Mittwoch, 18. November 2020

Spaghetti all'Assassina - Meuchelmörderinnen-Pasta


Immer wenn man denkt, man hat in Sachen Tomatensauce so ziemlich alles gesehen, taucht aus irgendeiner Ecke doch wieder so ein Klassiker auf, den man bisher nicht auf dem Schirm hatte. Die pomodori al forno sind ein gutes Beispiel dafür. Zufälligerweise kommen die aus Apulien (Puglia), dem Absatz des italienischen Stiefels, genau wie unsere heutige Spezialität. Der Name des Gerichts - Spaghetti nach Art der Mörderin - klingt ja schon deutlich klischeehaft und sofort hat man diese Melodie aus The Godfather im Ohr. Interessanterweise hat das alles aber nichts mit kriminellen Machenschaften zu tun, sondern mit einem Restaurant in Bari.


Die Geschichte ist schnell erzählt. 1967 übernahm der eigentlich aus der "Nachbarstadt" Foggia stammende Enzo Francaville das Restaurant Al Sorso Preferito in Bari. Dort kreierte er eines Abends zwei Gästen aus Norditalien, denen es nach einem neuen Gericht gelüstete, diese Pasta. Die beiden Herren waren so begeistert, das sie Enzo ihre Hochachtung zollten: "Sei un'assassasino ... ma di gran gusto!", was so viel heißt wie "Sie sind ein Killer - aber mit gutem Geschmack". Der Name blieb hängen, allerdings in der weiblichen Form, vielleicht in Anlehnung an die von den Zutaten her ziemlich gleichen Penne all'arrabbiata.


Für zwei gute Portionen oder drei bis vier als primo piatto im Rahmen eines mehrgängigen Menüs:
  • 1 - 2 Knoblauchzehen
  • 1 roten Peperoncino
  • 150 ml passierte Tomaten
  • 3 EL Tomatenmark
  • 200 g Spaghetti (ungekocht)
  • Salz
  • Pfeffer
  • Olivenöl
Wie man sieht ist das, wenn man zum Servieren auf geraspelten Käse verzichtet, sogar komplett vegan.


Ich nehme einen frischen Peperoncino, getrocknet geht aber auch, je nachdem, was da ist.


Das Tomatenmark lösen wir in zwei Liter Wasser auf und bringen es zum Kochen. Leicht salzen und warmhalten.


Knoblauch abziehen, mit dem Peperocino klein hacken. Ich empfehle vorher ein kleines Stück der scharfen Schote zu probieren. So lässt sich die Schärfe gut einschätzen und kann die sowohl Menge anpassen, als auch durch Entfernen der Kerne und weißen Trennwände den Schärfegrad. 

In Olivenöl anbraten.


Beginnt es zu duften, gießen wir die passierten Tomaten an.


Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass dieses Gericht am besten in einer Eisenpfanne funktioniert. Ich habe hierfür mein schweres gusseisernes Bratgerät aus der hintersten Ecke gekramt. Leider ist die Pfanne etwas zu klein, so dass ich die Spaghetti nicht gleich glatt hineinbekommen habe. 


Macht aber nichts. Es dauert nicht lang und die Nudeln sind weich genug, ...


... um in die Pfanne "gebogen" zu werden. So braten wir das nun, bis die Flüssigkeit weg ist und die Nudeln leicht anrösten. Dunkle Stellen an der Pasta stören nicht, sondern sind sogar ausdrücklich erwünscht.


Dan rühren wir die Nudeln einmal vorsichtig durch und gießen ein bis zwei Kellen unseres Tomatenwassers dazu. Diese Art der Zubereitung nennt sich pasta risotatta und erinnert nicht nur dadurch an Risotto. 


Sind die ersten beiden Kellen Tomatenwasser verkocht, geben wir die nächsten dazu und so fort, bis die Nudeln al dente sind. Mit Salz, Pfeffer und - wenn als nötig erachtet - einer Prise Zucker abgeschmeckt - fertig ist das Mahl.


Wo gehobelt wird, da fallen natürlich auch Späne.  


