Sonntag, 3. Februar 2019

'O rraù - Ragù napoletana


Ich bin heute noch mal nach Neapel zurückgekehrt, zumindest in meiner Küche. Dort habe ich mich an einem weiteren Klassiker versucht, dem Ragù napoletana oder, wie es im dortigen Dialekt heißt: 'O rraù. Dieses deftige Schmorgericht ist den Bewohnern der Stadt am Vesuv mindestens genauso wichtig, wie das Ragù alla bolognese den Menschen aus Bologna. Es ist jedoch viel reichhaltiger, kräftiger und vor allem tomatiger, als sein norditalienischer Bruder. Beiden gemeinsam ist aber, dass es sich definitiv nicht um Fastfood handelt. Wer nur eine Stunde Zeit hat, bis die Gäste hungrig am Tisch sitzen, sollte lieber Plan B bereit haben. Drei Stunden Schmorzeit sind hier Minimum, mehr schadet auch nicht. Apropos "mehr": auch hier empfiehlt es sich, größere Mengen zu kochen und Reste einzufrieren (das wäre dann ein "Plan B" für die Zukunft). Nur eine Portion zu kochen lohnt sich eigentlich nicht, zumal ich mir einbilde, dass mehr Topfinhalt auch immer mehr Geschmack bedeutet. 


Dass dieses Ragù deftig ist, habe ich ja schon erwähnt. Diätküche geht auf jeden Fall anders. Aber es ist auch eines dieser Gerichte, bei denen man während des Essens Glückshormone ausstößt. Der italienische Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller und Dichter Eduardo de Filippo hat dem Ragù seiner Heimatstadt sogar ein Lied gewidmet, indem er das Glück in einer Ehe vermutlich augenzwinkernd vom Geschmack des 'O rraù abhängig macht. Soweit wollen wir nicht gehen, aber dass es sich hier um pures soul food handelt, bleibt sich unbenommen. In den USA ist es übrigens auch sehr beliebt und wird nicht nur von Italo-Amerikanern gerne gekocht. Dann aber meist mit Fleischklößen. Somit dürfte der neapolitanische Klassiker auch Vorbild für meatballs spaghetti sein.


Die Wahl des Fleisches ist beliebig, es sollten aber nicht zu magere Stücke sein. Man muss auch keine teuren Zuschnitte nehmen. Gewöhnlich nimmt man Rind (oder Kalb) und Schwein. Ich habe auch Versionen mit Salsicce gesehen. Ich nehme hier:
  • Bauchrippe vom Schwein
  • Rouladenfleisch vom Rind aus der Oberschale
  • Rinderbrust
Ich habe jetzt nicht gewogen, aber es dürfte zusammen ein gutes Kilo sein, wenn nicht mehr.

Dann brauche ich noch:
  • 1 Zwiebel
  • Petersilie
  • Knoblauch
  • Parmesan
  • 1 Glas Rotwein
  • 2 - 3 Dosen Tomaten
  • Salz
  • Pfeffer
  • Olivenöl
  • Schweineschmalz
  • frisches Basilikum (nach Wunsch)
Man kann auch passierte Tomaten nehmen oder Tomatenmark in Wasser auflösen. Ich brauche in etwa einen guten Liter Tomaten.


Das Rouladenfleisch habe ich noch mal halbiert. Dann werden die Stücke mit Knoblauch, Petersilie und Parmesan belegt, aufgerollt und gebunden, beziehungsweise mit Klammern oder Zahnstochern in Form gehalten.


Zwiebeln pellen und hacken, dann in Olivenöl und Butterschmalz anschwitzen.


Das Rindfleisch in vier bis fünf Zentimeter große Stücke würfeln und mit den Rouladen - oder involtini - schön von allen Seiten anbraten. Die Rippen kann man auch anrösten, muss man aber nicht. 


Mit Rotwein ablöschen und diesen dann reduzieren lassen.


Rippen dazugeben und soviel Tomaten angießen, dass alles bedeckt ist. Salzen und pfeffern, dann aufkochen lassen. 


Den Deckel etwas schräg auflegen, damit das Ragù in den nächsten drei Stunden auf kleinster Flamme schön langsam einkochen kann. Zwischendurch mal rühren, damit nichts anbrennt.



Nach zwei Stunden sieht es dann so aus. Oben bilden sich ein öliger Film, so soll es sein. Eigentlich kann man jetzt noch etwas frisches Basilikum dazugeben. Das hatte ich aber nicht mehr, also ist eine kleine Prise Oregano in den Topf gewandert. Man möge es mir nachsehen.


Nach gut drei Stunden. Die Sauce ist schön eingedickt.


Rouladen von den Fäden befreien und Rippenstücken zwischenlagern. Davon fasern wir uns später noch was ins Ragù oder essen es als secondo einfach so zu Brot.



Hier kann man gut sehen, wie zart das Fleisch geschmort ist, ohne dabei trocken geworden zu sein.



Il matrimonio in padella: die Vermählung in der Pfanne. Hierzu Pasta - am besten al dente gekochte Rigatoni oder Tortiglioni - mit etwas Ragù und Parmesan in der Pfanne schwenken. Nach Wunsch noch etwas Rippenfleisch zerpflücken und dazugeben. Da man in Italien nicht so gerne Fleischberge auf Pasta hat, würde ich aber das Schweinefleisch, sowie die Rouladen als zweiten Hauptgang separat reichen.


Mit mehr Parmesan und/oder Pecorino servieren. Nicht zu viel auf den Teller geben, das ist schon eine mächtige Angelegenheit. 


Der Nachtisch kommt heute von der Sous-Chefin. Die hat mal wieder gebacken und zwar einen schmackhaften Schokokuchen mit selbstgemachtem Mürbeteig. Sehr lecker.
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Flashback:


Heute vor zwei Jahren: Salz-Toffee Popcorn

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