, wenn du ja schon gebloggt hast, wie man in China amtlich Hühnchenfleisch
      weichprügelt und auch schonmal so Gurken verdroschen hast...

      Ich habs noch nicht nachgemacht, hebe mir das auf für kommende kalte Winterabende, an denen wir alle
      Bewegung brauchen werden, um nicht am Küchentisch festzufrieren.

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    3. Also wenn hier keiner richtig mitliest und meine Rezepte kennt, muss ich wohl doch noch mal einen Test schreiben lassen.

      Dan Dan Noodles: https://wesfood.blogspot.com/2018/08/dan-dan-mian-dan-dan-nudeln.html

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