Da die Pasta direkt in der Sauce gekocht wurde, hat sie sich vollgesogen und ist durch und durch voller Geschmack, außen aber mit einer cremig-tomatigen Schicht überzogen. Durch die wenigen Zutaten ist der Geschmack so pur und unverfälscht, man möchte weinen. Dazu noch diese leichte Schärfe...  Es ist der Wahnsinn, was man mit so wenigen Zutaten machen kann. Oh, und seit 2013 gibt es auch eine Accademia d'Assassina. Da lernt man zum Glück aber nicht Köchen, die das mittlerweile zum kulinarischen Aushängeschilds der Stadt Bari gewordene Pastagericht verhunzen, hinterrücks zu meucheln. Im Gegenteil, man versucht die Tradition des zwischenzeitlich fast vergessenen Klassikers aufrecht zu halten. Ich hoffe, man ist meinem Versuch hier gewogen.
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Flashback:










Heute vor drei Jahren Minestrone alla Napoletana

14 Kommentare:

  1. meinem kommentar "voll eklich" möchte ich das folgende hinzufügen. es macht mehr arbeit, braucht mehr zeit, verschlingt wahnsinnig viel energie und schmeckt am ende wie ganz normale aufgewärmte tomatennudeln. also ehrlich!

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    1. Das Ziel dieses Blogs ist es nicht, energie- und zeitsparende Gerichte zu präsentieren. Wer das möchte, soll sich ein Butterbrot machen. Hier geht es vielmehr darum, Gerichte aus aller Welt zu kochen und zu präsentieren und dies hier ist nun mal ein Klassiker aus der italienischen Region Puglia (Apulien). Daran kann ich auch nichts ändern. Ich habe mir das ja nicht einfach ausgedacht.

      Kritik - auch negative - ist hier gerne willkommen und ich zensiere da auch nichts (außer Werbung). Nur muss die Kritik auch logisch nachvollziehbar sein. Warum Nudeln und Sauce in einem Topf zu kochen mehr Energie und Zeit verschwendet, als in derselben Zeit die beiden Dinge separat auf zwei Platten zuzubereiten (was ja doppelte Energie bedeutet), mag in ihrem Universum logisch erscheinen, in meinem jedoch nicht. Vielleicht solltest du dieses Argument noch mal überdenken.

      Ich bin außerdem generell kein Freund davon, Essen eklig (!) zu nennen, aber da ist scheinbar jeder anderes erzogen. Also ehrlich!

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    2. Sehr schön - ich finde das Rezept spannend und werde es jedenfalls auch probieren🍀

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    3. Dann viel Spaß dabei und lass es dir schmecken.

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    4. also wenn's wie normale Tomatennudeln schmeckt, hast Du wahrscheinlich was nicht ganz richtig gemacht

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    5. Wer sagt denn, dass es wie normale Tomatennudeln schmeckt? Im Gegenteil, das hier ist viel aromatischer, da sich die Pasta mit Tomatensauce und nicht mit Wasser vollgesogen hat. Aber wenn du das besser beurteilen kannst, als die Leute in Bari, dann erübrigt sich jede weitere Diskussion. Vielleicht solltest du dich da beschweren, denn die haben sich das ausgedacht. Ich bin nur der Überbringer der Botschaft.

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  2. Zuerst war ich skeptisch.
    Mein Enkel hat einfach begonnen zu kochen und in einer halben Stunde stand das Essen auf dem Tisch.
    Einfach wunderbar und macht er
    -hoffentlich - bald wieder.

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    1. Schön, wenn jetzt auch Jungs immer mehr das Kochen für sich entdecken.

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    2. Mein Sohn (14, schon lange leidenschaftlicher Koch) hat sich das eben zubereitet und war total begeistert. Ich hoffe, dass noch etwas übrig geblieben ist und ich es gleich auch noch probieren darf.

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    3. Dann lass es dir mal schmecken. Ansonsten bestelle einfach eine weirere Portion beim jungen Meister. Meine Hochachtung an den Nachwuchs.

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  3. Das ist ja lustig, gestern hat meine Italienisch-Lehrerin mir aufgegeben, in den Ferien das Rezept für Spaghetti all´assassina ins Italienische zu übersetzen. Und da finde ich Deine perfekte Beschreibung. Danke. Außerdem weiß ich jetzt, was es heute zum Abendessen bei uns gibt. Ein gutes Originalrezept. Vielen Dank dafür. Übrigens ist der Unterschied zwischen gebratenen und gekochten Spaghetti ungefähr derselbe, wie zwischen klebrig-klumpigem Reis und Risotto.
    Felicitas

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    1. Dankeschön. Es freut mich, wenn ich helfen kann. Viel Erfolg bei deiner Übersetzungsaufgabe.

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