Samstag, 27. März 2021

Yibin Ran Mian - "brennende Nudeln" aus Yibin

Heute darf ich euch einmal mehr in meine chinesische Lieblingsprovinz Sichuan entführen. Obwohl diese Gegend auch die Reiskammer des Landes genannt wird, isst man auch hier unheimlich gerne Nudeln. Entlang des Jangtsekiang, dem längsten Fluss Asiens und dem drittgrößtem Strom der Welt, hat man sie gerne "trocken", das heißt nicht in Suppen. So ist auch der Name des heutigen Gerichts zu verstehen. Yibīn (宜宾) ist der Name einer Stadt. 燃 (rán - brennend) bezieht sich nicht unbedingt auf Schärfe, obwohl dieses Gericht pikant ist, sondern eher darauf dass die Nudeln (miàn - 面) eben nicht schwimmen und sogar mit einem Feuerzeug angezündet werden können. Vermutlich hängt diese Essgewohnheit mit dem Fluss ab, der das Leben der Menschen bestimmt. Wer auf schwankenden Schiffen arbeitet oder sogar lebt, wird schon wissen, warum es ungünstig ist, dort Suppen zu essen. 
 

Kümmern wir uns zunächst um die Nudeln. Die müssen alkalisch sein, also brauchen wir eine besondere Zutat: Waschsoda oder Natriumcarbonat (Na2CO3). Das hat mit 11,5 einen ph-Wert, der wesentlich höher ist, als Natriumhydrogencarbonat oder Backsoda (NaHCO3) mit "nur" 8. Man darf sich durch den Namen nicht täuschen lassen, Waschsoda ist auch für Lebensmittel nutzbar, wenn es dafür ausgewiesen ist. Man kann es aber auch selbst herstellen, indem man normales Backsoda/Natron auf einem Backblech verteilt und bei knapp über 80° C für eine Stunde im Ofen lässt. Dadurch verdampft das Wasser in der Verbindung und das stärkere Waschsoda entsteht. Was bewirkt das nun bei der Pasta? Sie wird von der Textur leicht zäher, federt beim Reinbeißen und bleibt al-dentiger. Die berühmten handpulled noodles sind übrigens auch alkalisch. 


Wir wollen drei gute Portionen herstellen, also lösen wir jetzt einen halben Teelöffel Waschsoda in 125 Gramm Wasser auf.


Das vermischen wir nun mit 300 Gramm Mehl. Dieses sollte proteinreich (über 12%) sein. Ich nehme also mein gutes Pizzamehl. Das ganze wird nun acht Minuten gut verknetet. Traditionell mit der Hand, der Knethaken meiner Küchenmaschine leistet hier aber auch gute Arbeit und meine Handgelenke danken es mir.


Nach acht Minuten auf Stufe 2 ist da noch immer sehr bröselig. Kein Wunder, wir arbeiten hier mit sehr wenig Hydration (42 %).


Also kneten wir noch mal kurz mit der Hand nach, bis ich ein einigermaßen zusammenhaltender Teig ergibt. Der darf dann abgedeckt dreißig Minuten ruhen.


Das Rezept stammt übrigens einmal mehr vom grandiosen YouTube-Channel Chinese Cooking Demystified. Soll ja auch nicht unerwähnt bleiben.

Die übrigen Zutaten:
  • 3 EL Erdnüsse
  • 3 EL Sesamsaat
  • Yibin Chili-Öl
  • 3 EL Ya-Cai
  • 3 EL helle chinesische Sojasauce
  • 3 TL Sesamöl 
  • 3 Frühlingszwiebeln

Ya-Cai ist wieder so eine spezielle Zutat, die man schlecht ersetzen kann und hier meist auch nur zu Wucherpreisen erhältlich ist. Dieses fermentierte Senfgrün ist aber so typisch Sichuan, dass das Gericht ohne kaum Sinn ergibt. Dabei kann ich den Geschmack gar nicht wirklich beschreiben. Säuerlich, leichte Anflüge von grünem Tee, eine, so finde ich, fast anis-salmiakartige Geschmacksnote. Einfach so probiert irgendwie seltsam, wenn auch nicht unangenehm. Das ist eine dieser Dinge, die wohl erst im Zusammenspiel mit anderen Aromen ihr Potential ausspielen können. 


Ich habe ungesalzene, aber bereits geröstet Erdnüsse genommen, also kann ich die gleich grob zerstoßen. 


Den Sesam toaste ich trocken an ...


... und mörsere ihn auch leicht.


Der Ya-Cai wird gut zwei Minuten getoastet, bis er trocken wird und leicht am Boden der Pfann kleben bleibt.


Nudeln leicht in Form rollen ...


.. und portionsweise durch die Pastamaschine bis Stufe 7 geben oder mit der Hand einen Millimeter dünn ausrollen.


Bemehlen, überklappen und in Streifen scheniden.Diese hier sind wie Tagliatelle. Dünner wäre besser gewesen, ist aber nicht so schlimm. Wer sich diesen ganzen Vorgang sparenb will, nimmt japanische Ramen - die sind auch alkalisch.


Nudeln kochen, bis sie aufschwimmen. Im Gegensatz zu italienischer Pasta, schrecken wir kalt ab und geben dann noch mal heißes Wasser darüber.


Nudeln in Portionsschalen geben und mit einem Esslöffel Sojasauce, einem Teelöffel Sesamöl, gehackten Frühlingszwiebeln, Erdnuss-/Sesambruch, Chiliöl und Ya Cai zusammenfügen. In Sichuan würde man nun noch ein wenig "natürliche Algenkristalle" (Glutamat) oder etwas gekörnte Hühnerbrühe dazugeben. Das braucht es aber nicht. 


Sofort vermischen und genießen. Ich liebe solche Sachen. Schade, dass man sowas vermutlich kaum in Chinarestaurants bekommt. Da verpasst die Welt etwas. Ach ja, wenn man das Chiliöl ohne Schmalz macht, ist das hier nicht nur vegetarisch, sondern sogar vegan.
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Flashback:










Heute vor vier JahrenRotzunge "en papillote"

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