Die Region Punjab ist gespalten. Der westliche Teil gehört zu Pakistan und wird dementsprechend von Muslimen bewohnt, der östliche Bereich bildet den gleichnamigen indischen Bundesstaat. Dort leben vorwiegend die Sikhs. Das ist eine Volksgruppe, die weder dem Islam noch den Lehren des Hinduismus folgt, sondern eine eigene, monotheistische Religion mit einem geschlechtslosen Gottwesen. Für diese recht friedliche Gruppe sind Gemeinschaft und Gleichheit untereinander wichtig, mit dem indischen Kastensystem können sie in der Regel nicht viel anfangen, auch wenn sie sich ihm nicht völlig entziehen können.Die Gotteshäuser der Sikhs nennt man Gurdwaras. Ihnen direkt angeschlossen sind die Langar, große Küchen mit Speiseplätzen, in denen man gemeinsam Mahlzeiten, die meist über freiwillige Spenden finanziert werden, zu sich nimmt. Langars sind also auch ein Zeichen für das Gemeinsamkeitsgefühl der Sikhs.
Das Essen in diesen Langars ist meist recht simpel und vegetarisch, auch das ein Zeichen von Gleichheit und hat seinen Ursprung im Prinzip des Vand Shakko zu deutsch: mit den Bedürftigen teilen. Aber einfach muss nicht bedeuten, dass die Zubereitung nicht auch doch komplex sein kann. Unsere heutiges Rezept für Langar Wali Dal "Langar Linsen" ist so ein Beispiel, für ein bescheiden daher kommendes Mahl, dass jedoch einiger Schritte bedarf und Zeit in Anspruch nimmt. Für alle, die es interessiert und auch in ästhetischer Hinsicht Freude an der Betrachtung schöner Schriftzeichen haben, auf Panjabi, der Sprache der Punjab-Region heißt das Gericht ਲੰਗਰ ਵਾਲੀ ਦਾਲ (Hindi: लंगर वाली दाल ). Ich habe das Gericht in drei Abschnitte aufgeteilt: 1. Einweichphase, 2. Erste Kochphase und 3. Zweite Kochphase.
Für die Einweichphase brauchen wir:
- Zwei Kaffeebecher schwarze Linsen (Urad Dal)
- 1 Kaffeebecher geschälte und halbierte Kichererbsen (Chana Dal)
Die Hülsenfrüchte werden über Nacht getrennt in Wasser eingeweicht. Ich wechsele zwischendurch mal die Flüssigkeit, damit das ausgeschwemmte in rohen Hülsenfrüchten vorhandene Toxin Phasin abgeschüttet wird.
Und nein, man kann hier keine Linsen und Co aus der Dose nehmen. Hier muss es auf jeden Fall getrocknete Ware sein.
Für die erste Kochphase brauchen wir dann am nächsten Tag:
- 1 EL nicht zu scharfes Chilipulver (z.B. Kashmiri Mirch oder Degghi Mirch)
- 1 EL Kurkumapulver (Gelbwurz)
- 2 Lorbeerblätter
- 2 schwarze Kardamomkapseln
- 1 kleines Stück Zimtrinde
- grüne Chilischoten nach Belieben
- 2 - 3 Knoblauchzehen
- 3 cm Ingwer
- 2 TL Butterschnmalz oder Ghee
- 1/2 EL Salz
Knoblauch und Ingwer schälen fein reiben oder pürieren. Chilischote(n) würfeln, auf Wunsch vorher entkernen und die weißen Trennhäute (das sitzt nämlich die eigentlich Schärfe drin) entfernen.
Unter Umständen bekommt man die genannten "nicht zu scharfen Chilipulver" in großen Asiamärkten. Wichtig ist nur, das man nichts verwendet wo hot oder gar extra hot draufsteht. Zur Not kann man das natürlich auch nehmen (oder Cayenne, beziehungsweise Paprika rosenscharf), dann sollte man es aber vielleicht mit etwas edelsüßem Pulver strecken. Auch gute Alternativen sind koreanisches Gochugaru oder türkisches Pul Biber (Aleppo-Pfeffer).
Für schwarzen Kardamom (Badi Elaichi) wird man wohl in den Asiamarkt fahren müssen. Man könnte theoretisch auch den grünen (Chhoti Elaichi oder nur Elaichi) oder das daraus gemachte Pulver nehmen, aber das schmeckt dann mentholiger und nicht so erdig wie der größere dunklere.
Für schwarzen Kardamom (Badi Elaichi) wird man wohl in den Asiamarkt fahren müssen. Man könnte theoretisch auch den grünen (Chhoti Elaichi oder nur Elaichi) oder das daraus gemachte Pulver nehmen, aber das schmeckt dann mentholiger und nicht so erdig wie der größere dunklere.
Linsen und Kichererbsen abgießen, abtropfen lassen und in einen entsprechend großen Topf geben. Soviel Wasser angießen, dass es etwa drei Zentimeter über den Hülsenfrüchten steht.
Salz, Gewürze, Chili, Ghee, Knoblauch und Ingwer. Deckel auflegen und zwei Stunden köcheln lassen. Hin und wieder mal umrühren, damit nichts anbrennt. Wenn benötigt, etwas heißes Wasser dazugeben. Im Schnellkochtopf - in den meisten Videos, die ich gesehen habe, kochen Inder wohl zu Hause oft mit diesem Gerät - geht das natürlich schneller. Wichtig ist nur, das am Ende dieser Phase die Hülsenfrüchte weich und der Eintopf beginnt, schlotzig zu werden.
Zweite Kochphase. Hier brauchen wir:
- 2 mittelgroße Zwiebeln
- 4 Tomaten
- 1 Esslöffel Kreuzkümmelsaat
- 1/2 EL Knoblauch (fein gerieben oder püriert)
- 1/2 Esslöffel Ingwer (fein gerieben oder püriert)
- 1 EL gemahlene Koriandersaat
- 1 EL nicht zu scharfes Chilipulver (z.B. Kashmiri Mirch oder Degghi Mirch) - nicht im Bild
- 1 EL Garam Masala
- 3 EL Butterschmalz oder Ghee
Garam Masala ist eine typisch indische Gewürzmischung, die meist am Ende des Kochprozesses hinzugefügt wird. Kann man im Asialaden oder in gut sortierten Supermärkten kaufen (schmeckt da meist aber eher weniger Original). Wenn man die Gewürze alle hat, kann man aber auch meinem Link folgen und da selbst machen.
Butterschmalz im Topf erhitzen. ich weiß, drei Esslöffel klingt nach viel, aber das hier ist ein vegetarisches Gericht mit ansonsten fettarmen Zutaten, also ist das alles halb so schlimm. Man kann natürlich weniger nehmen, es schmeckt dann aber am Ende weniger vollmundig. Während mein Butterschmalz also durch endotherme Reaktionen den Aggregatzustand wechselt, können wir schon mal die Kreuzkümmelsaat hinzufügen und moderater Hitze anrösten.
Nun dürfen die Zwiebeln in den Topf. Die müssen nun ganz langsam hellgold - nicht braun - angeschwitzt werden.- Da braucht man Geduld, das kann schon ein paar Minütchen dauern. immer wieder Rühren, damit nichts anbrennt.
Das Gleiche gilt für die Tomaten. Wir lassen sie low and slow praktisch in die Zwiebeln hineinschmelzen. Dabei könne wir auch schon mal die Gewürze, Knoblauch und Ingwer hinzufügen.
Jetzt müssen wir nur noch beide Komponenten miteinander verrühren, mit Garam Masala einstreuen und - ganz wichtig - noch mal abschmecken. Es wird bestimmt Salz fehlen. Aber Nachwürzen ist immer einfacher als Wegwürzen.
Nach Wunsch mit gehacktem Koriandergrün garnieren und mit indischem Brot - Roti wäre hier klassisch, aber für ein Naan wird man sicher auch nicht gleich verhaftet - aber Reis geht natürlich immer. Bei den Mengen habe ich mich natürlich mal wieder verschätzt. Ich könnte jetzt mein eigenes Langar aufmachen und halb Punjab speisen, aber ich habe ja drei Tiefkühltruhen - "Rate mal, was es Weihnachten, Neujahr und Ostern geben wird, Schatz!" Wäre aber auch nicht schlimm, denn das war erstaunlich lecker. Das es schon beim Kochen fantastisch geduftet hat, muss ich wohl nicht erst extra erwähnen.
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Flashback:Heute vor einem Jahr: Chop Suey mit Rind und Gemüse (und ein kleiner Tipp für das Wokbraten)
















Dal ist auch immer noch eine Gericht, dass ich auf meiner erweiterten ToDo-Liste habe, also mit Sachen, mit denen ich mich irgendwann mal beschäftigen möchte. Spätestens seit der hervorragenden mehrteiligen Dokumentationen Rick Stein's über Curry und über das Essen in Asien, wo Dal "am Rande" immer mal wieder vorkam. Zugegeben, dein Dal sieht nicht so aus wie das, was ich da gesehen habe, aber das ist eher als Kompliment gemeint. Und ich kann mir gut vorstellen, dass man aus deinem Dal eins machen kann, wie ich es in den Dokus gesehen habe. Es braucht wohl nur einen kurzen Einsatz eines guten Pürierstabs. Wobei im Original eher Mörser oder nach ähnlichem Prinzip arbeitende Steinrolle-Platte-Kombinationen genutzt wurden. Oder einfach nur - in Anlehnung an unsere Kartoffel - mehligkochende Linsen. Falls es sowas gibt. Dein Rezept habe ich mir mal unter die Favoriten gelegt, wenigstens weiß ich jetzt, was da so alles in welchem Verhältnis rein kommt ... ;-)
AntwortenLöschenWenn du keine Kompanie zu verpflegen hast, mach bloß weniger. Aber wie es so mit diesen Gerichten ist, es gibt keine genormten Rezepte. Das wird an jeder Ecke anders schmecken. Ich mag natürlich definierte Klassiker und bin ja auch kein Freund davon, mit denen herumzuspielen ("Mach es so, wie es sein soll oder nenne es anders!"), aber hier geht es viel ums Improvisieren, Abschmecken, Nachjustieren und so weiter. Da hilft es natürlich, wenn man ein wenig weiß, wie so eine Küche funktioniert und in welche Richtung es gehen soll. Erfahrung spielt auch eine große Rolle, aber ansonsten heißt es: Einfach machen und der Intuition folgen.
LöschenDal heißt ja erst einmal auch nur "Linse" und da gibt es sicher abertausende verschiedene Gerichte. Ich weiß auch gar nicht mehr, wie ich nun gerade auf dieses Dal gestoßen bin, aber scheinbar hat es mich so nachhaltig fasziniert, dass ich es irgendwann einmal auf meine ToDo-Liste gesetzt habe. Erstaunlicherweise hat es der Gattin geschmeckt, obwohl sie sonst Kichererbsen komischerweise gar nicht so mag. Die Sous-Chefin (jetzt auch schon 20 Jahre jung) hat schon beim Kochen gesagt, dass das großartig riecht. Sie mag indisches Essen sehr und meinte dann später, dass das vielleicht das beste indische Gericht war, dass ich je gekocht habe. So weit würde ich jetzt nicht gehen, aber ich freue mich schon darauf, irgendwann einmal die üppigen Reste essen zu können.